Man hat einen Sechser im Lotto und weiß nicht mehr ganz genau, ob man den Schein abgegeben hat. So hatte ich mich im September und Oktober gefühlt, als ich am Wettbewerb 'Flieg mit AC/DC nach New York' von Radio Energy teilnahm. Hier galt es zu beweisen, dass man der verrückteste AC/DC-Fan ist, und so beschloss ich einen Clip von meinem Kumpel Ralle, der das perfekte Angus-Double darstellt, bei dem Sender hoch zu laden. Die Zeit verging schnell, und kurz vor unserem RockTimes-Treffen erfuhr ich, dass ich es bis zur letzten Runde geschafft hatte, allerdings ohne Gewinngarantie. Ich war dem Verzweifeln sehr nah und wollte die Sache schon abhaken, da kam am 22.10. doch noch der erlösende Anruf, in dem mir mitgeteilt wurde, dass ich dabei bin!
Noch ehe ich mich versah, saß ich am Samstag, 25.10. im Flieger von Berlin-Tegel nach New York und malte mir die dollsten Sachen aus. So träumte ich von einem gemeinsamen Kaffeeklatsch mit Angus, bis mich die Stewardess unsanft weckte und nach meiner Getränkeauswahl fragte.
Nach fast 10-stündigem Wundsitzen konnte man die ersten Häuser New Yorks erkennen und die Landung stand kurz bevor. Optimal, dass ich Simone mit ihrem Bruder Georg und Sabine samt Ehemann Harald kennen lernte, so dass wir uns gemeinsam in einem Großraumtaxi ins Marriot Marquis chauffieren lassen konnten. Die bescheidene Hütte hatte gerade mal 48 Etagen, ca.15 Fahrstühle und unzählige Zimmer, die mit allen Extras ausgestattet waren. Auch die Lounge wirkte nicht gerade AC/DC-Fan tauglich, und die 'Urlauber' schienen reichlich Schotter in den Taschen zu haben, um sich diverse Cocktails hinter die Kiemen zu kippen.
Energys Programmdirektor Stefan empfing mich gegen 21.00 Uhr Ortszeit. Bei einigen Pilsetten tauschten wir uns rege aus und warteten gemeinsam auf die restlichen vier Gewinner des renommierten Radiosenders. Nach der dritten Tasse Bier wurden meine Augen immer schwerer und ich signalisierte Stefan, dass für mich die Zeit des Erholens gekommen war. »Kein Problem«, meinte Stefan und zeigte gleichzeitig in die nördliche Richtung, wo die Anderen gerade auf uns zu steuerten. Es wurde eine sehr kurze Nacht…!
Am Sonntag sollten wir gegen 14.45 Uhr mit Bussen vom Hotel zum unbekannten Veranstaltungsort gefahren werden. Was also bis dato tun? Stefan, der schon zweimal in New York weilte, bot sich als Fremdenführer an. So beschlossen wir Gewinner, AC/DC-Experte Patrik, Junior Schorsch, die einzige Frau Margit und Kettenraucher Hannes sich ihm anzuschließen! Während des sonntäglichen Spaziergangs ließ ich New York auf mich einwirken und war begeistert von Häusern, Menschen, Taxis, Polizisten, Restaurants und meinen Mitstreitern! Die Mischung der Energy-Preisträger stimmte und der Zusammenhalt festigte sich noch bei einem gemeinsamen Besuch des berühmten Empire State Buildings. Natürlich stammte die Idee von Stefan, er ließ auch gar keine Bedenken aufkommen und erklärte uns lapidar »Das muss man einfach mitgemacht haben!«. Doch unser 'Reiseleiter' hatte die langen Wartezeiten unterschätzt. Nach guten 2,5 Std. hatten wir jeder schnell ein paar Fotos geschossen und mussten nun im Großstadtdschungel im schnellstmöglichen Slalomlauf ins Hotel sprinten.
Ziemlich abgehetzt trafen wir uns Minuten später am Bus, um uns mit allen weltweiten Gewinnern zum Konzert kutschieren zu lassen. Während wir alle ein wenig dösten, pflegte Patrik seine Kontakte mit den ausländischen Fans. Im Halbschlaf bekam ich mit, dass er die Band gut kennt und anders herum genauso. So ist er auf fast jedem Booklet von AD/DC zu erkennen und scheut weder Geld noch Zeit, um möglichst oft und überall dabei zu sein! Hätte es nur einen Gewinner gegeben, wäre wahrscheinlich nur er in Frage gekommen. Doch das Zufallsprinzip von Energy gab auch uns restlichen Vieren die Möglichkeit dabei zu sein!
Ahh! Die Wachovia Arena in Wilkes-Barre war der denkwürdige Ort, an dem die Fans der Generalprobe umsonst beiwohnen durften. Zunächst hieß es aber, in eisiger Kälte warten bis uns endlich der Eintritt gewährt wurde. Während ich ein Bibbern und Jammern von Stefan vernahm, hielt Schorsch in Angus-Uniform (ohne Jacke!) tapfer durch, und um 18.45 Uhr betraten wir die Location, die die ungefähre Größe der neuen O2-Arena in Berlin hat. War der Schuppen an sich schon sehr beeindruckend, konnte ich unser Glück gar nicht fassen! In der 7. Reihe und 3 Meter vom mittleren Laufsteg entfernt waren unsere Plätze! Perfekt! Besser ging es wirklich nicht! Beim Rundumblicken entdeckte ich ca. zweihundert Hardliner, die sich alle als Angus verkleidet hatten. Ich konnte in Erfahrung bringen, dass es ca. 3000 Fans aus aller Welt geschafft hatten, bei diversen Wettbewerben den New York Trip inklusive Gig zu gewinnen.
Es entwickelte sich eine sehr angenehme Atmosphäre. Die Fans lagen sich in den Armen, unterhielten sich, tauschten Fanartikel, gaben ihre Kontaktdaten preis und warteten auf den Anfang des Gigs. Ich ließ die Stimmung auf mich einwirken, als urplötzlich die Hauptbeleuchtung abgeschaltet wurde und ein Comicfilm den "Rock'n'Roll Train" einfahren ließ. Ich genoss den Eröffnungstrack in vollen Zügen, blieb vor Begeisterung wie versteinert stehen und nahm, trotz zahlreich anwesender Securityleute, den Song komplett auf. Dieser hat nun bei YouTube in nur einer Woche zahlreiche Auszeichnungen erhalten! Es war einfach fantastisch! Die Band, seit fast 35 Jahren im Business, ließ aber keine Zweifel aufkommen, dass sie wieder voll da ist! Die Beschallung war perfekt abgestimmt, ziemlich laut, aber nie übertönt. In mir spielten meine Glückshormone verrückt, hatte ich die Band in ihren Anfängen und speziell in den 80ern recht oft gesehen, so lag mein letztes Live-Erlebnis schon einige Jahre hinter mir. Nun, etliche Jahre später zählte ich zu den Auserwählten und einige Rempler meiner Nebenleute bestätigten mir, ich war tatsächlich dabei! Angus nutzte erwartungsgemäß seinen Freiraum, um mit seiner kabellosen Gibson über die Bühne zu fegen, während Brian Johnson sich schon recht früh des mittleren Laufsteges bediente, der ihm direkt den Weg zu den Fans bahnte.
Nach "Hell Ain't A Bad Place To Be", "Back In Black" und "Dirty Deeds" wurde den Fans "Thunderstruck" um die Ohren geblasen und die Meute brüllte fleißig den Refrain "Thunder".
Ich freute mich innerlich dermaßen, dass ich unbemerkt die eine oder andere Freudenträne vergoss. Erst recht als die "Hells Bells"-Glocke von der Decke heruntergelassen wurde und Brian sich wie Tarzan an der großen Schlaufe hin und her hangelte. Ein Showelement, das man allerdings schon von früher her kannte. "You Shook Me All Night Long" war genau der richtige Heißmacher für "TNT", auch hier wurde der Song von den Fans lautstark mitgeträllert. Nun folgte der nächste aktuelle Song des gleichnamigen neuen Albums "Black Ice". Nicht schlecht meine Herren, doch was dann folgte, sprengte den Rahmen! Die übergroße neue Rosie wurde aufgeblasen und schien sich in voller Montur auf der Lok zu platzieren. In der Tat hatte man bei "Whole Lotta Rosie" das Gefühl, dass die schwergewichtige Dame einen überrollen würde!
AC/DC und ihr Management hatten bei den Showelementen wirklich nicht gekleckert, sondern präsentierten eine einmalige Show. Bandboss Malcolm spielte wieder eine glänzende Rhytmusklampfe und Phill Rudd beackerte routiniert sein Kraftwerk. Ich fragte mich, wann Angus uns den Strip vorführen würde? Hier gab es für mich den einzigen Makel, denn es gab keinen! Bei "Let There Be Rock" entledigte er sich schnell seiner Oberbekleidung und zwar so schnell, dass er vor den Fans nicht mal seine Hosen runter ließ! Das hatte ich in der Vergangenheit schon wesentlich besser gesehen! Letztlich aber nur ein kleiner Schwachpunkt, denn Angus sprintete nun in gewohnter Manier den Laufsteg entlang, um sich an dessen Ende auf einer runden Bühne hochfahren zu lassen.
Folgend ließ er sich im Scheinwerferlicht auf den Rücken fallen, um seinen Brummkreisel zu demonstrieren. Wieder auf dem Boden angekommen spurtete er zur Bühne, um dort ein Podest zu erklimmen. Von dort aus zelebrierte er seine typischen Gitarrenspektakel und heizte die Fangemeinde auf seiner Gibson so richtig an! Dazu konnte man auf den beiden Großleinwänden seine unnachahmlichen Grimassen bestaunen, bis er wieder auf dem Hauptpodest angelangt war, um nach einigen unkontrollierten Sprinteinlagen zu seinem Finalsprung anzusetzen. Klasse! Man merkte ihm in diesem Augenblick seine 53 Lebensjahre, vielleicht bis auf sein spärlich gewordenes Haar, nicht an! Eine kurze Pause wurde nur dazu genutzt, um die Band wieder auf die Bühne zu brüllen.
Die Zugaben fingen mit "Highway To Hell" an, hier rutschten Angus seine Hörner auf die Nasenwurzel und versperrten ihm die Sicht. Bei der Aktion sein Outfit wieder herzurichten, verpasste er einmal seinen Einsatz. Egal, es war halt live und man hatte den Eindruck, hier was Besonderes erlebt zu haben. Zum Schluss gab es noch "For Those About To Rock" auf die Lauschlappen, untermalt mit reichlich krachenden Böllern aus den auf der Bühne platzierten Kanonen. Ich hatte das Gefühl, dass die Geschosse direkt in der Magengrube landeten. Nach 80 Minuten war Feierabend. Für manchen war es etwas zu kurz, doch handelte es sich hierbei um eine kostenlose Generalprobe, nur für die AC/DC-Hardliner! Deshalb war für mich die Spielzeit völlig okay. Den Fans wurde wieder einmal bestätigt, dass die Band ihrer Linie treu geblieben ist. Einfache, bekannte Riffs, die man durchaus auch aus anderen Songs der Vergangenheit kannte, gepaart mit dem üblichen knallharten Sound, Angus' Soli mit messerscharfem Schreddern seiner Gibson SG, einer gigantischen Bühnenshow, bei der die beiden Frontmänner klar im Mittelpunkt standen, waren herausragende Merkmale eines unvergesslichen Rockabends! Für mich spielte es keine Rolle, auszulotsen ob es früher bessere Gigs gab. Sicher, die Jungs kommen so langsam in die Jahre, doch an AC/DC führt auch in Zukunft kein Weg vorbei!
Auf der Rückfahrt wurde die nächst beste Tanke geplündert, und so wanderten reichlich 6-Packs in den Bus, um die Laune auf Höchsttemperatur zu halten. Am nächsten Tag wurden vor dem Heimatflug noch die restlichen Dollars in Souvenirs investiert, um die Angehörigen zu trösten, die nicht dabei sein konnten. Bei YouTube habe ich ein Reisetagebuch von ca. 7 Minuten über den New York-Trip inkl. Ausschnitten vom Gig hochgeladen!
Zu Beruhigung für die Fans, die sich mit Karten für die anstehende Tournee eingedeckt haben, möchte ich noch anmerken, dass die Setliste um fünf bis sieben Songs erweitert wird. Unter anderem kommen noch "The Jack" und "Bad Boy Boogie" dazu! Somit ist also mit einer Spielzeit von gut zwei Stunden zu rechnen.
Line-up:
Angus Young (lead guitar)
Malcolm Young (rhythm guitar & background vocals)
Brian Johnson (vocals)
Cliff Williams (bass & background vocals)
Phill Rudd (drums)
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