Achilles Wheel / Stones To Sand
Stones To Sand Spielzeit: 72:26
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2014
Stil: Jam Rock


Review vom 01.11.2014


Ulli Heiser
Ohne Vorwarnung bricht der Jam aus den Speakern. Ohne Vorwarnung ertönt die Allmans-Gitarre mit glückshormonausschütternder Spielweise, und ohne Vorwarnung nistet sich der Gesang in den Ohren ein. Achilles Wheel sind wieder da. Diese Band, die mit 13 Hours gleich auf Anhieb begeisterte.
Ich hatte seinerzeit überlegt, "13 Hours" die Tippgrafik zu verleihen. Da bin ich aber vorsichtig, weil die Vergabe aus erster Euphorie heraus leicht zu inflationärem Einsatz verführt. "Stones To Sand" beweist aber, dass hier keine Eintagsfliege durch den Äther fliegt und ich somit keine Bedenken mehr haben muss. Achilles Wheel haben aber auch ein enormes Potential am Start. Die Kalifornier sind auch schon mal in den Clubs unterwegs und spielen Grateful Dead-Songs. Dafür muss man einfach das richtige Händchen haben, denn die Deadheads sind äußerst kritische Zeitgenossen, wenn jemand die heiligen Hymnen intoniert. Achilles Wheel haben das Potential, denn mit Paul Kamm und Jonny 'Mojo' Flores sind zwei Meister an der Gitarre im Ring, die wissen, wie man mit zwölf Saiten diese typischen Jam-Licks und Rhythmen punktgenau platziert. Beide ergänzen sich blind und es gibt nicht eine Passage, bei der einer der Gitarristen den anderen ausstechen will.
Das lässt allerdings auch das Songwriting nicht zu. Alle Stücke stammen von der Band, die dermaßen organisch agiert, dass es fast schon beängstigend wirkt. Beängstigend deswegen, weil man ob der Qualität des Gehörten fast schon auf einen Fehler wartet. Aber die Musiker machen keinen. Die Truppe wirkt wie aus einem Guss, jeder weiß, was der andere gerade macht und wie darauf geantwortet werden muss. Auch musikalisch wird nicht auf der Stelle getreten. Ob da "From The Fire" im lateinamerikanischen Gewand und in warmen Molltönen groovt, ob die Gospel/Blues-Nummer "Feal My Soul" mit herrlichem Gesangsintro von Eleonore MacDonald.
Gesang, da sind wir beim zweiten Pfund, mit dem die Band enorm wuchern kann. Dem folkig rockenden Jam-Charakter, der über den meisten Songs liegt, wird stimmlich die Krone aufgesetzt. Wer meint, Bands wie die Eagles oder CSN&Y beherrschen es, mehrstimmig die Glocken läuten zu lassen, hat natürlich recht. Aber dann bitte einmal "Village Foliage" und "We Dreamed Of Flying Cars" anhören. Gepaart mit einem Refrain für die Ewigkeit ist besonders "We Dreamed Of Flying Cars" eine Offenbarung. Der Beginn des Tracks schwappt wie eine schlammige Welle aus den Sümpfen tief im Süden und bricht sich dann am mehrstimmigen Gesang.
Gerade auch an diesem Stück wird ein weiteres Herausstechungsmerkmal von Achilles Wheel so richtig spürbar. Die Band hat nämlich auch zwei Drummer und die sorgen mit dem Basser (der die beiden Gitarristen auch schon mal mit der Slide verstärkt) für einen permanent quirligen Rhythmus. Wieso diese Jungs noch eher lokal bekannt sind, weiß ich nicht. An der Qualität kann es nicht liegen, denn die ist mehr als zertifiziert. Wenn in "Village Foliage" eine ABB-Gitarre und ein Jerry-Pendant miteinander 'reden', dann wird das Batikshirt feucht.
Natürlich muss, wenn alles stimmt und keine Schwächen auszumachen sind, auch das Drumherum stimmen. Und auch das stimmt, denn das Artwork von Gastsängerin Criesta Jerray (da passt sogar der Nachname irgendwie) ist genau so, wie es zu dieser Musik passt. Mehr Kunst von der Frau ist auf deren Facebookseite zu sehen.
Der große, allesumspannende Mantel des Jam Rock wird von Achilles Wheel wie ein Maßanzug getragen. Ob Deltaanleihen, Gospel, Country Rockabilly, Country Folk usw. - alles verschmilzt zu einer Einheit, die die Fans in Kalifornien begeistert. Auch in der Dead-Szene und deren Showseiten findet sich die Band. Dank Hemifrån und dessen rührigem Chef Peter Holmstedt ist die Saat nun auch in Europa gestreut. Getreu dem Motto des musikbegeisterten Schweden »Gut Music For All People« kann ich nur sagen, Achilles Wheel machen »Gut Music« und wenn ein Teil der »All People« sich davon überzeugt, wäre es doch gelacht, diese Band nicht auch einmal über den großen Teich zu locken.
Line-up:
Paul Kamm (vocals, guitars)
Jonny 'Mojo' Flores (vocals, guitars, mandolin, harmonica)
Shelby Snow (vocals, bass, lap steel guitar)
Gary Campus (drums, percussion)
Mark McCartney (drums, vocals, percussion, luggage)

Eleonore MacDonald (additional vocals - #3)
Kimberly Bass (additional vocals - #3)
Leslie McCartney (additional vocals - #3)
Criesta Jerray (additional vocals - #3)
Heather Dolan (additional vocals - #3)
Chad Connor Crowe (washboard - #9)
Tracklist
01:The Truth Is What You Know (4:32)
02:From The Fire (4:22)
03:Feal My Soul (6:44)
04:Let The Dream Begin (5:12)
05:We Dreamed Of Flying Cars (4:14)
06:She'll Wait [Until The Time Is Right] (6:13)
07:Everybody Gets The Blues Sometime (3:48)
08:Nobody Drinks If The Bottle's Dry (5:03)
09:Let's Stay Together (4:55)
10:Village Foliage (4:51)
11:Celebrate Today (4:38)
12:Seventh Ocean (4:55)
13:Stones To Sand (7:15)
14:Hallelujah One More Time (5:42)
Externe Links: