All Ends / Same
All Ends Spielzeit: 50:45 (CD), 40:00 (DVD)
Medium: CD & DVD
Label: GUN Records, 2008
Stil: Modern Metal

Review vom 12.10.2008


Moritz Alves
All Ends heißen die schwedischen Durchstarter um das Frontsirenen-Duo Emma Gelotte und Tinna Karlsdotter. Beheimatet in der nordischen Metal-Hauptstadt schlechthin, Göteborg, legt das Quintett jetzt sein selbstbetiteltes Debütalbum vor, das neben den 15 regulären Albumtracks auch mit einer Bonus-DVD aufwartet.
Musikalisch hat man es hier mit modernem Metal zu tun, der gerne und häufig in Richtung radiotauglichem Pop-Rock schielt. Würde man die fetten Gitarrenbreitseiten rausnehmen, gestaltete man das Drumming und Refrain-Gesänge etwas moderater, hätte man hier eine astreine, hochwertige Pop-Scheibe vorliegen, die sich sicherlich breiter Beliebtheit erfreuen würde.
So aber hat man es mit Musik zu tun, die irgendwie nirgends so richtig hinpassen will. Ist das noch Metal oder doch schon Pop? Sollte man den Kompromiss eingehen, und All Ends als 'Modern Pop Metal' abstempeln? Lieber nicht, denn das würde den einen oder anderen Hair-Metaller vielleicht auf die falsche Fährte führen (Hair Metal wurde in den 1980ern auch gern als 'Pop Metal' bezeichnet). Wobei aber auch Anhänger von Sleaze und Glam ihren Spaß an den Schweden haben werden. Denn irgendwie haben es All Ends geschafft, hier ein verdammt massentaugliches Album aufzunehmen, an dem jeder x-beliebige Metaller, aber auch jeder Mainstream-Hörer irgendetwas finden wird. Somit könnte man also auch die Bezeichnung 'Mainstream Metal' wählen. Herrje, der Fünfer macht es einem schon nicht einfach. Vielleicht lieber gleich 'Modern Mainstream Metal'? Verdammtes Schubladendenken...
Welchen Namen man dem Kind letztendlich auch gibt, es sollte deutlich geworden sein, in welche Richtung der All Ends-Hase läuft: Es gibt Einflüsse von Evanescence, Within Temptation und Nightwish zu hören, kombiniert mit einer kleinen Prise Melodic Death Metal sowie einer Idee Power Metal und einer Spur Metalcore. Das bedeutet, dass es hier von eingängigen, opulenten Refrain-Hymnen nur so wimmelt - Ohrwürmer garantiert! Unterlegt ist das Ganze mit fetten Gitarrenwänden, hier und da kommen noch Keyboards hinzu, die den Sound nur noch fetter machen, als er ohnehin schon ist. Produziert wurde übrigens von Chris Wolff, der irgendwann schon mal mit Sub7even in eine ähnliche Richtung steuerte.
Metal flirtet jedenfalls ungeniert mit Pop, und das geht gnadenlos ins Ohr. Die beiden Grazien Emma und Tinna ergänzen sich stimmlich wunderbar, ihre Band groovt unerschütterlich im Hintergrund. Stimmlich gesehen hat man es glücklicherweise nicht mit Pseudo-Opern-Geträller zu tun, sondern vielmehr mit echtem, weiblichen Rockgesang, der aber schon eher in den oberen Tonlagen anzusiedeln ist.
Dass All Ends dem Radio-Format nicht allzu fern stehen, sollte dem Hörer dann allerspätestens bei Song Nummer vier auffallen. "Apologize" - klingelt da was? Hat man da weiche Beats und seichten Pop im Hinterkopf? Ja, genau, denn diese Nummer geht im Original auf das Konto von Timbaland und One Republic! Und ich muss zugeben, dass dieses Stück im Metal-Gewand ausgesprochen gut funktioniert. Die griffig-harte Schlagseite passt bestens zu "Apologize" und offenbart einige neue Facetten, die man diesem Hit so vielleicht nicht unbedingt zugetraut hätte.
Ein weitere Hinweis auf All Ends' Pop-Verbundenheit zeigt sich darin, dass das zu hörende Liedgut nicht von der Band allein stammt, sondern mit Hilfe von externen Songwritern entstanden ist. Darunter finden sich Jesper Strömblad und Björn Gelotte, die hauptberuflich bei In Flames in die Saiten greifen. Und ja, Sängerin Emma ist die Schwester von Björn, um auch gleich mal die Namensidentität geklärt zu haben...
Diese Pop-Schlagseite, auf der ich jetzt die ganze Zeit rumgeritten bin, sollte aber gar nicht negativ verstanden werden. Klar, wer bei der bloßen Kombination aus Metal, Radio und Pop Rock schon das kalte Grausen bekommt, dem empfehle ich, doch eher einen Bogen um All Ends zu machen. Aufgeschlossene, offene Hörer dürfen aber gern mal ein Ohr riskieren, sollten sich aber bewusst sein, dass man die Refrains von "Still Believe", "Close My Eyes" oder "Pretty Words" nicht so einfach wieder aus den Gehörgängen herausbekommt. Und auch eine emotionale Piano-Ballade wie "Just A Friend" ist ganz großes Kino. Überhaupt fällt es schwer, hier irgendwelche Ausfälle aufzulisten, denn das Material ist durch die Bank allererste Songwriting-Klasse.
Während das Album also ordentlich punkten kann, hinterlässt die beiliegende DVD (freigegeben ab 12 Jahren) doch einen etwas faden Nachgeschmack. All Ends sollen augenscheinlich ziemlich gepusht werden, denn wie kann es sonst sein, dass einem Debütalbum schon ganze vier Musikvideos beiliegen?! Noch dazu ähneln sich diese Streifen untereinander sehr: Immer ist die Band am Rocken, die Kameraperspektiven sind jedes Mal die gleichen. Zudem enthält das Video zu "Pretty Words" Ausschnitte aus den beiden, ebenfalls auf der DVD enthaltenen, Making-Ofs. Hier wurde offenbar schnell noch irgendwelches Filmmaterial zusammengetragen, um die Band für ein junges Publikum interessant zu machen... Einzig der Clip zu "Walk Away" hat wohl mehr Zeit beansprucht, da er aus dem übrigen Einheitsbrei heraussticht und gar mit geschauspielerten Szenen aufwartet.
Darüber hinaus sind die Making-Ofs ihren Namen nicht wert, weil man lediglich unbearbeitete, unkommentierte Einblicke ins Set bekommt. Die paar kurzen, überflüssigen Statements der Bandmitglieder bringen den Fan auch nicht weiter. Da stört es dann auch nicht, dass keinerlei Untertitel anwählbar sind. Unter dem Etikett 'Making Of' verstehe ich wirklich etwas anderes! Auch die Foto-Galerie braucht im Grunde genommen niemand, da nur Promo-Shots aneinandergereiht sind.
Neben dem Clip zu "Walk Away" lohnt sich also einzig das Track-By-Track-Interview. Tinna und Fredrik geben hier kurze Textinterpretationen sowie Hintergründiges zu jedem einzelnen Song und dem Entstehungsprozess des Albums preis, so dass die fehlenden Untertitel dem einen oder anderen an dieser Stelle schon sauer aufstoßen könnten. Wenn man des Englischen aber mächtig ist, dann sollte dies kein Problem darstellen, da die beiden deutlich sprechen und keinerlei ausgefallenes Vokabular gebrauchen.
Fazit: Das All Ends-Debüt ist ein zweischneidiges Schwert. Während die CD ziemlich überzeugen kann und mit ihrer modernen Mischung aus Metal und Pop-Rock zünden sollte, kann auf die Bonus-DVD gut und gerne verzichtet werden. Das "Walk Away"-Musikvideo wird man auch auf einschlägigen Videoportalen zu sehen bekommen, und nur für ein Track-By-Track-Interview lohnt sich der zweite Silberling nicht wirklich.
Line-up:
Emma Gelotte (vocals)
Tinna Karlsdotter (vocals)
Joseph 'Joey' Skansas (drums)
Fredrik Johansson (guitars)
Peter 'Texas ' Mardklini (guitars)
Tracklist
CD:
01:Walk Away (4:05)
02:Still Believe (3:03)
03:Close My Eyes (3:01)
04:Apologize (4:23)
05:Wasting Life (3:19)
06:Spend My Days (3:34)
07:What Do You Want (3:45)
08:Pretty Words (3:35)
09:What We Say (3:10)
10:Regrets (3:01)
11:Treat Me Right (3:21)
12:We Are Through (3:07)
13:Just A Friend (3:54)
14:First Time (2:48)
15:Ready To Go Back (2:39)
Bonus-DVD:
01:Wasting Life [Video]
02:Still Believe [Video]
03:Pretty Words [Video]
04:Walk Away [Video]
05:Still Believe [Making Of]
06:Walk Away [Making Of]
07:Track By Track Interview
08:Photogallery
Externe Links: