Die Geschichte vom "Fliegenden Holländer", der verdammt ist, bis in alle Ewigkeit die Meere mit seinem Schiff zu befahren, dürfte bekannt sein. Ewig ist eine ziemlich lange Zeit – was macht Man(n) dann?
Eine mögliche Antwort gibt das Konzept hinter Zed Yago: Er hat ein Techtelmechtel mit einer Wassernymphe (»Her mother was the water / formless form«), aus dem eine Tochter hervorgeht. Diese ist allerdings wenig begeistert davon, für immer auf dem Schiff ihres Vaters herumzusegeln. Sie ruft die Mächte von Himmel und Hölle an und bittet um einen menschlichen Körper, im Gegenzug dazu will sie den Menschen die verlorene Fantasie bringen.
Gerade letzteres klingt nach einer typischen 80er Jahre-Idee und ist es auch. Sie ist nämlich zu finden auf dem Debüt "From Over Yonder" der Band Zed Yago von 1988. Bekannter Name hinter der Idee: Jutta Weinhold, seit 1969 in der deutschen Musikszene aktiv, u.a. im Background von Udo Lindenberg, bei der Band Breslau und weiteres.
Neben der Klassikadaption "The Flying Dutchman" (Richard Wagner) gibt es im Midtempo gehaltene Songs, melodisch und doch heavy, die sich im Bereich Hard Rock, Heavy Metal oder wie es auch genannt wurde 'Dramatic Metal' bewegen, diese erzählen Geschichten von Zed Yago, von Piratinnen und dergleichen. Inhaltlich fällt oft ein Bezug zu Wasser auf, ebenso die vorwiegend weibliche Betrachtungsweise, was durchaus gut zu dem Ganzen passt. Teilweise wurde dies in der Metal-Szene als intellektuell-feministisches Konstrukt kritisiert, zudem von einer Sängerin, deren Ursprünge nicht im Bereich Heavy Metal liegen (den es 1969 noch gar nicht gab…) und das dann gleich auf einem größeren Label, usw. Sicher ist die etwas übersprudelnde Art von Jutta Weinhold in Interviews oder bei Live-Ansagen nicht jedermanns Fall, aber es kommt vor allem darauf an, dass die Musik gut ist und einige Songs der Scheibe sind wirklich klasse (was persönlich gefällt oder nicht ist natürlich immer Geschmackssache) und musikalisch gibt es nichts zu meckern. "From Over Yonder" ist eine gelungene Scheibe mit tollen Songs wie "United Pirate Kingdom" oder "Zed Yago", die sich unabhängig von den Texten hören lässt, die durch das Konzept zusätzlich noch interessanter wird – oder halt auch nicht. Ich jedenfalls fand und finde die Scheibe großartig.
1989 ging die Reise weiter, wurde zu einer "Pilgrimage" (Klassikstück: "Pilgrim’s Choir") Optisch schick, Vinyl im Klappcover, die Musiker als Motiv gezeichnet in Piratenkleidung, macht der Nachfolger äußerlich einen guten Eindruck. Musikalisch wurde wenig verändert, das Material war ein wenig heavier, dafür finde ich das Songwriting stellenweise etwas schwächer als beim Debüt, nicht ganz so einprägsam. Herausragend und fast schon ein kleiner Hit, zu auch ein Videoclip gedreht wurde, ist "Black Bone Song", wobei beispielsweise "The Pale Man" und "Rose Of Matyrdom" ebenfalls sehr hörenswert sind. Klingt als wäre alles in Butter und die Band könne gemütlich zusammen ein Fass Rum leeren (»drinking rum, singing black bone’s rhymes«).
Doch im Hintergrund kriselte es und dann krachte es. Zed Yago und Jutta Weinhold gingen getrennte Wege, etwas, was viele (inklusive mir) nicht für möglich gehalten hätten, denn (nicht nur) ich sah und sehe das als ihr 'Baby' an. Daher habe ich mir zwar die in weitere Veröffentlichungen der Musiker unter dem Bandnamen Zed Yago mit neuer Sängerin reingehört und fand sie auch nicht schlecht, aber für mich fehlte da das Feuer, das zuletzt noch in Tracks wie "The Man Who Stole The Holy Fire" war… anscheinend hatte das wirklich jemand gestohlen…
Für mich ging/geht es mit Velvet Viper weiter. Da Jutta nicht mehr über die Namensrechte verfügte, musste sie sich etwas ausdenken. Zed Yago fällt in ein Loch, ihr wurde der Name weggefressen und sie wurde zu Velvet Viper – nun ja, so richtig überzeugend ist diese Idee nicht, was wohl daran liegt, dass sie aus der Not geboren wurde. Dafür gab es meiner Meinung nach auf dem Debüt von 1991 (oder der 'dritten' Veröffentlichung) einige der besten Songs der ganzen vier Scheiben. Ob "World Behind The World" oder die drei aufeinanderfolgenden "King Arthur", "Lost Children" und "Ring Of Stone" (CD-Bonustrack) Wer nun ein Konzept über König Artus etc. vermutet, hat Recht. Diese Sagen waren seit dem Erfolg von Marion Zimmer Bradleys "Die Nebel von Avalon" recht angesagt; im Buch bzw. in der Verfilmung wurde aus Sicht der weiblichen Personen erzählt – was wiederum zu Zed Yago bzw. Velvet Viper passt. Klassikstück ist dieses Mal Wagners "Parsifal".
Das einzige, was inhaltlich wie ein Fremdkörper wirkt ist "Brainsuckers: Thommyknockers", das auf dem Roman von Stephen King basiert. Von solchen kleinen Kritikpunkten abgesehen eine starke Veröffentlichung, der zwar (verständlicherweise) das Neue und der frische Wind von "From Over Yonder" fehlt, die dennoch mit reifen Songwriting überzeugen kann, deswegen finde ich beide Werke wirklich gelungen und empfehlenswert.
"The 4th Quest For Fantasy" (1992) konnte da nicht mehr mithalten. Nicht nur, dass das Cover in meinen Augen ziemlich hässlich ist, auch sind die Tracks irgendwie nicht so packend ausgefallen. Thematisch geht es um Amazonen und Walküren, daher das Intro "The Valkyrie".
Irgendwie hatte (und habe) ich das Gefühl, da war ein wenig die Luft raus. Von daher war ich nicht verwundert, dass danach keine weitere Velvet Viper-CD folgte. Jutta Weinhold ist bis heute musikalisch aktiv in verschiedenen Varianten (rockig, akustisch) und unter verschieden Bezeichnungen wie Jutta Weinhold Band u.a.
Zed Yago/Velvet Viper hat sie dennoch nie vergessen, auch wenn deren Geschichte damals nicht weitererzählt wurde, aus meiner – und vermutlich nicht nur meiner – (möglichweise subjektiven) Sicht erstreckte sie sich genau auf die vier genannten Werke. Dennoch ist nicht endgültig Schluss und Jutta greift die Thematik zwischendurch manchmal auf, z.B. auf "From Heaven Through The World To Hell" (unter dem Namen Weinhold veröffentlicht).
Es gibt immer wieder Live-Auftritte (z.B. bei Metal-Festivals), bei denen die alten Songs gespielt werden und einige Fans von damals begeistern, wie ich selbst beim Metal Assault III erleben durfte. Die Legende der Tochter des fliegenden Holländers lebt in der Erinnerung, auf Tonträger und sogar bei Konzerten weiter…
Line-up Zed Yago auf "From Over Yonder" + "Pilgrimage"
Jimmy (guitars)
Bubi (drums)
Gunnar (guitars)
Tatch (bass)
Jutta (vocals)
Line-up "Velvet Viper"
Jutta Weinhold (vocals)
Lars Ratz (bass)
Peter Szigeti (guitars)
David Moore (guitars
Franco G. Zuccaroli (drums)
Line-up "The 4th Quest For Fantasy"
Jutta Weinhold (vocals)
Lars Ratz (bass)
Bubi The Schmied (drums)
Roy Last (guitars)
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