«

»

Wishbone Ash / Twin Barrels Burning – DCD-Review

Wishbone Ash - "Twin Barrels Burning" - CD-Review

Anfang der achtziger Jahre hatte die Combo Wishbone Ash alle ihre Turners verloren. Zunächst ging der Gitarrist Ted und ein paar Jahre später gehörte auch der Bassist und Sänger Martin (die Namensgleichheit war übrigens Zufall) nicht mehr der Band an. Ted Turner wurde von Laurie Wisefield ersetzt und für Martin Turner sprang John Wetton in die Presche. Als auch dieser nach nur einer Scheibe ("Number The Brave", 1981) wieder seinen Hut nahm, war Trevor Bolder (Ex-David Bowie) der sehr willkommene Neueinsteiger. Die Band wollte eigentlich einen hauptamtlichen Sänger, aber nach mehreren gescheiterten Auditions mit u. a. John Sloman (Ex-Uriah Heep) oder Terry Slesser (Ex-Back Street Crawler) einigte sich das Quartett darauf, so weiter zu machen wie bisher und die Vocals unter sich aufzuteilen. Eingespielt hatte sich der neue Bassist sehr schnell und trug (aus vertraglichen Gründen entgegen den angegebenen Credits auf dem Original-Album) auch gehörig zum Songwriting bei.

Wishbone Ash fuhren auf "Twin Barrels Burning" einen komplett neuen, deutlich vom Hard Rock beinflussten Sound, was gleich mehrere Gründe hatte. Zum einen brachte der Bass Bolders deutlich mehr Power in die Band, zum anderen war gerade die New Wave of British Heavy Metal (NWoBHM) voll angesagt und im Trend. Und schließlich, nach Gitarrist Andy Powells eigener Definition: »Wir hatten nicht vor, auf irgendeinen Zug aufzuspringen… wir hatten einfach nur ZZ Top für uns entdeckt und standen voll auf sie. Das war einfache Musik mit einfachen Texten, auf die jeder umgehend ein- und abgehen konnte.« Wie auch immer, die Gitarren rocken bei dem eröffnenden "Engine Overheat" ziemlich hart, da sind gute Gesangsmelodien am Start und der komplette Track macht erst mal einen richtig guten, wenn für Ash auch ungewohnten Eindruck. Gefolgt wird der Opener von dem kaum schlechteren "Can’t Find Love" und erneut Laurie Wisefield am Gesang.

Nach dem Wisefield/Powell-Duett bei "Genevieve" durfte Trevor Bolder seine (laut Booklet alleinige) Komposition "Hold On" auch vor dem Mikro darbieten. Eine gute, wenn vielleicht zunächst auch etwas unscheinbare Nummer. So ziehen sich die durchaus gekonnt durchkomponierten Tracks durch, hinterlassen jedoch nicht immer den stärksten Eindruck. Das ist alles gefällig und melodisch komponiert, gespielt und gesungen, der wirklich große Song fehlt allerdings. Man darf natürlich nicht vergessen, dass sich Wishbone Ash hier ganz bewusst auf neue Pfade begaben, was immer ein Stück Mut abfordert und Respekt abverlangt. Aber obwohl die Scheibe stärker als ihr Ruf ist, so fehlt doch die Magie früherer Alben. "Engine Overheat", "Can’t Find Love", oder auch "Hold On" gehören wie auch "Angels Have Mercy" zu den Gewinnern, während "Streets Of Shame" oder das gar schreckliche "No More Lonely Nights" weniger prickelnd sind.

Dieser neuen Ausgabe von "Twin Barrels Burning" beigefügt wurden außerdem drei Outtakes, die es nicht auf die Original-Platte schafften. Laurie Wisefields "Cat And Dog Fight" kommt als straighter Rocker und hätte das eine oder andere Stück des veröffentlichten Albums durchaus an die Wand spielen können, wenn da nicht der etwas zu lapidare Refrain wäre. Andy Powells "Go For The Gold" drückt auch mächtig aufs Gas und überzeugt ebenfalls durch Qualität. Was auch immer die Gründe für die Nicht-Berücksichtigung waren, sind wohl nach wie vor das Geheimnis des/der damaligen Entscheider/s. Und schließlich ist da noch die Band-Komposition "Night Hawker", die etwas gemäßigter im Midtempo ihre Bahnen zieht. Ebenfalls gut!
"Twin Barrels Burning" wurde damals für den amerikanischen Markt neu abgemischt und mit veränderter Song-Reihenfolge veröffentlicht. Das Ergebnis wird uns auf dem zweiten Silberling präsentiert. Diese Produktion kommt vom Sound her trockener, aber irgendwie auch mit deutlich weniger Wumms daher. Wishbone Ash selbst hasste die Abmischung ab dem ersten Hördurchlauf und wer sie sich anhört, bekommt sehr schnell eine Idee, warum das so war. Ein cooles Beiwerk für Fans und Sammler, allerdings auch alles andere als essenziell.

Letzten Endes war "Twin Barrels Burning" für Wishbone Ash ein mutiger Schritt in eine neue Richtung, der sich auch durchaus erfolgreich gestaltete, da mit Platz 22 (England) die beste Chart-Position seit vielen Jahren erzielt wurde. In den USA konnten die Briten allerdings erneut nichts reißen. Und leider zog es Trevor Bolder im Anschluss wieder zurück zu Uriah Heep, weshalb diese Scheibe seine einzige mit den Kollegen Andy Powell, Laurie Wisefield und Steve Upton bleiben sollte.


Line-up Wishbone Ash:

Andy Powell (guitars, lead & background vocals)
Laurie Wisefield (guitars, lead & background vocals)
Trevor Bolder (bass, lead & background vocals)
Steve Upton (drums)

Tracklist "Twin Barrels Burning":

CD 1:

  1. Engine Overheat
  2. Can’t Fight Love
  3. Genevieve
  4. Me And My Guitar
  5. Hold On
  6. Streets Of Shame
  7. No More lonely Nights
  8. Angels Have Mercy
  9. Wind Up
  10. Cat And Dog Fight (outtake)
  11. Go For The Gold (outtake)
  12. Night Hawker (outtake)

CD 2:

  1. Engine Overheat
  2. Can’t Fight Love
  3. No More Lonely Nights
  4. Wind Up
  5. Streets Of Shame
  6. My Guitar
  7. Hold On
  8. Genevieve
  9. Angels Have Mercy

Gesamtspielzeit: 53:30 (CD 1), 39:40 (CD 2), Erscheinungsjahr: 2018 (1982)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
Meine Beiträge im RockTimes-Archiv
News
Meine Konzerberichte im Team mit Sabine
Mail: markus(at)rocktimes.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>