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Will Wilde / Bring It On Home – CD-Review

Will Wilde / Brin It On Home

'Am Anfang war der Blues' – könnte man in Ermangelung einer (Musik)Bibel sagen. Diese Musik, die stilprägend für viele große Bands, gerade in den 60er und 70er Jahren war und selbst heute nichts von ihrer Faszination verloren hat, ist Inspiration auch für Will Wilde. Der britische Sänger und Bluesharp-Spieler wird unter Kennern gern als 'Hendrix Of The Harmonica' bezeichnet und zählt mit seinen gerade mal 30 Lenzen schon jetzt zu den ganz Großen seines Fachs. Grund genug, ihn für die British Blues Awards (seit 2010 bereits fünf Mal in Folge) zum besten Harmonikaspieler zu nominieren.

Mittlerweile hat er drei Studioscheiben veröffentlicht: "Nothing But Trouble" (2007), Unleashed (2011) und "Raw Blue" (2013), auf denen er nicht nur mit seinem exzellenten Harmonikaspiel und einer außerordentlichen Blues- und Soulstimme glänzte. Er  konnte sich auch als beeindruckender Komponist in Szene setzen.

Wilde outete sich bereits als großer Fan von Muddy Waters, Sonny Boy Williamson und Buddy Guy sowie auch Sam Cooke, der für ihn als Sänger ein Idol ist. Doch er ist kein Blues-Musiker im eigentlichen Sinn. Bei seinen Konzerten fügt er jedoch gern die eine oder andere Coverversion von zum Beispiel Rory Gallagher, Buddy Guy, Canned Heat oder CCR mit ein und seine Fans danken es ihm stets, indem sie die Säle kochen lassen. Das war für ihn Anlass genug, "Bring It On Home" aufzunehmen, zurück zu den wahren musikalischen Wurzeln zu gehen und den einen oder anderen Britischen Blues Rock-Klassiker der frühen 70er wieder aufleben zu lassen.

Und was Wilde für dieses Album ausgesucht und zusammengestellt hat, lässt das Herz eines jeden Fans guter Musik höher schlagen. Das fängt schon mit dem Knaller "Bad Penny" von Rory Gallagher an, gefolgt von "Lazy" (Deep Purple). Im Original von "Lazy" gibt es zwar auch eine Harmonika, doch hier übernimmt der Harpspieler Blackmores komplette Gitarrenparts mit diesem Instrument. Bei "Locomotive Breath" wird Andersons Querflöte durch die Harp ersetzt.
"Love That Burns" – was für eine geile Version! Sanft, ja fast zerbrechlich klingt Wildes Stimme und auch die Begleitmusiker nehmen sich zurück. Fast dezent wirkt ihr Spiel und hin und wieder setzt die Harp kleine Akzente, ist nicht so dominant, wie bei den anderen Stücken. Peter Green würde bestimmt Gefallen an dieser Variante finden. Etwas über sieben Minuten Blues-Vollbedienung. Mein klarer Favorit auf der Platte.
Bei Creams "Politician" wurde die Handbremse etwas angezogen, was dem Ganzen auf der einen Seite eine ordentliche Portion Düsternis, aber auch noch mehr Wucht verleiht.

Black Sabbaths "The Wizzard" wurde genauso durch Wildes musikalischen 'Mundharmonika-Wolf' gedreht wie Lennons "Yer Blues". Damit meine ich nicht, dass die Stücke bis zur Unkenntlichkeit verändert werden, sondern dass nicht nur die Gitarren-Soli durch Wildes angestammtes Instrument ersetzt werden, auch der Rhythmus ist oftmals etwas abgeändert – ich nenne es mal 'bluesiger' – und dem Haupt-Instrument angepasst.
Ganz gespannt war ich natürlich auf Willie Dixons "Bring It On Home", das sich bereits Led Zeppelin für ihr Album II vorgeknöpft und zu ihrem 'eigenen Song' gemacht hatten, indem sie diesem wesentlich mehr Schmackes verpassten. Plant spielte damals ebenfalls die Harp, so dass deren Einsatz hier nicht allzu sehr verwundern würde, selbst wenn dieser nur sporadisch wäre. Aber mittlerweile wissen wir es ja besser…
Erstaunlich – selbst die höheren Gesangstonlagen à la Plant beherrscht Will Wilde in diesem Stück.
Wer kennt nicht den genialen Gitarristen Garry Moore und sein prägnantes Spiel? Seine Soli in "Parisienne Walkways" werden, wie könnte es natürlich anders sein, wiederum komplett von Wills Harp übernommen und man muss schon ganz genau zuhören, um rauszufinden, ob es am Ende nicht doch ein Gitarrist ist, der diese spielt. Hier wird der Mundharmonika-Spieler ordentlich gefordert. Mann, hat der Typ eine Puste!

Was ist nun das Besondere an diesem Album? Lassen wir den Meister einfach selbst zu Wort kommen: »Als es an die Auswahl der Stücke für "Bring It On Home" ging, habe ich darauf geachtet, dass die Gitarrenparts sich leicht auf die Mundharmonika übertragen lassen.«
Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Denn unterstützt von einem exzellenten Gitarristen sowie einem kraftvollen Rhythmusgespann, gewürzt mit seinem Instrument und seiner hervorragenden Stimme hat der Musiker nicht nur ein tief im Blues verwurzeltes, sondern auch ein wirklich hörenswertes Album abgeliefert. Wer die Möglichkeit hat ihn live sehen zu können, dem rate ich nur: Hingehen!


Line-up Will Wilde:

Will Wilde (vocals, harmonica)
Danny Giles (guitar)
Victoria Smith (bass)
Alan Taylor (drums)
Greg Coulson (keys – #5,9,10)

Tracklist "Bring It On Home":

  1. Bad Penny
  2. Lazy
  3. I’m Your Witchdoctor
  4. Locomotive Breath
  5. Love That Burns
  6. Politician
  7. The Wizard
  8. Yer Blues
  9. My Brother Jake
  10. Bring It On Home
  11. Parisienne Walkways

Gesamtspielzeit: 51:00, Erscheinungsjahr: 2018

Über den Autor

Ilka Heiser

Hauptgenres: Classic Rock, Blues Rock, Heavy Rock
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