Rider's Classic / Die Dokumentation
20 Jahre Rider's Cafe Lübeck
Rider's Classic Medium: DVD
Spielzeit: 93:00 (Film) plus Bonus:
Rundgang durch den Club, Outtakes
und ein Trailer des Sony Barger-Films.
Riders-Cafe International Ltd., 2006
Sprache: Deutsch
Ton: Stereo
Bild: Pal/16:9
Code: 2, Type: DVD 9
FSK: ohne

»Eine Dokumentation zum Lebensgefühl und den Events in Lübecks bekanntester Live-Musik Convention.«

Darsteller: Joachim Witt, Helge Timmerberg, Cristian von Alvensleben, Blues, Schelmish, Angelo Kelly, Sonny Barger, Bene/Waltons, Schildkröte...uvm.



Review vom 17.02.2007


Ulli Heiser
Rider's CafeDas Rider's Café in Lübeck war schon öfter Ziel unseres freien Mitarbeiters Tom Machoy, weil da zum einen die Musik stimmt und zum anderen auch das sog. Drumherum.
Leider nicht persönlich, aber durch das Anschauen der Videodokumentation, die aus Anlass des 20-jährigen Club-Jubiläums zur vorliegenden DVD geführt hat, habe ich nun auch einen 'Rundgang' durch den Club, oder sagen wir besser, durch diese Lübecker Institution, in Sachen Musik und Kultur, machen können.
Als uns diese DVD angekündigt wurde, dachte ich, »super, ein Clubportrait. Mal kucken, wie es dort ausschaut und was dort so abgeht«. Es ist für einen Clubgänger ja immer interessant, was andere Veranstaltungsorte so bieten. Aber weit gefehlt, denn das Rider's Café einfach nur Club zu nennen, ginge gehörig an der Sache vorbei.
Natürlich ist das Rider's auch Club. Und zwar einer, der mittlerweile drei Generationen Musikfans mit Livemusik und Events aller Art versorgt. Für das Drehbuch zeichnen Clubchef Kai-Uwe Meyer und Daniel Harms, ein ausgebildeter Film- und Mediengestalter. Um die Dokumentation professionell zu gestalten, wurde Kai-Uwe Meyer auch von der Agentur für Arbeit mit einem Berufsbildungsprogramm unterstützt, die den bereits erwähnten Daniel Harms fest einstellte. Zwei Jahre dauerte es bis zur Fertigstellung der DVD, die ihr über den Club oder Amazon erwerben könnt. Diese Dokumentation ist übrigens nicht der einzige Film der Rider's Classic Reihe: Ebenfalls erhältlich sind die "Ralph 'Sonny' Barger Book Signing Tour 2003", das "European-Bike-Weekend 2003 Faak Am See" und die "Harley-Davidson Convention 2003 Hamburg".
Kai-Uwe MeyerAnfang der achtziger Jahre entschloss sich der Motorrad-Freak Kai-Uwe, einen Handel mit gebrauchten Motorradteilen aufzuziehen. Gebrauchte Maschinen erweiterten das Angebot und nach schleppendem Beginn begann sich der Laden mit Werkstatt in der Bikerszene herumzusprechen. Als 1985 eine weitere Firma aus der angemieteten Halle auszog, war die Geburtsstunde des Musikclubs gelegt. Zu der Zeit waren Biker mit Kutten in 'normalen' Kneipen und Discos nämlich keine gern gesehenen Gäste. Familie und Freunde halfen finanziell und Kai-Uwe erzählt mit der typisch norddeutschen Gelassenheit über die kleinen und großen Probleme dieser Zeit.
Wir erfahren, dass das Chicago in Hamburg ein Impulsgeber für seine Idee war, aber auch Alfred Bioleks "Bahnhof", weil es die Sendung schaffte, den jungen Kai-Uwe zusammen mit den Eltern vor dem Fernseher zu vereinen. Die Bandbreite der Künstler war nämlich so vielfältig, dass durchaus mehr als eine Generation musikalische Unterhaltung in einer Sendung genießen konnte.
Natürlich eröffnet man nicht mal gerade so eben einen Club. Unter der Woche standen die Bikes in der Halle und am Wochenende kamen diese raus, und die Bands kamen rein. Natürlich gab es auch ein Problem, die Leute in den Club zu bekommen. Bekannt war die Location ja (auch) als Rockertreffpunkt und das schreckte sicher auch erst mal viele ab. Durch ein breites Musikangebot, das für jeden Geschmack etwas bot, wurde dagegen angesteuert. Kai-Uwe holte auch die Custom Car-Szene, veranstaltete Biker-Weihnachtsbasare und Rider's Classic Shows. Diese Events mit zum Teil tausenden Besuchern halfen, die Clubarbeit zu finanzieren.
Rider's CafeLiebevoll erzählt der Clubchef ein paar Anekdoten, wie zum Beispiel der Besuch einer Motorradgruppe aus der DDR direkt nach dem Fall der Mauer. Oder er interviewt selbst Zeitzeugen, wie im Gespräch mit der Firmenchefin aus der Nachbarschaft. Die Frau war höchst beunruhigt, als neben ihrer Firma ein großes Zelt errichtet wurde, in dem ein Rockkonzert stattfinden sollte. Mit ihren Töchtern wollte sie nachts die Firma bewachen. Die vielen Motorradfahrer und die »baumlangen Kerle« an den Eingängen trugen nicht zur Beruhigung bei. Aber die Musik der Leningrad Cowboys gefiel und kurzerhand wurde das Konzert aufgesucht, und siehe da: Es machte Spaß.
Stück für Stück wurde der Club erweitert, wie gerade Geld vorhanden war. Die kahle Halle veränderte sich immer mehr. Wie das heute aussieht, gibt es in einem ca. dreiminütigen Rundgang im Bonusteil zu sehen. Nach etwa sieben Jahren wollte Kai-Uwe Meyer verkaufen, denn irgendwie war immer zu wenig Kohle da. Aber es fand sich ein Geldgeber, der ihm freie Hand ließ und es ging weiter.
Was auffällt, ist die ruhige und sachliche Art, wie Kai-Uwe erzählt. Personal, Gäste, Musiker loben allesamt die Herzlichkeit, die der Club bzw. dessen Atmosphäre ausstrahlt. Man meint, den Typen mit der Lederweste schon ewig zu kennen und nachdem ich ihn, einige des Personals und auch die Location selbst im Film gesehen habe, weiß ich, dass auch ich mich im Rider's sehr wohl fühlen würde. Zumindest während eines Rock- oder Blueskonzertes. Mitte der Neunziger gab es einen Besuchereinbruch und es wurde nach einer Lösung gesucht und auch gefunden: Zusätzliche Besucherschichten mussten erschlossen werden. Techno und House wurden angeboten und die DJs hatten Erfolg. Die Biker und Rockfans waren natürlich erst mal 'verwirrt' und sahen schon das Ende 'ihres' Clubs. Mitnichten war das so, es gab Programm für jeden Geschmack. Später kam die Goa-Szene, Althippies, die ihre Events passend schmückten und das good ole Blacklight wieder einführten. 1996 startet der Cosmic Club, eine monatlichen Dance-Veranstaltung. 2006 wurde der Cosmic Club durch den Club Ballistic abgelöst.
Rider's CafeUnterstützung und Anerkennung für seine Arbeit fand Kai-Uwe sogar in der Politik. So kommen im Film auch Honorationen wie der bekennende Bluesfan und CDU-Landtagsabgeordnete Frank Sauter, der ehemalige Kultursenator Ulrich Meyenborg (SPD) und der Lübecker Stadtpräsident Peter Sünnenwold (CDU) zu Wort. Ein Highlight der Doku ist ohne Zweifel der Besuch des wohl bekanntesten Hell's Angel, Sonny Barger, der im Jahre 2001 im Rahmen seiner Buchvorstellungstour ("Hell's Angel. Mein Leben"), im Rider's vorbeikam und sein Buch signierte. Zwei befreundete Hell's Angels-Clubmitglieder haben das Event organisiert und die Legende Barger, der in diesem Jahr 50 Jahre Mitglied der Hell's Angels, des wohl bekanntesten Rockerclubs der Welt ist, nach Lübeck geholt. Es ist schon beeindruckend, so viele Riesenkerle in Farben zu sehen. Das war sicher auch der Fall, als die Hell's Angels zwei Jahre später ihr 20-jähriges Jubiläum im Rider's feierte. Kai-Uwe entschloss sich, die Veranstaltung in seinem Club durchzuführen, obwohl ihm die Angels sagten, dass er damit das Augenmerk der Staatsgewalt auf sich zieht. Für Kai-Uwe kein Thema, denn er »steht zu seinen Freunden und zu seiner Meinung«.
Rider's CafeAuch das Rider's Café kämpft heutzutage ums Überleben. 2005 war so ein Jahr, als Kai-Uwe ans Aufhören dachte. Es war »wirtschaftlich kein gutes Jahr«, sagt er und erzählt von Institutionen wie dem Finanzamt und der GEMA, aber auch Gutes kann er berichten - von Sponsoren und so. Wir erfahren, was auch aus anderen Clubs bekannt ist: Ist eine Band gerade hip, lässt sie die Clubs links liegen und bevorzugt größere Hallen. Krähen weniger Hähne, suchen sie die kleinen Veranstaltungsorte wieder auf.»Eigentlich ist das dumm«, meint Kai-Uwe, denn »die Clubs halten ein Netzwerk zusammen, was fürs ganze Leben nützlich ist«.
Rider's CafeDas Rider's Café steht mit seinen 'Problemen' in einer Reihe mit vielen Locations. Was die Geschichte des Rider's angeht, unterscheidet sie sich aber sicher von den allermeisten in unserem Land. Nicht nur deshalb drücke ich dem Rider's Café und seinem sympathischen Chef die Daumen, dass er so lange als möglich weitermacht und die immer wieder kommenden Durststrecken überwindet. Seine Freunde, Gäste, die Musiker und auch die Musikkultur im Norden werden es ihm danken. Da bin ich ganz sicher. Und wer weiß... unsere Tochter lebt in Rostock und ein Besuch ist überfällig.
Das Rider's liegt auf dem Weg... an der Abfahrt 23, Moisling.
Am besten, wenn sich möglichst viele Musikfans die DVD einmal anschauen, damit sie etwas hinter die Kulissen eines Clubs schauen können. Sicher ist das Rider's Café nicht mit vielen Clubs zu vergleichen, denn dieser Club, entstanden aus der Bikerszene, ist schon eine eigene Nummer. Die Überlebensprobleme haben aber fast alle Clubs und das einzige, was den Fortbestand dieser Locations sichert, sind die Besucher. Ohne Gäste, keine Livemusik und keine Clubs. Dieses Stück Kultur gilt es zu erhalten und mal ehrlich, es gibt doch kaum etwas Schöneres, als in 'seinem Club', bei guter Musik und in vertrauter Atmosphäre einen Abend zu verbringen.
»20 Years Life, past - present - future«, so der Untertitel des Films. Die Vergangenheit hatten wir bereits, an der Gegenwart liegt es nun, wie die Zukunft wird. Für das Rider's, wie auch für all die anderen Clubs.

Externe Links: