Außer den Namen der Musiker von Yagow und deren Wohnsitz gibt es über diese Band kaum was herauszufinden. Aber das spielte bereits nach den ersten Takten von "Horsehead Nebula" für mich schon keine Rolle mehr, denn zu sehr wurde ich von dem Stück schon nach Sekunden in einen anderen Kosmos verfrachtet und zu deutlich wurden bei mir sehr positive Assoziationen zu Pretty Lightning geweckt. Dass beide Bands in Saarbrücken ansässig sind, spielt dabei viel weniger eine Rolle, als dass sie jeweils mit ihrer Musik ein Tor in eine andere Welt öffnen. In eine andere Welt, in einen anderen Kosmos oder vielleicht auch nur in einen nebel- sowie sagenumwobenen Traum, der sich fast schon zu echt anfühlt. Das Trio in der klassischen Rock-Besetzung (Gitarre, Bass und Schlagzeug sowie Keyboardsounds, falls ich nicht vollkommen daneben liege) kreiert allerdings einen mächtigen, erhabenen Sound, der neben allem Space und aller Psychedelic aber auch nicht mit massenhaft guten Melodien spart. Marc Schönwald legt von hinten einen fetten Drum-Sound vor, dem (zumeist, bis auf eine Ausnahme) Axel Rothhaar mit einem ebenso mächtigen Bass folgt. Jan Werners Gesang scheint von ganz weit weg, aus einer ganz anderen Dimension her zu kommen, während seine feinen Gitarrensoli sich immer wieder mal wie durch dicke Nebelschwaden ihren Weg in den Vordergrund erkämpfen.
Diese eklektische Mischung aus Psychedelic-, Stoner- und Space Rock erfordert nicht nur Aufmerksamkeit, sie verlangt sie sogar. Es ist nahezu unmöglich, das gleichnamige Debütalbum der Saarländer nebenher laufen zu lassen, ohne umgehend hellhörig zu werden. Der Hörer wird sofort eingefangen, mitgenommen und erst dann wieder losgelassen, wenn der letzte Ton der Scheibe verklungen ist. Klar lugt hier und da die englische Legende Hawkwind aus einem sicheren Versteck hervor, der Sound von Earth ist sicher auch nicht ganz weit weg und Pretty Lightning (die mit ihren Songs ein ähnliches Feeling hervorrufen) hatte ich bereits weiter oben erwähnt. Zäh wie Lava quellen die ersten Licks von "Moss & Mint" aus den Boxen hervor und verbreiten eine angenehme Schwerelosigkeit, die auch durch den Gesang nicht gestört wird. Trotz clever gesetzter Breaks bewegt sich Yagow hier mit der stoischen Eleganz eines treibstofflosen Raumschiffs durch das All. Der Weg ist das Ziel und das Ziel liegt auf dem Weg.
Sechs durchweg längere Tracks mit einer Gesamtspielzeit von gut 42 Minuten lassen bereits erahnen, dass hier Wert auf Kontinuität gelegt wird. Die drei Musiker haben dabei keine Schwierigkeiten, ihre Songs trotz längeren Verlaufs variabel und interessant zu gestalten. Der Sound der Platte kommt dazu wunderschön dreckig produziert rüber, kantig sowie mit sehr vielen Ecken und Kanten versehen. Genau richtig übrigens für das Konzept der Band. Im Netz wird Kai Pfeifer als amtlicher Bassist aufgeführt. Ob diese Info veraltet ist, oder der gute Kai erst während der Produktion dieses Albums zur Band stieß, ist nicht ganz klar. Auf jeden Fall spielte er den Viersaiter noch für die Nummer "Non-Contractual" ein. Speziell die feine Mischung aus härteren Rock-Parts und dann wieder deutlich verhalteneren, melodischeren Sequenzen hält die Aufmerksamkeit des Hörers durchgehend bei der Stange. Dieses Album ist übrigens auch auf Vinyl (inklusive eines Animationseffekts auf dem Cover) erschienen.
"Yagow" ist ein Trip, auf den man sich einlassen sollte, falls einem Psychedelic, Stoner-, Space- oder Kraut Rock nicht ganz am Allerwertesten vorbei gehen. Dieses Trio hat jede Menge Potential, einen saustarken Sound, gute Songs und obendrein auch noch interessante Arrangements am Start. Viel mehr kann man sich von dieser Musik eigentlich gar nicht wünschen und die drei Saarbrücker bedienen alle aufgeführten Punkte mit Bravour. Dicker Tipp für die Freunde der genannten Genres.
Line-up Yagow:
Marc Schönwald (drums & percussion)
Axel Rothhaar (bass)
Jan Werner (guitars, drones, vocals)
With:
Kai Pfeifer (bass – #5)
Tracklist "Yagow":
- Horsehead Nebula
- Snake Charmer
- Moss & Mint
- Time To Get Rid Of It
- Non-Contractual
- Nude-On-The-Moon Dance
Gesamtspielzeit: 42:07, Erscheinungsjahr: 2017
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