Daryl Easlea – Das Leben und die Musik von Peter Gabriel – Die exklusive Biografie
Daryl Easlea – Das Leben und die Musik von Peter Gabriel – Die exklusive Biografie 496 Seiten
Gebunden
Medium: Buch
Erschienen im Hannibal Verlag
1. Auflage Oktober 2014
ISBN 978-3-85445-459-5
29,99 EUR (D)

Review vom 26.01.2015


Sabine Feickert
Das war ja auch höchste Zeit! Endlich eine umfangreiche Biografie über Peter Gabriel. Während andere Rockgrößen anscheinend ganze Heerscharen von Biografen unterschiedlichster Güte beschäftigen, etliche Musiker selbst über sich und ihr Leben schreiben, ist über den Ex-Genesis-Frontmann eher wenig auf dem Buchmarkt zu finden. Daryl Easlea hat sich ans Werk gemacht und der Hannibal-Verlag brachte Ende letzten Jahres die deutsche Übersetzung seiner Fleißarbeit "Without Frontiers" auf den Markt. Knapp 500 Seiten inklusive Diskografie und Literaturverzeichnis kamen hier zusammen.
Mein Eindruck ist ein wenig durchwachsen – oder sollte ich sagen gedrittelt? Einerseits ist es schon sehr erfreulich, dass sich überhaupt jemand ranwagt, über diesen Musiker zu schreiben, der weder durch Schlagzeilen in der Boulevard-Presse, noch durch besonders hohen Tonträgerausstoß auffällt, meiner Meinung nach aber dennoch zu den interessantesten Musikerpersönlichkeiten der letzten Jahrzehnte zählt.
Das erste Drittel des Buches widmet sich Gabriels Kindheit, Schulzeit und Genesis. Es räumt dabei so ein bisschen mit dem Mythos der erfolgsverwöhnten Schülerband auf. Easlea zeigt sehr deutlich, wie schwierig und holprig die Anfänge waren und wie sehr Genesis durch Charisma-Chef Tony Stratton-Smith gefördert wurde. Mir persönlich geht dieser Teil des Buches etwas zu sehr in die Genesis-Tiefen, speziell dann, wenn die Quellenarbeit sehr viel Raum einnimmt und die Rezensionen zu den jeweiligen Alben (allen voran "The Lamb Lies Down On Broadway") ziemlich ausführlich bemüht werden. In einer Gabriel-Biografie hätte ich mir hier einen stärkeren Fokus auf Peter Gabriel gewünscht, aber daran werden sich vermutlich die Geister scheiden und vielleicht auch die Quellen nicht so sehr ergiebig sein.
Der interessantere Part beginnt für mich dann im zweiten Drittel, den Jahren von 1975 bis 1986, also dem Zeitraum von Gabriels Ausstieg bei Genesis bis "So". Entstehungsgeschichte und Hintergründe der Soloalben werden ziemlich ausführlich beleuchtet. Anekdoten rund um die Studioarbeit ergänzen das Bild; sicher verrate ich hier nicht zuviel, wenn ich ausplaudere, dass sich einige davon um Peters Perfektionismus und seinen Hang zum Aufschieben aber auch seinen Humor drehen. Schon hier wird auch seine visionäre Ader deutlich. Das erste WOMAD-Festival (World Of Music, Arts and Dance) gerät zum finanziellen Desaster und zieht die einmalige Genesis-Reunion (als Six Of The Best) auf der Bühne nach sich. Auch der erste Exkurs in die Filmmusik, "Birdy" fällt in diesen Zeitraum und verzögert das Erscheinen von "So".
Die Zeit nach "So" (von 1986 bis 2013) nimmt den Rest des Buches ein. Musikalisch kam in diesem langen Zeitraum relativ wenig wirklich neues Material dazu, dafür aber jede Menge spannender Projekte, auch im Hintergrund. Angefangen bei den Musikvideos, multimediale Ansätze, ganz frühes Interesse am noch neuen Medium Internet samt darüber möglicher Vermarktungskonzepte (OD2, We7) für Musik wie auch die Gründung der Realworld-Studios und des Realworld-Labels. Viele Projekte mit Musikern aus aller Welt und das ganz besondere Faible Gabriels für die sogenannte Dritte Welt prägen diese Zeit ganz besonders stark. Seine Beteiligung am Millennium Dome, die "OVO" mit sich brachte, musizieren mit Menschenaffen, die Peter Gabriel Foundation finden genauso Raum wie sein Interesse an Aufnahmetechnik aber auch Politik und soziales Engagement. Und auch der noch unerfüllte Traum eines Realworld-Themenparks spielt weiter eine Rolle.
Insgesamt zeichnet das Buch ein durchaus differenziertes und umfassendes Bild der Person Peter Gabriel. Dabei wahrt Daryl Easlea erfreulicherweise die Privatsphäre des Künstlers, konzentriert sich in erster Linie auf dessen Schaffen und widersteht erfolgreich der Verlockung, Songtexte zu interpretieren. Er bleibt sachlich und schreibt dabei flott und verständlich. Ein paar kleinere Schönheitsfehler sind (eventuell beim Übersetzen) reingeraten, insgesamt ist es aber ziemlich sorgfältig aufbereitet und bietet reichlich Informationen.
Sicherlich ist das Buch größtenteils aus bekannten Quellen zusammengetragen und vermutlich wäre es noch interessanter, wenn Gabriel selbst intensiver dazu beigetragen hätte, doch für eine Biografie unter diesen Vorzeichen ist es durchaus empfehlenswert.
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