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Yer International Humbug / Earth Moved Slowly – CD-Review

Yer International Humbug - "Earth Moved Slowly" - CD-Review

Okay, und jetzt kommt die 10.000 Euro-Frage (ohne Auszahlungsgarantie): Was haben Alben unter den Namen Baby Kreuzberg, Marceese, Raketen Erna sowie Yer International Humbug gemeinsam? Richtig, das sind allesamt Bands/Projekte des Berliner Komponisten und Musikers Marceese Trabus, den wir euch ja bereits mehrfach in unserem Magazin vorstellen durften. Und so unterschiedlich wie sich die obigen Namen anhören, so ist auch die Musik dieser jeweiligen Projekte. Dazu kommen inzwischen vier Coveralben mit Kiss-Songs (unter dem Namen Marceese), die sich nochmal ganz anders anhören, als Scheiben wie Young At Heart oder A-Ramblin' And A-Howlin'. Bei Yer International Humbug handelt es sich um eine der jüngeren Unternehmungen des Kreuzbergers, mit dem er sich einer ganz feinen Stoner Rock-Ausrichtung widmet. "Eclipse", das wir vor kurzem auch live auf der Bühne in Mandy’s Lounge erleben durften, ist beispielsweise eine intensive Exkursion auf der Akustik-Gitarre, die keine Worte bzw. keinen Gesang benötigt, um die Gefühle des Künstlers zu übermitteln.

Gestartet wird die Platte jedoch mit dem Titelsong, der – seien wir ehrlich – nach perkussivem Beginn doch ein sehr ausgeprägtes Pink Floyd-Feeling zum Ausdruck bringt, was sowohl auf die Atmosphäre, noch viel stärker aber auf den Gesang zutrifft. Was die Nummer aber keinen Deut schlechter macht, denn ähnlich wie bei der gerade genannten Band kann man in diese Musik eintauchen, mitschweben und sich treiben lassen. Ein sehr gelungener Start. Aber apropos Pink Floyd: Mit "Another Brick In The Wall, Pt. II" findet sich sogar eine Cover-Version auf "Earth Moved Slowly". Allerdings hat Marceese Trabus das Stück so clever umarrangiert, dass man es eigentlich nur am Text und spätestens dann beim Refrain erkennt. Nur mit Akustik-Gitarre und Gesang haben wir es mit einer ganz eigenen Lesung zu tun, vor der man nur den Hut ziehen kann.

Der Musiker schafft es durchgehend, eine ganz eigene, dichte Atmosphäre zu erzeugen, was dann natürlich ungemein zum Gelingen der Platte beiträgt. So auch bei "Aquelarre", dem wohl rockigsten Titel auf dem Debüt von Yer International Humbug. Die straighten Riffs werden zwischendurch von kurzen Licks unterbrochen und lassen zumindest in meinem Kopf Bilder von Fahrten im Berliner U-Bahn-System mit vielen unterschiedlichen Eindrücken, der Schnelligkeit des Lebens in der Großstadt und irgendwie auch der in diesen Metropolen so typischen Rastlosigkeit erscheinen. "Now Here Is Nowhere" beginnt wieder deutlich perkussiv geprägt, bevor die Band nach etwa achtzig Sekunden in eine sehr melodiöse Nummer einbiegt, die über gefühlvollen Gesang und zweifelsohne auch ein gewisses Sixties-Feeling verfügt. Leider ist diese wundervolle Geschichte nach knapp vier Minuten schon wieder vorbei, denn selbst wenn sich gegen Ende der Refrain immer wiederholt, hätte die Chose locker noch 120 Sekunden weiterlaufen können, ohne jemals langweilig zu werden.

Fast etwas gespenstisch und wieder deutlich Floyd-angehaucht startet "Let The Motors Run" und entwickelt sich in eine toll erzählte Geschichte, die unter anderem durch ein Keyboard sowie eine rückwärts aufgenommene Gitarre bereichert wird. Die Musik von Yer International Humbug wirkt, als ob sie über den Dingen schwebt, von oben zuschaut und dabei mal fassungslos, mal erschüttert, aber auch mal tröstend darüber berichtet, was sie mit etwas Abstand vom Geschehen so sieht. Und schließlich ist da noch "Don’t Feed The Machine", mein persönlicher Favorit der Scheibe. Ein melancholischer, unwahrscheinlich gefühlvoll-melodisch gebrachter Text, der mit einer wundervollen Melodie versehen wurde. Wer zunächst nur mal den einen oder anderen Track anchecken möchte, dem empfehle ich das gerade erwähnte "Don’t Feed The Machine", das rockige "Aquelarre" oder auch den Instrumental-Trip "Eclipse".

Mit "Earth Moved Slowly" von Yer International Humbug ist dem äußerst vielseitigen Marceese Trabus also ein weiteres starkes Werk gelungen, das sich unbedingt zu entdecken lohnt. Zumindest wenn man auf handgemachte Musik, dichte Atmosphäre, starke Gesangsmelodien sowie tonnenweise Feeling steht.


Line-up Yer International Humbug:

Marceese Trabus (guitars, vocals)
Andreas Blumenthal (slide guitar – #1)
Frankensnyder (reversed guitar – #3)
Jörn Gross (keyboards – #3)
Schnucky Guter Aka Bugl (bass #1,4)
Mikka Oertel (bass – #3,5,7)
Martin Trümper (drums – #1)
Tayfun Schulzke (percussion – #1,4, drums – #3,4,7)

Tracklist "Earth Moved Slowly":

  1. Earth Moved Slowly
  2. Eclipse
  3. Let The Motors Run
  4. Aquelarre
  5. Don’t Feed The Machine
  6. Another Brick In The Wall, Pt. II
  7. Now Here Is Nowhere

Gesamtspielzeit: 47:15, Erscheinungsjahr: 2017

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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