Als Isabell Scott am 9. Juli 1946 ihren Sohn Ronald Belford zur Welt bringt, kann niemand ahnen, auch Vater Charles nicht, dass ihr männlicher Nachwuchs als einer der bekanntesten Rock'n'Roll-Sänger des 20. Jahrhunderts in die Geschichte eingehen wird.
Die ersten sechs Lebensjahre verbringt Ronald mit seinen Eltern in Kirriemuir, einem schottischen Städtchen nördlich von Dundee, ehe die Familie nach Australien auswandert. Zunächst versuchen sie in Melbourne ihr Glück, um 1956 nach Fremantle zu ziehen und dort Fuß zu fassen.
Ronald, der bereits mit fünfzehn die Schule verlässt und sich anschließend mit Gelegenheitsjobs als Kraftfahrer, Postbote, Krabbenfischer oder als Barkeeper über Wasser hält, erkennt bereits in der Schulzeit seine musikalische Begabung. In den Jahren 58-63 gehört er schon zu den besten Junioren an der Marschtrommel. Was liegt näher, als gleichzeitig das Schlagzeugspiel zu erlernen? Außerdem tritt er mit seinem Vater dem Dudelsackzug von Fremantle bei. Im November 1962 haben sie bei der Eröffnungsfeier der Empire-Sportwettkämpfe in Perth ihren ersten gemeinsamen Auftritt.
Da es in seiner Schulklasse ständig Verwechslungen zwischen ihm und einem gewissen Ron gibt, entschließt sich Ronald, den Spitznamen Bon zuzulegen und schon ist sein später sehr berühmter Name, Bon Scott, geboren.
1964 hat er mit The Spektors seinen ersten öffentlichen Auftritt. Auf der Bühne wechselt Bon zwischen Schlagzeug und Gesang. Der Zeitzeuge Dennis James erinnert sich: »Bon war der Drummer, aber ich sehe noch, wie er vorn am Bühnenrand herumsprang und "You Really Got Me" von den Kinks sang. Schon damals merkten die Fans, dass er einzigartig war.«
1967 wechselt er zu den The Valentines und zieht mit der Band wieder nach Melbourne. Dort agiert er als Co-Leadsänger und kann erste Chart-Erfolge feiern. Für die heutige Zeit fast unfassbar: Zeitweise spielt die Band bis zu vier (!) Konzerte an einem Samstagabend, die in direkter Nähe voneinander stattfinden! 1968 entschließt sich die Band zu einem Imagewechsel. Gegen alle musikalischen Vorsätze von Bon spielt er urplötzlich in einer reinen Pop-Band, die auch noch hauptsächlich Coverversionen präsentiert. Da Tattoos damals gesellschaftlich geächtet sind, zwingt man Bon seine zahlreichen Tätowierungen mit Make-up zu kaschieren! Zudem sind nun Glitzeroveralls angesagt, in die er sich zwängen muss. Wer daher den Eindruck bekommt, mit Bon einen 'Warmduscher' vor sich zu haben, der kann sein blaues Wunder erleben.
Auszüge aus einem Zitat eines weiteren Zeitzeugen, von Wyn Milson: »Er war ziemlich hart drauf. Ich habe Situationen erlebt, in denen er von anderen angemacht oder bedroht wurde. Jedes Mal ging er dazwischen und wollte den Streithähnen eins aufs Maul geben. Es war nicht so, dass er von sich aus Streit suchte. Aber wenn ihm jemand dumm kam, nahm er die Situation dankend an. Wenn du sein Freund warst, dann für alle Ewigkeit, egal, was passierte!«
Noel Jefferson, der viel mit Valentines zu tun hatte: »Bon wirkte auf mich wie ein harter Kerl, der einen weichen Kern hatte. Ich habe nie erlebt, dass er bei einer Schlägerei besiegt wurde. Er war sehr schnell mit seiner Linken und konnte heftig zuschlagen. Er prügelte sich ständig mit Leuten, die größer waren als er.«
Oder Billy Thorpe: »Bon war ein verdammter Irrer. Kleine Männer leiden alle am Kleine-Männer-Komplex. Die haben alle diese Macke: Was hast du Wichser gerade gesagt? Was guckst du mich so blöde an? Bon ließ sich nichts gefallen und haute gnadenlos dazwischen. Er war ein guter Kerl auf den man sich verlassen konnte.«
Ob sich 1971 ein großer Zufall ereignet oder höhere Mächte ihre Finger im Spiel hatten, niemand weiß es zu deuten. Aber schon irgendwie eigenartig, dass Valentines in diesem Jahr ein Konzert mit Geordie spielt, der Band seines späteren Nachfolgers bei AC/DC, Brian Johnson.
Kurze Zeit später findet sich Bon bei Fraternity wieder. Im April 1971 darf er mit der Band Deep Purple, Free und Manfred Man supporten. 1974 ist es dann soweit, Bon Scott hat seinen ersten Kontakt mit AC/DC. Angus Yong erinnert sich: »Wir trafen uns in einem kleinen Studio. Bon setzte sich gleich ans Schlagzeug und meinte: "Ich bin Schlagzeuger! Ich habe als Rockschlagzeuger angefangen!" Wir meinten: "Hey Bon, wir haben schon einen Drummer! Wir brauchen einen guten Sänger!« Letztlich einigt man sich darauf, dass Scott am Mikro am besten aufgehoben ist. Das Schicksal nimmt seinen Lauf und AC/DC ist nicht mehr aufzuhalten! So entstehen in der Bon Scott-Ära von 74-80 solch bekannte Songs wie "The Jack", "Bad Boy Boogie", "High Voltage", "Highway To Hell", "Jailbreakers", "T'N'T" oder "Whole Lotta Rosie", um nur einige zu nennen, die auch heute noch immer wieder gern gehört werden. Obwohl Scott durch zahlreiche Alkoholexzesse 'glänzt', schnelle Autos liebt und dem weiblichen Geschlecht, das häufig versucht ein sexuelles Erlebnis mit dem extrovertierten Sänger zu erleben, selten abgeneigt ist, stellt er AC/DC über alles. So kommentiert er die Trennung von seiner Frau Irene Thornton im RAM am 19. April 1975: »Mir war die Band wichtiger als meine Schnecke. Also bin ich bei denen eingestiegen und habe sie sitzen lassen«.
Bons Schicksal scheint schon beschlossene Sache zu sein, als ihm 1977 eine Tarotkartenlegerin die Zukunft voraus sagt. Dazu Malcolm Francis Zegut von Radio RTL im Oktober 1997: »Er hat sich die Karten legen lassen und ihm wurde vorhergesagt, dass er eine Blondine kennenlernen würde, von der er sich scheiden ließe, um dann eine Dunkelhaarige zu treffen und ein kurzes Leben zu haben.« Am 19. Februar 1980 tritt die Prophezeiung ein. Bon Scott stirbt auf dem Beifahrersitz seines Saufkumpanen Alister Kinnear, einem Renault 5. Seither gibt es tausend Theorien über sein Ableben. Am Wahrscheinlichsten gilt die These, dass er an seinem Erbrochenen erstickt ist. Die Nachricht von Bons Tod schlägt weltweit hohe Wellen! Die Band kann es ebenfalls einfach nicht fassen!
Angus Young, der ihn ein paar Tage vor seinem Tod das letzte Mal im Studio an den Drums gesehen hat: »Als ich ihn zum ersten Mal sah, und auch, als wir uns das letzte Mal begegneten, spielte er das Instrument, das er liebte. Ich glaube, rund um Bons Tod begann sich alles für mich zu ändern.«
Dem Journalisten Stephen Blush erzählte er: »Bon stand mir sehr nahe. Mir wurde plötzlich klar, wie schnell das Leben vorbei sein kann.«
Peter Wells weiß zu berichten: »1975 sprang er total besoffen wegen einer verlorenen Wette vom Balkon des zweiten Stockwerks eines Hotels in den verdammten Pool! Es hat mich umgehauen. Er probierte einfach alles aus. Damals kam man für so was noch in den Knast! Viele Anekdoten, die über ihn im Umlauf sind, stimmen. Und es gibt sicher welche, die man gar nicht erzählen kann, die noch verrückter sind! Und die stimmen wahrscheinlich auch.«
Am 27. Januar 1980 findet im englischen Southampton Bons letzter Live-Auftritt mit AC/DC statt. Es folgt noch ein TV-Auftritt am 9. Februar 1980 in Madrid. Bons Leichnam wird am 28. Februar 1980 nach Australien überführt und einen Tag später verbrannt. Seine Asche wird im Memorial Garden des Fremantle Cemetery in der Nähe von Perth in aller Stille beigesetzt.
Nun sind bereits drei Jahrzehnte vergangen und es scheint, dass Bon Scott auf immer unvergessen bleiben wird. So wie andere musikalischen Größen, wie Jimi Hendrix, John Bonham oder Elvis Presley, um nur einige zu nennen. Um sich einen genauen Über- und Einblick übers Bons kurzes Leben zu verschaffen, empfehle ich folgende Biografie Maxium Rock'n'Roll aus der fast alle oben genannten Zitate stammen. Für mich die beste deutschsprachige Nachlese über AC/DC und Bon Scott. Und wer sich für bewegte Bilder interessiert, dem muss ich unbedingt Live At The Hippodrome verordnen! Ein in Bild und Ton gehaltenes, wertvolles und sehr aussagekräftiges Zeitdokument.
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