Amorphis - 14.11.2010 Aschaffenburg, Colos-Saal
Flyer Amorphis
Forging Europe Tour 2010 Pt. II
Support: Ghost Brigade, Orphaned Land
Colos-Saal, Aschaffenburg
14. November 2010
Stil: Folk/Death Metal
Konzertbericht



Artikel vom 23.11.2010

       
Andrea Groh                  Jens Groh
Amorphis Amorphis können mittlerweile auf ein 20-jähriges Bestehen zurückblicken, welches vor allem in der ersten Hälfte von Stil- und Besetzungswechseln geprägt war. Beginnend als Death Metal Band, kamen mit der textlichen Hinwendung an die Sagenwelt der finnischen Heimat folkige und doomige Elemente dazu, danach wurde es erst progressiver, bevor die Musik schlichter, nur noch rockig wurde. Damals war dann doch etwas die Luft raus, doch ein Sängerwechsel brachte frischen Wind. Mit Tomi Joutsen, der in der Lage ist, sowohl alte als auch neue Songs zu singen, bzw. zu grunzen (was er auf der CD "Magic & Mayhem" bewies, die Neueinspielungen von Songs der ersten Scheiben enthält), fanden Amorphis Stabilität und ihren seit mehreren CDs vorherrschenden Stil, der eine Mischung aus ihren bisherigen Richtungen darstellt. Auf der Jubiläums-DVD/CD "Forging The Land Of The 1000 Lakes" bewies der Frontmann zudem noch gute Live-Qualitäten. Ein Grund mehr, sich davon nicht nur am heimischen TV, sondern direkt vor Ort zu überzeugen, was ich sowieso schon lange mal wollte, da mir einige Scheiben von Amorphis sehr gut gefallen.
Ähnlich dachten wohl noch einige andere Fans, bzw. sind Amorphis derzeit anscheinend recht gefragt, denn der Colos-Saal war längst gut gefüllt als immer noch Zuschauer hineinströmten. Meiner Meinung (und ich habe etliche ähnliche Aussagen gehört) war das nicht ausverkauft, sondern überfüllt. Oder war das Absicht, um in der Halle ein Klima ähnlich einer finnischen Sauna zu schaffen (Amorphis-Sänger Tomi Joutsen verglich es damit, zu Recht), damit die Finnen sich heimisch fühlen?
Ghost Brigade Denn der Opener Ghost Brigade, der pünktlich um 20 Uhr loslegte, stammt ebenfalls aus dem Land der tausend Seen. Obwohl diese schon zwei CDs ("Guided By Fire" 2007 und "Isolation Songs" 2009) haben, sind sie mir bisher nicht bewusst aufgefallen. Dabei hat ihre Mischung aus düsteren Elementen, melodischen Parts, Klargesang und Gegrunze gut zu Amorphis gepasst, und mir sowie einem großen Teil des Publikums gut gefallen. Erstaunlich, dass schon da eine Stimmung und Gedränge in der Halle herrschte, wie es sonst oft erst beim Headliner ist. Dieser erste Saunagang war mehr als nur eine gelungene Einstimmung. Ghost Brigade haben bestimmt einige neue Fans gewonnen und auf jeden Fall einen guten Eindruck hinterlassen.
Orphaned Land Der zweite Saunagang gegen 21 Uhr bot dann eher trockene Hitze: Orphaned Land aus Israel, eine Wahl, die mich im Vorfeld doch etwas verwundert hatte, denn ihr orientalisch angehauchter Metal ist ein Gegensatz zu den nordischen Melodien. Man dachte sich wohl: Es ist Doom/Death/Folk Metal, dann passt es. Zumindest hat es funktioniert: Auch diese Band wurde mächtig abgefeiert und viele gingen begeistert mit. Es gab allerdings auch negative Stimmen, nicht jede/r konnte etwas mit der 'Jesus-Optik' und den Melodien aus dem Mittleren Osten etwas anfangen. Geschmackssache halt, aber man muss ihnen zugestehen, dass ihre Mischung aus Metal und traditioneller Musik aus ihrer Heimat originell ist. Stellenweise enthält diese eine faszinierende fremdartige Rhythmik, die mitreißend ist, dann folgt als Kontrast Kobi Farhis 'leiernder' Gesang mit exotischen Harmonien, manchmal grunzt oder erzählt er auch. Wenn man sich darauf einlässt, kann man viele interessante Facetten erkennen.
Orphaned Land      Orphaned Land
Um 22 Uhr war es dann soweit: Nach einem etwas milderen Saunagang zum Einstimmen und einem zweitem mit trocken-herbem Klima zeigten die Finnen von Amorphis, wer Meister der Sauna ist mit einem Aufguss von wunderbarem Aroma, äh, Melodien. Zum Einstieg wurde "Skyforger" gewählt, das Titellied der letzten regulären Studioscheibe von 2009, gefolgt von zwei weiteren Songs aus dem gleichen Album: "Sky Is Mine" und "Heaven Of My Heart". Mit dem letztgenannten steigerte sich die Stimmung tatsächlich noch, auch wenn das vorher kaum möglich schien. Danach wurde die 1996-er CD "Elegy" mit "Better Unborn" bedacht. Nun herrschte wirklich "Magic & Mayhem". Das Covermotiv jener Veröffentlichung wurde übrigens als Bühnenbild ausgewählt, sehr schön, rundete den positiven Eindruck ab.
Amorphis Amorphis waren einfach großartig, ihre einzigartigen Harmonien faszinierend, die Musik insgesamt absolut mitreißend. Die Zeit verging wie im Fluge und als "Black Winter Day" als Ende des regulären Sets angestimmt wurde, dachte ich nur 'wie - jetzt schon?'. Was mir in diesem Moment auch auffiel: Für mich ist das der Amorphis-Song schlechthin, den ich seit 1992 liebe, Teile des Publikums waren da verhaltener und reagierten eher auf das neue Material. Viele Fans scheinen erst seit dem Einstieg von Tomi Joutsen 2005 oder gar später dabei zu sein, die alten Sachen höchstens von der Neuauflage auf der "Magic And Mayhem" zu kennen und damit gar nicht ganz so viel anfangen zu können. Wobei die Halle die ganze Zeit über kochte, egal was lief.
Amorphis Natürlich konnten sich die 'formlosen' Finnen nicht einfach verdünnisieren, zum Intro der "Tales From The 1000 Lakes" erschienen sie wieder auf der Bühne. "Thousand Lakes" ging dann wie auf der CD über in "Into Hiding" - einfach wundervoll. Nach "House Of Sleep" von der "Eclipse" (2006) folgte das Finale: "My Kantele" von der "Elegy" (1996), was leider ein Zeichen war, dass nun endgültig Schluss war. Viel zu früh meiner Meinung nach, ich hätte am liebsten noch eine weitere Stunde in den Klängen von Amorphis gebadet, wobei es natürlich an einer Spielzeit von knapp 100 Minuten nichts zu meckern gibt.
Fazit: Meine Erwartungen waren hoch und sie wurden absolut nicht enttäuscht: Es war ein toller Abend mit wirklich angenehmem Sound (klar und weder zu laut noch zu leise), hübscher Lightshow, beim überragenden Headliner dazu noch ein schönes Bühnenbild und immerhin guten Vorgruppen. Kritikpunkt ist lediglich, dass wieder einmal viel zu viele Tickets verkauft wurden, bzw. nicht auf eine größere Halle ausgewichen, als der Ansturm bemerkt wurde. Dieser ist verständlich und berechtigt, denn Amorphis haben mittlerweile zu einer sehr sehenswerten Form gefunden.
Vielen Dank an Matthias vom Colos-Saal für die Akkreditierung und an Rüdiger, der uns gefahren hat und der eine Begegnung der anderen Art (mit Tomi Koivusaari) miterleben durfte, und natürlich auch an Mike von FFM-Rock, der dies ermöglichte.
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