Wow, das haut voll rein in den tristen November. Der Monat, der für so viele für Melancholie und Wechsel steht. Die Farben der vergehenden Jahreszeit verblassen, es wird schmuddelig und das Weiß des Winterschnees ist noch fern. Wie auch das Bunte der Weihnachtsbeleuchtung. Hinzu kommt in diesen Tagen die Stille allenthalben. Keine offenen Clubs mit Livemusik, keine Kneipen, keine Restaurants und von den Freunden darf man auch immer nur einen treffen. Corona sucks!
In diese Stimmung schraubt sich langsam aber unaufhaltsam die Musik von White Rose Transmission mit düsteren, dunklen und meist molligen Tonarten. Enorm verstärkt wird der tonale Output der Band um Mastermind Carlo van Putten durch das aussagekräftige und nachdenklich machende Cover.
White Rose Transmission wurden vor 25 Jahren von Carlo van Putten und Adrian Borland gegründet, nachdem Carlo mit seiner Band The Convent bei Adrian anfragte, ob sie seinen Song "Winning" covern dürften. Sie durften, und mehr noch: Adrian und Carlo wurden dicke Freunde und Adrian spielte des Öfteren bei The Convent mit und sang sein Stück selbst. Borland ist auf den ersten der beiden White Rose Transmission-Alben vertreten, setzte dann aber 1999 seinem Leben ein Ende.
Daher ist es besonders zu begrüßen, dass "Winning" nun auf dem fünften Studioalbum der Band in einer starken, akustisch geprägten Version zu hören ist. Man ist hin und hergerissen, ob man nun das originale, eher ungestüme Pendant von Adrians alter Band The Sound, oder aber die White Rose Transmission-Version bevorzugt. Im Kontext von "Happiness At Last" kommt die fast zart zu nennende Spielart auf jeden Fall sehr emotional rüber.
Generell sind die Aufnahmen auf "Happiness At Last" sehr intim und fein gewebt. Hier stehen Stimmungen im Vordergrund und die Instrumentierung ist dazu angepasst. Feine, zerbrechlich wirkende Pianoklänge untermalen so mehrstimmige Vocals in "Featherweight". Allgegenwärtig ist das Spiel der akustischen Gitarre, die mit den Tasten die Szenerie bildet, in der sich die Texte ausbreiten. Lyrics, die Geschichten erzählen und denen man im Booklet folgen kann.
Wenn der Tenor auch auf Moll liegt, so haben viele Stücke auch immer wieder den Drang, das Trübe zu verlassen und aufzumuntern. Ein schönes Beispiel ist da "Fingertips". Man kann den Tracks auch nicht komplett die Schublade Dark Wave zuordnen. Da tauchen herrliche Indie-Ingredienzien auf, wie etwa bei "In June". Durch die austarierten Kompositionen lugt auch schon mal das Singer/Songwriter-Genre um die Ecke.
Die Mischung aus fast dystopisch zu nennendem Tiefgang und hoffnungsvollen Dur-Leitern ist schon beachtlich. Das momentane Line-up, das neben der Konstanten Carlo van Putten aus Robert Smeckes, Thomas Marcin und Kurt Schmidt besteht, ist mehr als eingespielt und weiß, wie man Akzente setzt. Sie wissen auch, wie und wo Kontraste gesetzt werden müssen. Ist der (instrumentale) Titeltrack ein musikalisches Pendant zur Aussage des Coverbildes, so kann man das Gitarrenspiel beim folgenden "Soul Ambulance" schon fast quirlig nennen.
"Happiness At Last" wirkt gerade jetzt wie der Soundtrack zur am Boden liegenden Kultur. Mitten im tristen November quasi eingesperrt, oder ausgesperrt; je nach Sichtweise. Aber wie der kühle, neblige November auch ab und an Sonnenstrahlen durchlässt, so kann man die Musik von White Rose Transmission trotz Moll-Übermacht auch positiv sehen. Die Lieder lehnen sich an die momentane Gemütslage an, begleiten einen und ziehen auch heraus aus der Tristesse. Bestes Beispiel das sechsminütige "False Light" mit dem eigentlich bedrückenden Text, der aber ab dem Refrain zum lauten Mitsingen animiert. Herrlich. Ein tolles Album.
Line-up White Rose Transmission:
Robert Smeckes
Thomas Marcin
Carlo van Putten
Kurt Schmidt
Tracklist "Happiness At Last":
- Dimmer (3:05)
- Machinery Of Grace (2:44)
- Featherweight (2:57)
- Fingertips (4:18)
- In June (3:20)
- Happy As The Day Is Long (5:51)
- Happiness At Last (1:03)
- Soul Ambulance (3:34)
- Epic – Rays Of Light (4:49)
- Winning (3:36)
- Happiness At Last [acoustic] (0:49)
- False Light (6:08)
Gesamtspielzeit: 42:46, Erscheinungsjahr: 2020
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