Amoral / Show Your Colors
Show Your Colors Spielzeit: 44:50
Medium: CD
Label: Spinefarm Records (Soulfood), 2009
Stil: Power Metal

Review vom 25.05.2009


Markus Kerren
Wow, was die Finnen von Amoral hier abziehen, da gehört schon eine ganze Menge Mut dazu! Die Skandinavier starteten als waschechte Death Metal-Band, veröffentlichten ab dem Jahr 2004 bereits drei (laut Promo-Agentur) technisch anspruchsvolle Todesmetall-Silberlinge und begleiteten diese jeweils mit ausgiebigen Touren. Aber schon beim dritten Werk "Reptile Ride" (2007) deutete sich durchaus bereits die melodischere Seite der Combo an. Ob der langjährige Frontmann Niko Kalliojärvi deshalb aus 'Motivationsgründen' die Band verließ, ist nicht abschließend geklärt. Was ab diesem Zeitpunkt jedoch auf der Hand lag, war, dass man frisches Blut brauchte.
Angestellt wurde mit Ari Koivunen ausgerechnet ein Mann, der Gewinner einer mittlerweile wohl weltweit bekannten Show war, die sich mit kommenden, so genannten Idolen beschäftigt. Des weiteren sprach für Koivunen, dass er seinen Titel nicht nur mit Metal- und Hardrock-Songs errungen, sondern auch bereits ein Platin- und ein weiteres, immerhin vergoldetes Solo-Album aufzuweisen hatte. Wohlgemerkt in Finnland, wo man keine Unmengen zu verkaufen braucht, um die edelmetallischen Scheiben einfahren zu können. Dennoch ein durchaus bemerkenswerter Erfolg.
Nach einer radikalen Stil-Änderung, mit einem neuen Sänger wollte man dann auch keine halben Sachen machen und holte sich mit Pekka Johansson gleich auch noch einen neuen Bassisten ins Boot. Und wie hört sich die brandneue Scheibe "Show Your Colors" nun an? Ganz geil, kann ich berichten! Und dazu tatsächlich vollkommen frei von Death Metal oder allen anderen extremen Spielarten des Metal. Amoral zocken auf Album Nummer vier vielmehr traditionelle, powervolle Mucke mit vielen melodischen Nuancen und recht einfachen Songstrukturen, die sich vor allem zum Ziel gesetzt haben, den Zuhörer (um es mal mit einem alten Rainbow-Albumtitel zu sagen) "Straight Between The Eyes" zu treffen.
Als ob sie ihre Abkehr vom Death Metal ein und für alle Mal klar machen wollen, startet mit "Random Words" ein wunderschönes, knapp zweiminütiges und nur von Akustik-Gitarren und Streichern eingespieltes, Instrumental die Scheibe. Selbstredend geht es darauf mit "Release" heftiger, aber nicht wirklich superschnell zu. Keine Double-Bass-Attacken, kein Gekreische oder Growls, sondern eher eine kräftige Mischung aus Old School-Metal und Hardrock. Das hat durchaus Energie, ist melodisch eingängig und der Rübenschüttel-Faktor kommt auch nicht zu kurz.
Ein ganz kräftiger Zahn zugelegt wird beim nächsten Track "A Shade Of Gray", der Härtegradmäßig stellenweise am Thrash Metal kratzt, ansonsten eher in Richtung Power Metal geht. Hier (wie später auch noch öfter) gefallen mir die Vocals von Ari Koivunen sehr gut, der in seiner eigenen Art eine frische und auch ein bisschen punkige Attitüde einbringt, wie es im zweiten seiner ca. sieben Leben zum Beispiel ein Paul Di'Anno bei dem Debüt-Album von Iron Maiden vollbrachte. Auch "Year Of The Suckerpunch" kann mit seiner Mischung aus technisch anspruchsvollen Gitarren, melodiösem Gesang und abgedrehten Double-Bass-Amokläufen überzeugen.
Eine meiner Lieblings-Nummern der Scheibe ist "Sex N' Satan", die geradeaus und ohne Umschweife in die Fresse geht und mit einem geilen Gitarren-Solo glänzt. Einziger Nachteil ist, dass deutlich heraus zu hören ist, dass hier eine Zeile nach der anderen extra eingesungen wurde. Habe ich noch nie gemocht, so was, aber der Song an sich ist ein Killer. Und so reiht sich im Prinzip Track an Track (auch "Last October" hat noch mal viel Akustik-Gitarre und Besinnliches zu bieten) und kann gefallen. Die Variabilität fällt ein bisschen flach, aber da gibt es ja noch viel mehr, heute selbst als Klassiker bezeichnete Scheiben, bei denen das ähnlich ist. Von dem her also kein Vorwurf.
Bezüglich der Zukunft von Amoral bleibt natürlich abzuwarten, wie viele der alten Fans sich nach diesem nahezu dramatischen Stilwechsel von der Band abwenden, bzw. wie hoch die Anzahl der neu dazu gewonnenen Fans sein wird. Wenn man, wie ich, die Vergangenheit dieser Truppe nicht kennt, dann kann man sich bei "Show Your Colors" über frischen, powervollen Metal der alten Schule freuen. Kaum innovativ, aber mit einem gepflegten Pfund dargebracht, kann dieses Album durchaus gefallen. Amoral sind mit ihrem neuen Werk zumindest einen (Anhör-) Versuch durchaus wert!
Line-up:
Ari Koivunen (vocals)
Ben Varon (guitars)
Silver Ots (guitars)
Pekka Johansson (bass)
Juhana Karlsson (drums)
Tracklist
01:Random Words
02:Release
03:A Shade Of Gray
04:Year Of The Suckerpunch
05:Perfection Design
06:Sex N' Satan
07:Song For The Stubborn
08:Vivid
09:Gave Up Easy
10:Last October
11:Exit
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