Eigentlich war es nicht geplant, dieses Konzert der sogenannten Supergroup Zzebra in Bremen, in der Postaula, damals 1975 im Oktober. Auftreten sollte John Jackson, von dem ich annehme, dass der amerikanische Blueser gemeint ist. Somit waren sicherlich überwiegend Bluesfreunde in der Postaula, die allerdings mit dem afroangehauchten Jazz Rock mehr als gut zurecht kamen und sicherlich auch Fans wurden.
Das von Radio Bremen mitgeschnittene Konzert soll laut Dave Quincey wahrscheinlich die letzte Aufnahme der britischen Band vor ihrer Auflösung sein und erfährt durch vorliegende CD die erste Veröffentlichung. Über diese (leider) kurzfristige Konstellation von Musikern haben wir bereits im Review zu ihrer ersten, gleichnamigen, Platte gesprochen. Diesem Debüt aus dem Jahr 1974 folgte ein Jahr später mit "Panic" das zweite und auch letzte Album. Material für ein drittes soll 1999 unter dem Namen "Take It Or Leave It" veröffentlicht worden sein und dann wäre da noch ein viertes mit dem Namen "Lost World" (halb Studio, halb live) – die Informationen im Web sind aber sehr spärlich und offiziell gilt "Panic" als das letzte Album. Wie auch immer, das soll an dieser Stelle nicht groß interessieren und verfolgt werden.
Die Show am 20. Oktober vor 48 Jahren in Bremen kam an, wie man am Applaus zwischen den Tracks hören kann und was die Musik betrifft, hat MIG keinen Fehler gemacht, diese starke Mischung aus Gebläse, Rhythmus und Gesang im Jazz Rock-Gewand zu veröffentlichen. Ich finde die Auswahl der dargebotenen Stücke etwas weniger 'Afro', als mir das seinerzeit beim Debüt vorkam. Wie man an dem damaligen und dem vorliegenden Line-up sehen kann, gab es zwei Band-Konstellationen. Laissi Amao ist aber auch hier mit an Bord und ihm wird der Afro-Einfluss zugerechnet, da er doch von Osibisa kommt.
Überhaupt finden sich gute Namen in den Viten der beiden Bandbesetzungen: Ich nenne neben Osibisa jetzt auch Juicy Lucy, If, Love Affair oder Riff Raff. Diese 'Eltern' waren wohl der Grund, wieso man von einer Supergroup sprach und spricht. Bemerkenswert finde ich im 1974er Line-up, dass August Eadon aka Gus Yeadon von Love Affair ("Everlasting Love", sag ich mal …) mit an Bord war. Dessen Heimathafen würde man sicherlich nicht in den Gewässern vermuten, in denen das Jazz-, Prog- & Rock-Schiff Zzebra umher schippert.
Nebenbei bemerkt: Wenn man sich die Mühe macht und nachschaut, ob es weitere Stationen der Zzebra-Musiker gibt, gleicht das einem Fass ohne Boden. Alleine bei Tommy Eyre finden sich auf Wiki Leute wie Joe Cocker, John Martyn, Gary Moore, Alex Harvey, Greg Lake, John Mayall, B.B. King, Ian Gillan, Gerry Rafferty, Michael Schenker, Aynsley Dunbar, Tracy Chapman oder aber auch Wham!.
Aber manchmal ist es nicht der Musiker, der verwundert (obwohl, es gibt genügend Beispiele die zeigen, dass die musikalische Braut, mit der man sich in der Öffentlichkeit zeigt, nicht identisch mit der heißen Freundin sein muss, die man vor den Augen und Ohren anderer versteckt), sondern der Song. "You’ve Lost That Loving Feeling" von den Righteous Brothers ist so ein Stück, das zwar auch von einem Long John Baldry gecovert wurde, aber der macht ja schließlich ebenfalls keinen Jazz Rock. Erstaunlich ist auf jeden Fall, wie Zzebra aus diesem Schmuser ein so tolles Jazzstück generieren konnte, ohne den ursprünglichen Geist und die Harmonie auch nur ansatzweise zu verlieren; gefühlvolles Saxofonspiel und ein Gitarrensolo vom Allerfeinsten begeistern einfach nur.
Die Färbungen der unterschiedlichen Saxofone gefällt und erinnert beim "Poverty Song" im Zusammenspiel mit den anderen Elementen der Komposition etwas an Blood, Sweat & Tears sowie die alten Chicago. Hier und auch bei "Llamo" sorgt das Gitarrenspiel für begeisternde Aufmerksamkeit. Bei letztgenanntem Track weckt dieses starke, aber unaufdringliche Saitenspiel gar Assoziationen an Santana, während der Gesang leichte Exotik verströmt. Überhaupt ist der Gesang mit eine der Stärken der Band. Neben Alan haben auch Laissi und Tommy ein Mikro und mehr als einmal sind alle drei zusammen zu hören.
"Society" startet proggig und driftet nach ein paar 'perkussiven Geräuschen' in eine brodelnde Rhythmus-Suppe. Der stark unter Dampf stehende Topf wird mit Tasten und prägendem Gesang gewürzt. Natürlich darf auch der Sechssaiter aufblitzen. "Hungry Horse" hat 17 Minuten Zeit, um aus dem Vollen zu schöpfen und so wird erst mal anständig improvisiert, Gitarre, Keys sowie der Synthesizer schwingen, klappern, schwirren und hämmern durch das Gelände. Dann explodiert das Geschehen, die Jazz Rock-Maschine nimmt Fahrt auf und auch die Rhythmusfraktion gibt anständig Gas und irgendwo tullt eine Flöte in der Szenerie.
Dieses Livealbum brodelt und wenn man sagt, es ist ein rhythmisches Jazz Rock-Monster, liegt man sicherlich nicht falsch. Einfach mal "Mr. J" anspielen, das starke Bass- und Drumspiel in "No Point" genießen, oder das schäumende "Panic" mit dem Hammer-Gebläse abfeiern. Ich glaube in der Postaula, damals vor fast 50(!) Jahren, muss die Post abgegangen sein.
Line-up Zzebra:
Alan Marshall (vocals)
Laissi Amao (saxophone, vocals, percussion)
Dave Quincey (saxophone. flute)
Steve Byrd (guitar)
Tommy Eyre (organ, piano, keyboards, synthesizer, vocals)
John McCoy (bass)
Liam Genockey (drums)
Tracklist "Hungry Horse (Live In Germany 1975)":
- Panic (5:42)
- Mr. J (4:47)
- No Point (5:41)
- You’ve Lost That Loving Feeling (6:19)
- Poverty Song (5:10)
- Llamo (6:32)
- Society (7:33)
- Hungry Horse 16:59)
Gesamtspielzeit: 58:43, Erscheinungsjahr: 2023 (1975)
2 Kommentare
Ulli Heiser
28. November 2023 um 10:38 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Das klingt dann ja mal gut 🙂
Manni
27. November 2023 um 19:30 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Na sowas, Ulli.
Ich hab hier die von dir angesprochene "Lost World" – 2001 erschienen, aber 1975 aufgenommen und teilweise Live.
Zzebra Lost World bei Discogs