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West End / West End – CD-Review

West End - "West End" - CD-Review

Die Geschichte der Band West End geht bereits vierzig Jahre zurück, selbst wenn es eine große lange Pause gab. Denn um 1980 rekrutierte der heutige Produzent Kirk Beasley von ihm erlesene Musiker aus, um eine Handvoll von ihm geschriebener bzw. co-komponierter Songs aufzunehmen. Was sich zunächst als eine sehr kurzfristige Geschichte herausstellte, war aber zumindest der Grundstein für die Freunschaft zwischen Beasley und dem Keyboarder Bobby Ogdin, die die Jahrzehnte überdauerte. Noch heute arbeiten die beiden zusammen als Produzent bzw. musikalischer Direktor bei dem teilweise von ihnen mitgegründeten Label Spare Time Records. 2018 war dann plötzlich der Wunsch da, es mal wieder krachen zu lassen und was lange währt, wird endlich gut: Das gleichnamige Debütalbum von West End liegt nun vor.

Einige dieser zehn Tracks sollen aus den damaligen Sessions stammen, wurden jedoch frisch aufgenommen, um auch den heutigen Sound-Standards Genüge zu tun. Und was die fünf Musiker hier abziehen, ist eine coole Mischung aus Americana, Roots Rock und ein bisschen Westcoast. Die Amerikaner fahren keinen Weichspül-Kurs, selbst wenn die eröffnende Nummer "West End" mit mehrstimmigem Gesang, dafür aber schön fetzigen Gitarren in Richtung California schielt. Speziell die beiden Gitarristen Tom Shinny und Bruce Dees scheinen Adjektive wie ’seicht' oder 'langweilig' erst gar nicht in ihrem Wortschatz zu haben und bereichern die manchmal tatsächlich etwas veraltert klingenden Stücke ("Dodge City") doch ungemein. Aber auch das dritte neue Bandmitglied, nämlich Jason Duffy am Schlagzeug, versteht es mächtig Alarm zu machen, wenn der jeweilige Song es verlangt.

Richtig klasse kommt beispielsweise das ansatzweise melancholische "Western Avenue", dem die Gitarren aber immer dann in den Allerwertesten zu kicken scheinen, wenn der Titel droht, ZU getragen zu werden. Ein weiteres gutes Exempel aus diesem Mix aus Alt (die Songs) und Neu (die neben Beasley und Ogdin deutlich jüngeren Mitmusiker) ist "Welcome To … Lil' L.A.", bei dem aber mal ganz kräftig Grateful Dead aus deren akustischen Alben ("Workingman’s Dead" sowie "American Beauty", beide 1970) um die Ecke schielen, bevor nach zweieinhalb Minuten plötzlich eine Rock-Gitarre das Ruder übernimmt. Der Track bleibt zwar im Fahrwasser, zieht aber dennoch eine gute Spur an. Mit "Thin Soup" wird dann endgültig der Rocker der Scheibe gezündet. Kirk Beasley wird auf dem Cover zwar als einziger Lead-Sänger genannt, aber da gibt es hinsichtlich der verschiedenen Songs schon große Unterschiede. Oder haben die Jungs hier tatsächlich teilweise alte Gesangs-Spuren verwendet?

Letztendlich haben West End mit ihrem Debüt ein blitzsauberes Album abgeliefert. Ganz sicher keins, das die Welt im Sturm erobern oder auf irgendwelchen Jahres-Charts die allerobersten Ränge belegen wird, aber wer auf die erwähnten Genres steht, der sollte hier unbedingt mal ein Ohr riskieren. Meine Favoriten sind die bereits weiter oben erwähnten Nummern, aber bei "West End" läuft man sowieso nicht Gefahr, einen Ausfall finden zu können. Nach diesem Erstwerk kann man jedenfalls hoffen, dass die Herren Beasley und Ogdin (mit hoffentlich der gleichen Begleit-Mannschaft) nach ihrem Hauptbrot-Erwerb mit Spare Time Records mal wieder Zeit und Lust auf ein weiteres Album verspüren.


Line-up West End:

Kirk Beasley (bass, acoustic guitars, programming, lead vocals)
Bobby Ogdin (keyboards)
Tom Shinny (guitars)
Bruce Dees (guitars, background vocals)
Jason Duffy (drums)

With:
Noel Alfred (background vocals)
Aimee Beasley (background vocals)
Griselda (background vocals)

Tracklist "West End":

  1. West End
  2. At The End Of The World
  3. Western Avenue
  4. Play It By Ear
  5. Art Of Living
  6. Welcome To … Lil' L.A.
  7. Thin Soup
  8. Dodge City
  9. Business As Usual
  10. Surreality

Gesamtspielzeit: 37:34, Erscheinungsjahr: 2020

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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