Julian Doyle, Bruce Dickinson
Crowley - Back From Hell
Back From Hell Drehbuch: Julian Doyle, Bruce Dickinson
Regisseur: Julian Doyle
Originaltrailer: deutsch, englisch
Laufzeit: 102 Minuten
FSK: ab 16
Ton: Deutsch Dolby Digital 5.1, DTS 5.1; Englisch Dolby Digital 5.1
Untertitel: deutsch
Medium: DVD (Film)
Label: Sunfilm, 2008 (Germany 2009)


Review vom 12.07.2009


Andrea Groh
Nanu, eine Kritik zu einem Okkult-Horror-Film bei RockTimes?
Weiterlesen - abwarten und Tee trinken, wie die Engländer so schön sagen.
Womit wir beim Thema wären: Eine der - oder gar die skurrilste Persönlichkeit aus jenem Inselkönigreich war Aleister Crowley, der dort als Edward Alexander Crowley am 12.10.1875 geboren wurde und später seinen Vornamen in Aleister ändern ließ. Bis zu seinem Tod am 01.12.1947 führte er ein schräges und ereignisreiches Leben. Finanziell gut gestellt war er Mitglied einiger exklusiver Clubs, reiste viel und traf auf Okkultisten, Freimaurer und führende Politiker der damaligen Zeit, die heute kritisch betrachtet werden.
Crowley war Bergsteiger, Lebemann, Magier, Mystiker, Poet und Verleger seiner eigenen Schriften, mit denen er okkultes Wissen, östliche Lehren, Tantratheorien und liberalistische Gedanken der Öffentlichkeit präsentierte.
Eine seiner Kernlehren ist »Do what thou wilt shall bet he whole of the law« (Tu was Du willst sei das ganze Gesetz), welche für Freiheit der Meinung, der Kunst und des Reisens steht und für »every man and every woman« gedacht ist, für Anfang des 20.Jahrhundert klingt das sehr fortschrittlich.
Damit machte er sich natürlich nicht nur Freunde, dazu kamen sein Hang zu sexuellen Ausschweifungen und sein seltsamer Humor. Für die damalige Sensationspresse war er ein gefundenes Fressen und es machte ihm Spaß, Skandale zu provozieren, was ihm den Ruf 'bösester Mensch aller Zeiten' einbrachte. Er antwortete in Interviews darauf, man solle ihn 'Das grosse Tier' nennen, sagte dies auf Englisch: 'The Great Beast' oder im griechischen Original 'To Mega Therion', was die Quersumme 666 hat.
Der Begriff steht im Zusammenhang mit einem Satz der Bibel, die er sehr gut beherrschte, in der Offenbahrung 13.18.: »Hier ist die Weisheit. Wer Verständnis hat, berechne die Zahl des Tieres; denn es ist eines Menschen Zahl; und seine Zahl ist sechshundertsechsundsechzig«. Somit kann man sagen, der heute in Filmen und Rock/Metal-Szene recht häufige Gebrauch jener Zahl geht wohl auf ihn zurück.
Überhaupt hatten seine Bücher einen großen Einfluss auf die Musikszene und werden gerne zitiert. Ob das die naive Frage von Ozzy Osbourne ist: »Mr. Crowley, what went on in your head?«, Jimmy Page, der sich das Boleskine-Haus am Ufer des Loch Ness kaufte, in dem Crowley zeitweise gelebt hatte, plakativ mit dem Standardzitat »Do what thou wilt« sowie etliche (vor allem Black-) Metal-Bands oder auch nicht ganz so vordergründig wie bei Iron Maidens "Moonchild" und "Revelations".
Womit wir beim Thema wären: Bruce Dickinson ist nicht nur Sänger, Fechter und Pilot, sondern auch Buchautor. Seit 1993 hatte er den Gedanken, ein Drehbuch für einen Film über Aleister Crowley zu schreiben, was aber lange Zeit mangels Geldgeber scheiterte. Den geplanten Titel "Chemical Wedding" nahm er 1998 für sein viertes Soloalbum, auf dem er sich inhaltlich mit der okkulten Thematik befasste. Den Gedanken an den Film gab er nie auf und 2008 (in Deutschland erst 2009) war es endlich soweit: Er gewann als Regisseur und Co-Autor Julian Doyle, der auch mit Monty Python bzw. Ex-Members zusammengearbeitet hatte (z.B. bei "Das Leben des Brian", "Brazil", "Time Bandits") und für Iron Maiden das Video "Can I Play With Madness" gedreht hatte. Beste Vorraussetzungen für einen etwas ungewöhnlichen Film also… Der Gedanke, die Handlung zu Lebzeiten Crowleys spielen zu lassen wurde schnell aufgrund des sehr geringen Budgets verworfen, also kam man auf ein Script, das sich als wesentlich reizvoller herausstellte.
Victor Nuberg, einer der Programmierer von Software für Ausflüge in virtuelle Realität füttert den Computer heimlich mit Daten über Aleister Crowley. Als der Universitätsdozent Dr. Haddo in den Anzug steigt, kommt er verändert aus dem Cyberspace zurück, sein eigenes Bewusstsein wurde verdrängt von dem Crowleys. Dieser plant ein uraltes Ritual, die chemische Hochzeit, um sich vollends des Körpers zu bemächtigen und aus dem Jenseits zurückzukehren. Doch dazu bedarf es des Opfers einer jungen Frau, die symbolisch die Hure Babylon, die scharlachrote Frau darstellen soll. Der reinkarnierte Magier hat dazu nur vier Tage Zeit und hinterlässt bei den Vorbereitungen eine Spur der Bösen. In der Hülle des ehemals stotternden Dozenten tobt er sich aus in Orgien und Perversionen.
Dr. Mathers, der zweite Programmierer der Cyberspace-Software nimmt den Kampf auf, um die junge Lea zu retten, die durch ihre Neugier weit mehr findet als nur Stoff für die Schülerzeitung.
Altmodischer Horror mit Ritualen und Beschwörungen trifft auf Cyberspace, eine gute und interessante Idee, die Verbindung Wissenschaft und Magie wurde in okkulten Kreisen schon immer diskutiert und Artikel zum Thema Mathemagie geschrieben.
Aleister Crowley selbst hat sich zu seinen Lebzeiten schon damit beschäftigt, wobei er natürlich noch nichts von Quantenmechanik wissen konnte.
Dazu glänzt der Film durch schrägen Humor und abgedrehte Szenen, was alles hervorragend zu Crowley passt. Außerdem sind viele mehr oder weniger versteckte Zitate und Symbolik eingearbeitet, deren Entdecken ein amüsantes Spiel für die etwas besser informierten Zuschauer darstellt. Aber auch ohne Hintergrundwissen kann man den Film durch seine irrwitzige Handlung und seiner Bildgewalt - trotz günstiger Effekte aufgrund des kleinen Budgets - genießen. Wobei er sicher nicht jedem Geschmack zusagt, nicht für das Mainstreampublikum geeignet ist, eher für die Rubrik 'Kultfilm', was sich auch in einem Ersten Preis auf dem Internationalen Sci Fi & Fantasy Film Festival zeigt.
Allerdings ist zu empfehlen, die DVD auch einmal auf Englisch anzusehen, weil durch die Übersetzung manche Wortspiele verloren gehen, z.B. die Abwandlung des Hamlet-Zitates »To be or not to be« (Sein oder nicht sein) in »To pee oder not to pee« (Pissen oder nicht pissen).
Bruce Dickinson hat ein paar kleine Cameo-Auftritte, im Soundtrack tauchen auch Songs von ihm und Iron Maiden auf (u.a. "Can I Play With Madness"). Zudem erklärt er im Bonusmaterial zusammen mit Julian Doyle einiges über die Entstehung und Hintergründe, außerdem über die Person Aleister Crowley, (der sich übrigens nicht 'krauli', sondern 'kroli' aussprach, weil sich das auf ‚holy' reimt), den er aufgrund seines Hanges zu dramatischen Auftritten und Imagespielerei als 'ersten Rockstar' bezeichnet.
Was dann vielleicht auch erklärt, warum insbesondere Musiker von ihm fasziniert sind.
Sountrack
01:Chemical Wedding (Bruce Dickinson)
02:Hush Hush Here Comes the Bogie Man (Henry Hall / Val Rosing)
03:Fanlight Fanny (George Formby)
04:Man Of Sorrows (Bruce Dickinson)
05:The Wicker Man (Iron Maiden)
06:Can I Play With Madness (Iron Maiden)
07:Separation (Skin)
08:Prélude à l'après-midi d'un faune (Debussy)
09:The Hallelujah Chorus (Händel)
10:(Excerpt) Violin Concerto (Mozart)

Extras:
Audikommentar mit Bruce Dickinson und Julian Doyle
Revelations: The Making of Chemical Wedding
Wasted Years: Deleted Scenes
Externe Links: