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Xavier Boscher / Earthscapes – Digital-Review

Ein starkes Achtungszeichen setzt Xavier Boscher mit seinem neuen Album "Earthscapes". Die CD enthält acht Stücke aus der Feder des Franzosen. Er hat sämtliche Lieder geschrieben, produziert und aufgenommen. Der Gitarrist und Keyboarder spielte im Studio zusätzlich Bass und Schlagzeug ein.

Das 13. Soloalbum des Musikers enthält ausschließlich Instrumentallieder aus dem Rock- und Metalbereich. Boscher hat sich seit 1999 dem Progressive Rock- und Metal-Genre verschrieben. Seitdem komponiert er eigene Songs oder schreibt für die Projekte anderer Künstler (Nebuleyes, Misanthrope und weitere). Mit der französischen Metalband Misanthrope hat er zwei Alben aufgenommen. Mit der früheren griechischen Band Septicflesh (Symphonic Death Metal) tourte er durch ganz Europa.

Xavier Boscher ist nicht nur Musiker. Er arbeitet außerdem als Maler und Dichter. Das Artwork für das aktuelle Cover stammt von seinem Sohn Andréa und von ihm. Zu jedem der acht veröffentlichten Tracks gibt es auf der Homepage des Künstlers neben einer kurzen Inhaltsbezeichnung eine Zeichnung.

Boscher transportiert in den acht Stücken nicht nur verschiedene Stimmungen. Er greift für "Earthscapes" zum Teil ältere Ideen auf. Der Opener "Road To Happiness" wurde bereits während der Arbeiten zum Album "Pentagramme" im Jahr 2016 aufgenommen. Der Komponist und Musiker hat das Stück praktisch neu erfunden, um es in die aktuelle Produktion zu integrieren. »Ich dachte, es war sowohl Metal beim Intro als auch sehr positiver Rock«, so Bosch, der die Musik des Titels laut seiner Homepage als einen "Weg zum Glück" bezeichnet.

Dabei hat das Lied gar kein richtiges Intro im klassischen Sinne. Sofort sind wir mitten im Geschehen. Das Gitarrenspiel, einmal druckvoll und ein anderes Mal verspielt vorgetragen, erinnert stark an die US-amerikanische Progressive Metal-Band Dream Theater, deren ähnliche Klangstrukturen an mehreren Stellen des Albums herauszuhören sind.

Mit 3:51 Minuten ist "Road To Happiness" das kürzeste Lied auf dieser CD. Das druckvolle Element, das angesichts der knappen Spielzeit nur kurz zu hören ist, erinnert wiederum an die Frühphase von Metallica bis zu deren Album "Metallica" (1991), das gerne als "Black Album" bezeichnet wird. In mehreren Stücken setzten Metallica damals als stilistisches Mittel lange, druckvolle Instrumentalpassagen ein.

Fast schon philosophisch mutet die Botschaft bei "Mountain Of Spirit" an. Der Komponist und Texter interpretiert dieses Lied als einen »Progressive Rock-Titel mit einer spirituellen Farbe, die ich nicht erklären konnte. Ich hatte die Vision von diesem Berg des Geistes.« Ursprünglich hatte er es 2019 aufgenommen. Allerdings war das Lied nicht für "Waterscapes" ausgewählt worden. Mit einer Spiellänge von 7:15 Minuten ist die Musik geradezu prädestiniert für das Genre Progressive Rock- und Metal. Die anhaltenden Tempo- und Stimmungswechsel erlauben jedoch kaum den Gedanken daran, hier könnte einzig ein Solomusiker unterwegs sein. Vergleiche mit den etablierten Bands dieses Genres braucht Xavier Boscher nicht zu scheuen. Im Gegenteil: Angesichts der Tatsache, dass er alle Kräfte allein auf seine Person vereint, darf man das abgelieferte Werk schon als grandios bezeichnen.

"Luminescent Forest" ist nicht nur das längste Werk mit 9:20 Minuten, sondern für mich auch die Sternstunde auf "Earthscapes". Die Grundstrukturen dieses vertonten Epos bleiben klar beim Progressive Rock. Allerdings steckt hier richtig viel Metal drin und der Solomusiker zieht alle Register.

Boscher erklärt das Stück, das ihn aufgrund der Melodien selbst sehr stolz mache: »Ebenfalls 2019 aufgenommen, ist es der Progressive Metal-Track auf dem Album. Es ist ein 'Epos' von fast zehn Minuten. Nach "Waterscapes" war die logische Fortsetzung "Earthscapes". Ich musste die Bilder von traumhaften Orten finden und definieren, die Musik passt gut zu dieser Fußgängertour in diesem leuchtenden Wald. Diese Idee habe ich einer Science-Fiction-Saga entnommen, die ich vor 20 Jahren geschrieben habe und die mit meinem alten Projekt Nebuleyes vertont wurde – und in der dieser Ort schon existierte.«

Der Musiker, Dichter und Maler entpuppt sich hier als ein Universaltalent. Bei dem ruhigen "Carnal Cocoon" darf sich der Hörer getrost ein wenig zurücklehnen. Eine sanfte, verträumte Nummer, zeitlos schön. Ursprünglich sollte dieser Titel gesungen werden. Schließlich aber passte die Schönheit der im Stil einer Filmmusik geschriebenen Musik für Xavier Boscher bestens zum vorliegenden Instrumentalalbum mit einer wichtigen Präsenz des Klaviers und der Keyboards.

Das ebenfalls neu entstandene akustische "Sanctuary Of Delight" verschafft dem Hörer Abwechslung durch eine Nylonsaitengitarre. "Cobalt Blue Tarantula" setzt auf Dissonanzen aus dem Metal. Entstanden ist dieses Lied mit einem Mix aus harten und eingängigen Melodien im vergangenen Jahr.

Mit "Field Of Sapphire" gibt es eine vergleichsweise schnelle Ballade. Die Musik inspirierte Xavier Boscher zur Gestaltung des Covers in Acrylfarbe. Das Saphirfeld steht für einen Edelstein, dessen Reiz der Maler und Musiker unterlegen war.

"Volcania " ist ein stimmungsvolles und würdiges Finale mit einer Spielzeit von neun Minuten. Hier wird einmal mehr deutlich, welchen starken Ausdruck diese Instrumentalmusik haben kann. Das abschließende Epos des Albums erinnert den Künstler an die Struktur eines ausbrechenden Vulkans mit seinen verschiedenen ziemlich geladenen Teilen und der geschmolzenen Magma. Die Stärke eines Vulkans ist in der Musik nicht zu überhören.

"Earthscapes" gibt es wie alle aktuellen Produktionen des Musikers nur in digitaler Form. Der Künstler betreibt die eigene Plattenfirma Orfeo’lab, der folgerichtig alle Rechte an seinen Werken gehören.


Line-up Xavier Boscher:

Xavier Boscher (guitars, keyboards)

Tracklist "Earthscapes":

  1. Road To Happiness (3:51)
  2. Mountain Of Spirit (7:15)
  3. Luminescent Forest (9:20)
  4. Carnal Cocoon (5:00)
  5. Sanctuary Of Delight (4:31)
  6. Cobalt Blue Tarantula (5:27)
  7. Field Of Sapphire (3:31)
  8. Volcania (8:56)

Gesamtspielzeit: 47:51, Erscheinungsjahr: 2021

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

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