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Willi Brausch / Bunde Hunde – CD-Review

Willi Brausch / Bunde Hunde - CD-Review

Deutsche Texte werden oft abgewertet und belächelt. Teilweise ja auch zu Recht. Mundart gilt gemeinhin als exotisch und oft trivial. Nur wenige Bands konnten im heimischen Slang überregional punkten. Und 'Pälzisch'? Ich glaube mich zu erinnern, dass es vor einigen Jahren in irgendeiner Umfrage auf dem zweiten Platz der unsexiesten Dialekte gelandet war. Pfälzer Musik? Da denkt man (wenn überhaupt) doch erstmal an »Palzwoi, Hals noi« und Co. Vielleicht sogar noch an Schorle-Rock von Grabowski, Anonyme Giddarischde, Kä Thema oder Dubbeglasbrieder. Was für Feste und Partys. Aber es geht auch ganz anders. Einen ersten Vorgeschmack hatte ich 2011 beim Konzert des Frankenthaler Männerchors bekommen. Damals spielte Willi Brausch "Nimmie do", ein Song, der mir im Ohr geblieben ist und mich schon beim ersten Hören berührt hat. Allein dieses Lied war es mir wert, diese CD zu kaufen, eigentlich aus rein privatem Interesse. Willi Brausch solo und akustisch. Ich hab sie angehört. Und dann gleich nochmal. Und nochmal. Und find sie saugut! Und ja, "Nimmie do" ist drauf. Aber noch viel mehr, also fangen wir vorne an. Rein akustisch und instrumental geht es los mit "Fawn" von Kathleen Brennan und Tom Waits. Ein schönes kleines Appetithäppchen bevor es mit eigenen Songs weitergeht.

"Moin Oba, Fritz Walter un isch" erzählt eine Geschichte, die so oder so ähnlich wahrscheinlich ganz viele Fußballfreunde kennen. Der kleine Bub, der mit dem Opa ins Stadion (in diesem Fall natürlich der Betze) durfte und dort auf eine Weinkiste gestellt wurde, damit er den Ball überhaupt sehen kann. Nach dem Spiel gab’s in der Wirtschaft eine Bluna und Pommes für das Kind und die erste Begegnung mit Fritz Walter, auf einer ganz menschlichen Ebene. Das kommt so goldig und lebendig rüber, da hockt man mitten drin, in dieser Vereinsgaststätte mit Holzstühlen, Spielautomaten, Zigarettenqualm und viel Gebabbel.

"Bunde Hunde", der Titelsong, erzählt eine Lebensgeschichte, die mit Höhen und Tiefen ausgestattet ist. Ein verkaterter Morgen nach einer durchzechten Nacht. Das ist der Anlass, nicht nur auf den Vorabend mit den Liedern von früher, sondern auch auf Freundschaften zu schauen. Die 'Bunde Hunde', das sind diese Freunde, die alle ein bisschen unkonventionell ticken. Sie sind da, wenn man sie braucht, ganz egal wie Scheiße grad alles läuft.

"Bring misch häm" ist ein Lied, das Heimatverbundenheit in einem absolut positiven Sinn rüberbringt: »Do kumm isch her, do g’heer isch hie« (Da komm ich her, da gehöre ich hin). Das geht ganz ohne Politik und Chauvinismus ab: »doch kaum bin isch fort, muss isch net lang warde, do her isch moi Herz zu moiner Seel sage: bring misch häm in die Palz, weil mers do so saugut g’fallt, schäne Mädscher und gude Woi, isch will nie mehr wuannerschd soi«.

"Vorbei" erzählt, wen wundert’s bei dem Titel, von einer Trennung nach 25 Jahren des Zusammenseins, 10 Jahren Ehe. Ein Lied, das mit wenig Worten die ganze Geschichte einfängt. Stark umgesetzt wie die flirrende Akustikgitarre die innere Unruhe in so einer Situation rüberbringt und die sparsam eingesetzte Harmonika Melancholie und Sehnsucht reinbringt. Das Thema wird einfühlsam umgesetzt, sparsam aber vielsagend.

"'S gläne Schörlsche" ist ein Trinklied – vordergründig. Für alle Nicht-Pfälzer/Nicht-Pfalzkenner: Ein 'Schörlche' ist eine Weinschorle, bevorzugt eine Rieslingschorle. Die wird im 0,5l (Dubbe-)Glas ausgeschenkt und enthält vier Finger hoch Wein und vier Finger breit Wasser. Vordergründig bestellt die Runde noch ein 'Schörlche', obwohl sie nicht mehr durstig sein können. Und wie das so ist, wenn man mit guten Freunden einen übern Durst getrunken hat, werden die Beteiligten nachdenklich, schwelgen in Erinnerungen. Beim Gebabbel, das in Folge vieler 'Schörlcher' entsteht, wirken Thomas 'Edsel' Merz (Anonyme Giddarischde) und James Hüther mit. Zwischendurch wird das Gebabbel nostalgisch. Einer hat alte Fotos wiedergefunden und die Runde erinnert sich an den 'Roten'. Wer ihn gekannt hat, sieht ihn vor sich: Er lacht herzhaft und laut vor Freude, dass er so ein schönes Denkmal gesetzt kriegt. Und trotzdem ist "'S Gläne Schörlsche" auch ein Lied, das man in gemütlicher Runde singen (und mit eigenem Gebabbel füllen) kann. Weil manchmal entwickelt sich’s ja so wie in diesem Lied, man findet kein Ende, will das auch gar nicht, weil es so 'gemiedlich' ist und man sich so gut versteht.

Mit "Tschänau" kommt was ganz nettes Sommerliches mit Wortwitz und Zungenbrecher. Und so richtig schön leicht, locker beschwingt wird die Stimmung im Liebeslied "Des Isses". Genauso isses in einer Beziehung, in der alles stimmt. Rundum rund und einfach schön. Das ist gefühlvoll, aber nicht schnulzig.

Der "Pälzer Bu" ist als Traditional angegeben und ist das Lied, vor dem ich beim Blick auf die Tracklist Angst gehabt habe. Viel zu oft hab ich es schon viel zu weinselig runtergegrölt gehört. Aber, saugut, der Willi 'rotzt' das so trocken und rau hin, dass es wirklich wieder Spaß macht. Wer was über die Pfälzer Mentalität wissen will: hier ist es in gut zwei Minuten auf den Punkt gebracht. Kurzfassung: hart aber herzlich!

Und dann kommt "Nimmie Do" und trifft mich immer noch so tief ins Herz wie beim allerersten Mal. Auch für das schwierige Thema Tod findet Brausch die richtigen Worte und Töne. "Fer Wen Isch Sing (Für Wen Ich Singe)" ist eine 'Übersetzung' des Liedes von Hanns Dieter Hüsch und lässt die CD ausklingen.

Die ganze Platte kommt total ehrlich und geraderaus rüber. Die Songs sind durchgehend ausgereift, die Texte stimmig und auf den Punkt gebracht. Dazu kommt ein warmer Sound, ein stilvolles Klappcover mit Booklet, in dem die Lyrics abgedruckt sind. Schnörkellos und gradlinig bringt dieses erste Solowerk alles mit, was man sich wünscht. Ich leg’s euch ans Herz und vergebe einen RockTimes-Tipp!


Line-up Willi Brausch:

Willi Brausch (Gesang, Gitarre)
Dirk Hoffmann (Hohner 'Liliput' – #6)
James Hüther (Gesang, Gebabbel – #6)
Thomas 'Edsel' Merz (Gesang, Gebabbel – #6)

Tracklist "Bunde Hunde":

  1. Fawn (1:48)
  2. Moin Oba, Fritz Walter Un Isch (4:00)
  3. Bunde Hunde (3:44)
  4. Bring Misch Häm (4:34)
  5. Vorbei (4:02)
  6. 'S Gläne Schörlsche (4:07)
  7. Tschänau (2:24)
  8. Des Isses (2:36)
  9. Pälzer Bu (2:17)
  10. Nimmie Do (3:18)
  11. Fer Wen Isch Sing (Für Wen Ich Singe) (3:52)

Spielzeit: 36:48, Erscheinungsjahr: 2017

Über den Autor

Sabine Feickert

Hauptgenres: Rock, Deutschrock, Mittelalter, 'leise Töne'
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Mail: sabine(at)rocktimes.de

3 Kommentare

  1. Petra Mayer

    Hallo
    wo kann ich die CD Bunde Hunde kaufen?
    Herzliche Grüße,
    Petra

    1. Sabine

      Hallo Petra, probiere es mal über die Kontakt Daten im Impressum seiner Website.
      http://www.willibrausch.de/Bunde-Hunde/

  2. Rainer Hellstern

    Hallo Sabine,

    mit Mundartmusik kannst du mich ja sonst eher jagen.
    Auch da gibt es natürlich Ausnahmen wie BAP oder
    bei uns früher Schwoißfuaß oder der schwäbische
    Thomas Felder.
    Das was der Willi Bausch hier zaubert gehört
    für mich auch zu diesen Ausnahmen.
    Beim Zuhören fühlt man sich wie zu Besuch
    bei guten Freunden und der Willi hat seine Gitarre
    dabei und singt uns seine Lieder vor.
    Dazu ordentlich Äppelwoi und so…
    Schlicht und ergreifend schön, eine gute Alternative
    zu dem was sonst noch zur Zeit deutsch singt.
    Vieleicht verschlägt es ihn ja mal nach Calw.

    Grüße vom
    Rainy

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