Es ist ja ein offenes Geheimnis, dass Künstler aller Sparten erst nach ihrem Ableben den Legenden-Status erreichen. Da fährt sich James Dean den Hals ein und steigt nach nur drei Filmen in den Olymp der Schauspieler auf. Ein Jochen Rindt stirbt beim Formel 1-Rennen in Monza und wird trotzdem posthum Weltmeister und somit zu einer unsterblichen Legende.
Auch in der Rockmusik gibt es unzählige solcher Beispiele. Jimi Hendrix und Janis Joplin sterben nach nur dreijähriger Karriere und werden zu Kultfiguren. Jim Morrison, Gram Parsons und Brian Jones erhalten nach ihrem Tod mehr Schlagzeilen als zu Lebzeiten und sind bis heute einem jeden Rock-Fan im Gedächtnis geblieben.
Auch in Irlands Musikszene gibt es solche Legenden. Rory Gallagher hat bis heute einen festen Kreis von Anhängern, die immer wieder mit Tribute-Konzerten und ähnlichen Veranstaltungen die Erinnerung an diesen großartigen Gitarristen wach halten.
Und noch ein Ire steht auf der grünen Insel ganz hoch im Kurs. Phil Lynott schrieb mit Thin Lizzy Rockmusikgeschichte und wurde im Jahr 2005 mit einer Bronzestatue in Dublin geehrt. Höchste Zeit also, seine Story auch in Buchform herauszubringen.
Wie nicht anders zu erwarten, mussten viele Jahre vergehen, bis es endlich eine gedruckte deutschsprachige Biografie von Thin Lizzy und ihrem Bandleader zu lesen gibt. Aber dieses Buch entschädigt für die lange Wartezeit. Von der ersten Seite an verfolgt man den Werdegang von Phil mit großem Interesse. In einem packenden Schreibstil wird seine teilweise schwierige Kinder- und Jugendzeit beleuchtet. Es war bestimmt nicht einfach, in den Fünfzigern als dunkelhäutiger Mensch und Sohn einer allein erziehenden Mutter in Dublin aufzuwachsen.
Schon bald wird klar, wo die Interessen des jungen Phil liegen. Die Dubliner Musikszene zieht ihn magisch an. Hier begegnet er auch zum ersten Mal Gary Moore, der gerade mit der Band Skid Row unterwegs ist und später ebenfalls bei Lizzy eine Rolle spielen wird.
Schon bald steht die erste Besetzung mit Eric Bell und Brian Downey auf den Bühnen der irischen Hauptstadt. Trotz ihres größten Erfolges "Whiskey In The Jar" ist Phil nicht so richtig glücklich mit seiner Musik, zumal die ersten Alben auch nicht den erhofften Erfolg gebracht haben.
So kommt es zum ersten Split der Band und dem Neuanfang mit nun zwei Gitarristen. Es folgt die ausführliche Beschreibung der Entwicklung von Thin Lizzy mit allen Höhen und Tiefen. Sowohl die internen Querelen zwischen Brian Robertson und Lynott, die immer wieder zum Ausbruch kommen und schließlich zu Änderungen im Line-up führen, werden angesprochen, wie auch zahlreiche Missstände zwischen der Band und ihren Labels, durch die fast alle Alben nicht richtig promotet wurden und so, vor allem in den USA, einen größeren Erfolg verhinderten.
Ausführlich werden das Songwriting und somit die teilweise anspruchsvollen Texte von Lynott unter die Lupe genommen und deren Umsetzung während der Aufnahmesessions beleuchtet. Dabei wird jede Produktion kritisch beurteilt. Für mich persönlich manchmal fast zu kritisch, denn es entsteht der Eindruck, als habe Thin Lizzy kaum ein gutes Album auf den Markt gebracht.
Auch das Tourleben mit allen Ausschweifungen ist ein Thema des Buches. Dabei wird deutlich, wie die zunehmende Drogensucht den Charakter und das ganze Wesen von Phil Lynott veränderte. Da auch die anderen Bandmitglieder keine Jungs von Traurigkeit sind, kommt es im Lauf der Zeit immer wieder zu handfesten Streitereien untereinander, wobei neben Robertson später vor allem Gary Moore immer wieder mit Phil zusammen rasselte.
Im Jahr 1983 war dann das Ende von Thin Lizzy gekommen. Dadurch war der große Traum von Lynott endgültig beendet. Da auch seine Ehe mit Caroline nach nur drei Jahren gescheitert ist, verliert er völlig den Halt und versinkt immer tiefer im Drogensumpf. Noch einmal versucht er mit seiner neuen Band Grand Slam zurück ins Rampenlicht zu kommen, doch dieses Vorhaben scheitert ebenso, wie seine Solo-Karriere, die nach zwei ziemlich erfolglosen Alben auch im Sand verläuft.
Am Weihnachtsfest des Jahres 1985 wird ein stark angeschlagener Phil Lynott ins Krankenhaus eingeliefert, wo er am 4. Januar 1986 verstirbt. Sein geschundener Körper hat den Dienst verweigert, und eine zusätzliche Lungenentzündung tut ein Übriges.
Die gesamte Geschichte von Phil Lynott ist akribisch recherchiert und spannend nacherzählt. Dabei kommen zu jedem Abschnitt Zeitzeugen zu Wort und schildern die Vorfälle jeweils aus ihrer Sicht. Auch so erschließen sich sehr interessante Aspekte zu den einzelnen Themengebieten.
Das Buch ist erstklassig zu lesen. Der Autor versteht es wirklich, spannend zu erzählen. Da fallen etliche Rechtschreibfehler nicht wirklich ins Gewicht. Etwas irritiert war ich allerdings, als ich »ein Tribute für den ehemaligen Sänger von Fairport Convention Sandy Denny« lesen musste. Die gute Sandy würde sich im Grabe umdrehen...
Ein weiteres leichtes Manko des Buches ist die Aufmachung. Man hätte etwas besseres Papier verwenden können. So schwabbelt es beim Lesen ziemlich hin und her und wirkt so ziemlich instabil. Dazu kommt der zweispaltige Text, der die Orientierung etwas erschwert. Auch bei der Fotoauswahl hätte man sich etwas Mühe geben können. Ich gehe jede Wette ein, dass dann wesentlich bessere Bilder gefunden worden wären.
Trotzdem liegt hier eine sehr informative Bandbiografie vor, die jeden interessierten Leser fesseln wird und jede Menge Fakten zur History von Thin Lizzy enthält.
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