So, so – "The Suffering Artist" heißt ein Song auf dem Debütalbum "Pondering Aloud" des Projekts Yonder Pond aus der Schweiz. Vor mir liegt das zweite Album, das dem ersten nach sechs Jahren folgt und aus mir in Anlehnung an den eben genannten Titel ein 'the suffering reviewer' entlockte. Nur kurz, denn meine Stirnfalten beim Lesen des Line-ups sind geglättet, nachdem das beigelegte Infoblatt des Promoters für Aufklärung gesorgt hat.
Yonder Pond besteht laut Booklet aus Remily Layne, Emyr Raurelis sowie Rembrandt van der Straal, aber diese drei Personen sind (vielleicht) die Alter Egos des Schlagzeugers Remy Sträuli, der unter diesen Pseudonymen verschiedene Instrumente auf seinem Album bedient. Anscheinend sorgte dies beim Debüt für einige Verwirrung und so hat sich sein Manager entschlossen, die »Tripletisierung« transparenter zu machen und mich somit nur ganz kurz verwirrt.
Unterstützt werden die drei Remys von Musikern der Bands Fido Plays Zappa, Spaltklang, Universe By Ear sowie Inezona und wer wissen will, wie die Musiker und –in zusammenhängen, sollte mal googeln – die Schweiz ist klein. Die Gastmusiker Stefan und Pascal stehen mit ihrer kommenden Livescheibe übrigens ganz oben auf meiner To do-Liste.
Bevor es nun zur Musik geht, noch schnell etwas zum Cover, das von Beat Lüthis Tochter Leonor Burkhard gezeichnet wurde (ich sagte es ja bereits: Die Schweiz ist klein) und als »Maulwurf im flugfähigen Schuh« benannt ist. Wer beim Titel "Mole in My Shoes" an 'Loch in meinem Schuh' denkt, liegt vielleicht nicht ganz falsch, denn Remy soll von der Plattensammlung seiner Eltern geprägt worden sein und in diesem »Hippiekram« steckten sicherlich auch Traffic-Rillen.
Auf jeden Fall zeugen die sieben Stücke des Albums von sehr guter musikalischer Sozialisierung, was ja eigentlich logisch ist, denn ohne eine solche würde er mit Sicherheit nicht bei der Zappa-Tributband Fido Plays Zappa mitwirken.
"The Straw That Broke The Camel’s Back" startet ziemlich wild mit einem Drum-Gewitter, dessen Blitze aus flirrenden Stahlsaiten bestehen. Progressive Tunes gesellen sich dazu und entgegen dem Tracknamen bringen sie das Fass nicht zum Überlaufen, sondern ebnen den Weg zu "Shame On You, Neighbourhood", einem ruhigen, verspielten Lied, das so ganz anders wirkt, als der Albumeinstieg; ein Hinweis darauf, dass Remy mit seinen Mitstreitern in der Lage ist, ein breit gestecktes Feld zu beackern.
"Putting Things On Top Of Other Things" führt diese verspielte Progressivität fort und ja, man kann fast von einer Nuance Pop sprechen – Art Pop vielleicht. Auch "Dried Up And Placed In Books" ist eine musikalische Blume, die auf dieser zarten Wiese sprießt. Nicht unschuldig an dieser fast idyllischen Verspieltheit sind natürlich Instrumente wie Cembalo und andere eher selten genutzte Tasteninstrumente und dann na klar: ein Mellotron. Und eine Flöte hat es auch, deren Spieler Markus Strauss als »RIO- und Avantgardekönig Basels« bekannt ist. Die "Suite Alors!" proggt in vier Akten und kann in den fast zehn Minuten viele verschiedene Themen behandeln. Auch leichte Klassikspuren werden von den Tasteninstrumenten gelegt und zeigen, dass Remy Sträuli nicht nur ein begnadeter Drummer ist, sondern als Rembrandt van der Straal auch das Spiel mit den Tasten drauf hat. Als Songwriter zeigt er ebenfalls wo es lang geht, denn wenn das Stück auch hauptsächlich auf Keys aufgebaut ist, ist das eingeworfene Gitarrenspiel so dosiert, dass es perfekt würzt. Und nicht nur das, die Tempo- und Rhythmuswechsel halten die Spannung und lassen die zehn Minuten nie langweilig oder einseitig wirken.
Auch nahe an der Zehnminutengrenze ist "Beggar In A Golden Dress" und es ist auch ähnlich aufgebaut, sprich, Tastaturanschläge nach vorne. Erstmal. Der Gesang gemahnt an alte Frühsiebziger Progger von der Insel. Spannende Gitarrenklänge begeistern ebenso, wie der sehr melodische und harmonische Grundtenor der Nummer. Nun dürfen auch die Drums bzw. Percussion an die Oberfläche und die unruhige Ruhe etwas aufmischen. Verfremdete Vocals lassen aufhorchen und leiten wieder zurück in das harmonisch progressive Fahrwasser.
"Waiting For A Daughter Of Wealthy Origin" ist immer noch im Kontext des Albums gut zu Hause, aber sicherlich die eingängigste Nummer mit radiotauglicher Hookline. Aber leicht wird es "Mole In My Shoe" nicht haben. Für großen Prog ist es zu leicht und verspielt und für die 'Gegenseite' ist es zu proggig. Und es ist etwas zu kurz für das Genre, aber wenn Sträuli sagt, dass es die richtige Länge, nämlich die einer LP aus den guten alten Zeiten hat, dann ist da etwas Wahres dran und es unterstreicht erneute seine perfekte musikalische Sozialisation. Und den letzten Pluspunkt will ich gerne erwähnen: Das Album hat der Musiker seiner verstorbenen Mutter gewidmet.
Line-up Yonder Pond:
Remy Sträuli
– Remily Layne (drum, shaker, tambourine, marching band percission)
– Emyr Raurelis (lead & backing vocals)
– Rembrandt van der Straal (piano, clavinet, harpsichord, e-toms, synth bass, mellotron, moog opus, moonman, stele pedal)
Guest musicians:
Pascal Grünenfelder (bass)
Stefan Strittmatter (electric & acoustic guitars)
Ines Brodbeck (all violins and viola)
Markus Stauss (flute)
Stefan Hofstetter (oboe)
Beat Lüthi (backing vocals)
Tracklist "Mole In My Shoe":
The Straw That Broke The Camel’s Back (03:52)
- Shame On You, Neighbourhood (04:41)
- Putting Things On Top Of Other Things (03:21)
- Dried Up And Placed In Books (05:33)
- Suite Alors! 09:37)
a) Poupoule Courouze
b) Zatapathique
c) Gryphonium
d) Enidinho - Beggar In A Golden Dress( 08:32)
- Waiting For A Daughter Of Wealthy Origin (03:45)
Gesamtspielzeit: 39:23, Erscheinungsjahr: 2023
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