Das Beatles-Lexikon
Das Beatles-Lexikon Rainer Bratfisch
Das Beatles-Lexikon
Fotografien von Rainer Schwanke
701 Seiten, ca. 100 Abbildungen
ISBN-10: 3896027018
ISBN-13: 978-3896027016
EUR 14,90
Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin


Review vom 21.08.2007


Olaf 'Olli' Oetken
Uff, ein Lexikon über die Beatles. Die Fab Four im Quadrat, verfasst von einem echten Thüringer Jahrgang 1946, nun in der Hand eines ergrauten Jungspundes Jahrgang 1968, genau dem Jahr, als das legendäre "White Album" erschien (22.11.1968 im Vereinigten Königreich, 25.11.1968 in den Vereinigten Staaten), welches, wie der Rezensent nun wunderbar nachlesen kann, eigentlich schlicht "The Beatles" heißt, wegen des einfachen weißen Covers aber eher "White Album" genannt wurde, mit speziell für den Export vorgesehenen 1000 Pressungen aus weißem Vinyl.
Alle Alben waren auf der Vorderseite des Covers nummeriert, wobei Ringo Starr als nach Lebensjahren ältester Beatle, die Nr. 0000001 überreicht bekam, John Lennon die 0000002,
Paul McCartney die 0000003 und Bandbenjamin George Harrison die 0000004. Beim Londoner Nobel-Auktionshaus Christie's wurde am 28.09.2005 ein LP-Cover des "Weißen Albums" mit der Nummer 0000008 für umgerechnet ca. 13.235 Euro versteigert - wohlgemerkt, nur ein LP-Cover!
Wer nun auch noch wissen möchte, wie dieses Album in seiner musikalischen Qualität eingeschätzt wird, in welcher Band-internen Atmosphäre es entstanden ist, dass dieses Album eigentlich den Arbeitstitel "A Doll's House" hatte, dass zum letzten Mal unterschiedliche Mono- und Stereofassungen des Albums bei Beatles-Veröffentlichungen produziert wurden, welche Unmengen an offiziell unveröffentlichtem Material es von den entsprechenden Sessions gibt (sprich Bootlegs) und dass dieses Doppelalbum mit ca. 18 Millionen verkauften Exemplaren das bis heute meistverkaufte Beatles-Album (Stand Anfang 2000) überhaupt ist, dem oder der sei dieses Lexikon wärmstens empfohlen.
Rainer Bratfisch vergisst natürlich nicht, als erstes Stichwort überhaupt auf die aktuellste Hitkompilation der vier Liverpooler Jungs, "1" (erschienen am 13.11.2000), hinzuweisen, die sich bis heute weltweit sage und schreibe rund 25 Millionen mal verkauft hat. Allein dies ist schon Zeugnis eines einzigartigen Phänomens unserer Popularkultur, denn besagtes Album enthält ausschließlich Musik, die in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts entstanden ist, und als Single eine Nummer 1 - Position im UK oder in den USA ergattern konnte. Insofern sind die vier Briten, die schlicht und ergreifend unsere Rock- und Popkultur revolutionierten, eine bis heute generationsübergreifende relevante Größe im Musikbusiness.
Das daher als zeitlos einzustufende Lexikon umfasst weit über 1700 Stichwörter mit allen Songs und Alben (inklusive einer Vielzahl von Bootlegs), diversen Sachbegriffen aus der Musikbranche und Personen, die mittel- und unmittelbar mit den vier Pilzköpfen in Verbindung zu bringen sind, wie ihre Frauen und Kinder, ihre Idole, ihre Freunde, alle Leute, die irgendwie mal an einer Beatlesproduktion mitgewirkt haben, unzählige Coverbands und viele andere mehr.
Des weiteren werden nicht nur ihre musikalischen, sondern auch ihre außermusikalischen Einflüsse beleuchtet, so lassen sich beispielsweise Eintragungen zu Haschisch, Marihuana, Heroin, Kokain oder LSD finden, aber auch Ausführungen zu Begriffen wie Christentum, Hare Krsna (Hare Krishna) oder Hippies und zu Personen wie Maharishi Mahesh Yogi, der kurzzeitig mit seiner Lehre der transzendentalen Meditation zu einer geistigen Inspirationsquelle der Beatles mutierte und es für George Harrison bis zu dessen Tode auch blieb.
Darüber hinaus gibt es Informationen zu ihrem Instrumentarium, ihren Autos, Orten, Ereignissen und Veranstaltungen, die für das Phänomen Beatles auf die eine oder andere Weise relevant geworden sind und zu allem, was unter den Sammelbegriff Medien zu fassen ist, ohne die dieses Phänomen in seiner schlussendlichen Form sicherlich nicht möglich gewesen wäre, bis hin zu einer Begriffsschöpfung, die das alleinige Copyright des Autoren tragen dürfte - 'Beatlephobia' - quasi als Gegenpol zur 'Beatlemania'.
Das alles ist nicht locker-flockig vom Hocker mal eben als Nachtlektüre wegzuschmökern, sondern richtet sich mit seinen trockenen Aufzählungen von Daten, Zahlen und Fakten eher an alle, die möglichst umfangreich und doch kompakt alles nachschlagen möchten, was mit der historisch gesehen bedeutendsten Musikformation der neuzeitlichen Popular(Pop- und Rock)kultur in einen Kontext zu bringen ist.
Der Autor verweist ausdrücklich darauf, dass er sich dabei im Wesentlichen auf die Zeit bis zur offiziellen Trennung der Beatles konzentriert, das gilt auch für die Soloaktivitäten der vier Protagonisten. Trotzdem wird freilich in aller Kürze auf alles eingegangen, was bis heute im expliziten Kontext mit den Beatles erschienen und geschehen ist.
Darüber hinaus gibt es selbstverständlich auch vier Kurzbiografien, die ebenfalls alles beleuchten, was bis heute relevant erscheint, inklusive der jeweiligen Solodiskographien. Es fehlt auch nicht an unzähligen literarischen Hinweisen zu den vier Helden, am Ende des Lexikons werden wir zudem noch mit einer Bibliographie deutschsprachiger Beatles-Bücher beglückt.
Als Bonbon enthält diese aktualisierte und erweiterte Neuauflage des bereits 2002 erschienenen Lexikons ("The Fab Four - Das große Beatles-Lexikon", 560 Seiten) in der Mitte einen tollen Fototeil von Rainer Schwanke, der von der Ankunft bis zum Konzert der Beatles am 24.06.1966 (Circus Krone) den Münchener Teil der 1966er Bravo-Blitztournee in eindrucksvollen, hautnahen und authentischen Bildern dokumentiert, die zudem noch bisher unveröffentlicht waren, was bei der bisherigen Ausschlachtung alles nur irgendwie zur Verfügung stehenden Materials über die Fab Four einer kleinen Sensation gleich kommt.
Fazit:
Der Rezensent kann angesichts der unglaublich umfangreichen Beatles-Literatur allein in Deutscher Sprache, was im Übrigen für den Bereich der Popularmusik ein absolutes Novum darstellt, vielleicht von den Rolling Stones mal abgesehen, kein wirklich profundes Urteil fällen, aber für alle, die sich mal etwas näher mit den Beatles, der Rock- und Popmusik überhaupt und dem dazugehörigen gesellschafts- und kulturpolitischen Kontext beschäftigen wollen, ist dieses Lexikon eine feine Grundlage des gierigen Stöberns bei einer guten Tasse Hopfenkaltschale oder guten Rot- wie Weißweins, sowie einer Scheibe der Beatles in der Plastikschublade oder auf dem guten alten Plattenteller, wo einem genau das Phänomen vertont wird, welches dieses Lexikon uns in vielen Worten (mittlerweile 700 Seiten) versucht näherzubringen.
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