Angelheart
Ein Interview mit Herzlichen Engeln
Rocktimes Interview
Kurz vor Veröffentlichung ihrer neuen CD Caution It Rocks! standen uns Janet La Rose und Paul Etterlin für ein paar Fragen zur Verfügung.
RockTimes: Angelheart - hinter diesem Namen könnte man alles Mögliche vermuten, nur keine Rockband. Wie seid ihr auf diesen Namen eigentlich gekommen?
Paul: Das hängt mit unserer Vergangenheit zusammen. Ich komme ja von den Wild Hearts und Janet von Allison. Wir haben alles Mögliche durchgespielt, so zum Beispiel auch Allison Heart und blieben dann bei dem jetzigen Namen hängen. Und außerdem hat Janet ja wunderschöne, lange blonde Haare - wie ein Engel eben. Sie ist der Engel und ich das Herz. (Alle lachen)
RockTimes: Ihr habt vor der Gründung von Angelheart, wie schon erwähnt, in verschiedenen Bands gespielt. Wie kam es nun zu dieser Fusion? Was war der Grund dafür?
Janet: Die liebe Liebe!
RockTimes: Alles klar, das sagt alles.
Paul: Wir machen ja viele Studiojobs in der Schweiz und bei einem dieser Jobs haben wir uns kennengelernt. Zuerst waren wir nur privat zusammen und später haben wir uns auch musikalisch zusammengetan: Angelheart.
RockTimes: In der Bandinfo von "Brooke-Lynn Promotion" sind außer euch Beiden auch Urs Furrer an den Drums, Thomas Küng an den Keyboards sowie ein Marco am Bass aufgeführt. Auf Eurer Homepage sind als Drummer Rainer Laretan sowie der Gitarrist Toni Lumiella als Bandmitglieder zu sehen. Wie ist das zu verstehen und gehört der Basser Marco nicht zum festen Line up?
Paul: Die Angaben auf der Homepage sind die aktuellen. Da ist irgend etwas mit einer alten Biografie schiefgelaufen.
RockTimes: Paul, Du bist Vollblutmusiker. Ich habe gelesen, Du warst am Konservatorium und hast an der Akademie für Schul- und Kirchenmusik deinen Abschluss im Hauptfach Gitarre gemacht.
Als Studiomusiker hast Du Dir bereits jede Menge Sporen verdient. Welchen Stellenwert wird Dein Studiojob weiterhin einnehmen?
Paul: Ja, das stimmt mit dem Abschluss. Für mich ist die Arbeit als Studiomusiker immer noch ein wichtiger Zweig, der über alle Bereiche geht. Ob das nun volkstümliche Musik ist, Pop oder Jazz.....gerade was so kommt. Es ist nicht nur ein Broterwerb - ich möchte auch auf der Gitarre up to date bleiben.
RockTimes: Da Du ja offensichtlich mit Leib und Seele Gitarrist bist, gibt es welche, die Dich ganz besonders beeinflusst haben, hast Du gar Idole? Es müssen nicht unbedingt noch Lebende sein.
Paul: Ja natürlich, ich habe wegen Jimi Hendrix angefangen Gitarre zu spielen. Er hat mich schon wahnsinnig beeindruckt.
Jetzt ist Steve Morse von den Dixie Dregs, der mitterweile bei Deep Purple spielt, quasi "mein Gott". Er ist für mich "Der" Gitarrist in allen Bereichen, denn er hat auch Klassik studiert und ist in allen möglichen Stilen zu Hause.
RockTimes: Wie viele Gitarren hast Du und gibt es eine davon, die Du besonders gerne spielst?
Paul: Ja klar. Genau weiß ich nicht, wieviele Gitarren ich habe - irgendwas zwischen 30 und 35. Ich habe da momentan ein virtuelles Instrument, mit welchem ich auch das aktuelle Album eingespielt habe. Es ist eine virtuelle Gitarre mit dem Namen "Variac". Man kann damit 26 verschiedene, legendäre Gitarrensounds einstellen; ich finde das ganz klasse.
RockTimes: Janet, Du hast eine tolle Stimme. Hast Du diese professionell geschult bzw. wann hast du angefangen zu singen?
Janet: Erst mal Dankeschön für das Kompliment. Ich habe mit 16 Jahren begonnen in einer Band zu singen. Das ging fünf Jahre und war so intensiv - bis zur Stimmlosigkeit. Ich machte mir wirklich ernsthafte Sorgen und ging zu einem Spezialisten, der mich nach der Behandlung zu einer Opernsängerin schickte. Es war eine Amerikanerin, die am Züricher Opernhaus ein Engagement hatte und nebenbei Gesangsunterricht gab. Zwei mal die Woche und das 2 Jahre lang, war ich bei ihr und habe so meine Ausbildung bekommen. Es war dann der Punkt erreicht, an dem sie mich überreden wollte, auf der klassischen Schiene weiterzumachen. Ich wollte aber "meiner Sache" treu bleiben, Um aber up to date zu bleiben, habe ich zwischendurch immer mal wieder Stunden genommen.
RockTimes: Hast Du auch musikalische Vorbilder und wenn ja, welche?
Janet: Wer mich immer wieder begleitet ist Heart. Ann Wilson ist für mich eine Künstlerin, die ihr Können mit Herz und Gefühl verbindet. Ihr Einfluss auf mich war schon sehr groß.
Ich kaufe mir auch immer wieder CDs von Künstlern, deren Stimmen mich ansprechen.
RockTimes: Du bist die Frontfrau der Band. Wer von Euch hält die Fäden in der Hand? Bist Du sozusagen die Chefin und gibst den Weg vor, oder fallen all Eure Entscheidungen demokratisch?
Janet: Chefin auf gar keinen Fall.
Paul: Sie ist die Chefin, ich bin der Chef. (Gelächter)
Janet: Was ist los?
Wir haben eine gute Aufteilung. Wenn ich ein Anliegen habe, teile ich Paul meine Idee mit und wir reden drüber und finden dann immer einen gemeinsamen Nenner. Paul schreibt die Songs - er hat durch seine Ausbildung ein sehr großes musikalisches Wissen. Ich verlasse mich da schon sehr gerne auf ihn.
RockTimes: Seid Ihr alle in der Band Profi-Musiker oder haben einige von Euch, außer Paul natürlich, noch ganz normale, bürgerliche Berufe?
Paul: Janet arbeitet als Chemielaborantin, Toni ist Musiklehrer, unser Keyboarder ist Klavierlehrer und der Urs ist zur Hälfte Landwirt. Wir können leider nicht leben von Angelheart, aber die Hälfte von uns ist auch beruflich im musikalischen Bereich zu Hause.
RockTimes: Wie entstehen Eure Songs, arbeitet ihr nach einem bestimmten Konzept? Entsteht z.B. zuerst der Text und wird dieser dann musikalisch umrahmt oder ist es eher umgedreht?
Paul: Bei diesem Album ist eigentlich alles eher umgedreht passiert. Ich habe die Musik und die Melodien geschrieben. Erst ist da so eine Art Fantasietext, dann schicke ich die Arbeit unserem alten Bassisten Marco Meniconi und der macht dann einen richtigen Text daraus. Das hat bisher immer prima funktioniert. Wir kennen Marco schon über 20 Jahre - er ist wirklich ganz sensibel und intelligent und wir wissen, dass er auch uns gut kennt. Die Chemie stimmt einfach.
RockTimes: Irgendwie hab ich den Eindruck, ihr habt ein ganz besonderes Händchen für Melodien. Das hab ich auch in meinem Review erwähnt. Nun ist es ja nicht einfach, etwas völlig Neues zu erfinden, alles war schon mal irgendwie da gewesen. Woher kommen Eure Einfälle?
Paul: Genau wie du sagst, es geht uns nicht darum die Rockmusik neu zu erfinden, das kann man nicht. Man kann sie natürlich verschieden auslegen. Es gibt eben nur diese acht Töne, aber ungeheuer viele Varianten, wie man diese umsetzen kann. Für mich besteht Musik aus Melodie, Harmonie und Rhythmus und wenn eines davon fehlt, ist es für mich keine Musik.
RockTimes: Was steht für Euch im Mittelpunkt der Songs? Die Melodie oder der Text?
Paul: Ich glaube, für einen Song ist beides wichtig. Der Text ist das Sprachrohr für die Sängerin. Die Musik, bzw. das ganze Backoffice ist für die Musiker das Handwerkszeug.
RockTimes: Was ist einfacher zu schreiben: Balladen oder rockigere Songs?
Paul: Keines von beiden ist einfach. Aber für mich ist es irgendwie doch einfacher, Balladen zu schreiben. Vermutlich, weil ich Melodiker bin.
RockTimes: Jede Band wird in eine sogenannte musikalische Schublade gesteckt. Auch von RockTimes wurdet ihr gnadenlos der Schublade "Melodic-Rock" zugeordnet. Würdet ihr Euch selbst ebenfalls so einordnen, oder hasst ihr dieses Schubladendenken?
Paul: Das ist schwierig. Ich habe vor kurzem auch darüber sinniert in welche Richtung wir eigentlich gehen. Ich glaube, es ist einfach Rock.
Janet: Wenn schon Rock, dann doch Melodic-Rock. Mir ist auch klar, dass man Kategorien erstellen muss, sonst würde man in großen Plattenläden ja nichts mehr finden. Melodic-Rock: da passen wir schon rein.
Paul: Armbrustrock, du weißt schon, unser Nationalheld, der Wilhelm Tell. (alles lacht)
RockTimes: Wenn man die Entwicklung von Eurem Debüt zu "Caution It Rocks!" beobachtet: ihr seid merklich rockiger geworden. Habt ihr vor, zukünftig doch eher eine noch härtere Gangart einzuschlagen, statt radiokompatibel zu sein?
Paul: Für Janets Stimme ist der rockige Untergrund genau das Richtige. Es bringt niemanden etwas, wenn man probiert, für das Radio Musik zu machen. Wenn die einen spielen wollen, dann tun sie das und wenn nicht, gibt es tausende Ausreden. Es gibt da nichts, wonach man sich richten könnte.
RockTimes: Auf "Wild Heart Of Allison" covert ihr den Pat Ballard-Klassiker "Mr. Sandman" und auf dem neuen Album nehmt Ihr Euch "Substitute" von Clout vor.
Wie seid Ihr auf diese Idee gekommen und soll das zukünftig beibehalten werden?
Janet: "Substitute" verfolgt mich seit meiner Jugend und war auch eine der ersten Singles, die ich mir gekauft hatte. Dieser Song hat mich immer schon fasziniert und es war ein Wunsch von mir, den Titel mal auf einer eigenen CD zu haben.
"Mr. Sandman" haben wir in einer Wirtshaus-Jukebox als Hintergrundmusik gehört und spontan wurde die Idee geboren, das Lied mit aufs Album zu nehmen. Es brauchte ein paar Aufnahmen, bis er im Kasten war, denn der Titel ist ziemlich kompliziert, da er vierstimmig gesungen wird.
Ich denke wir behalten ein Cover pro CD bei, sofern uns spontan etwas passendes über den Weg läuft.
RockTimes: Würdet Ihr bestimmte Kompromisse eingehen, um noch erfolgreicher zu werden?
Paul: Ich müsste lügen, würde ich nein sagen. Natürlich wollen wir erfolgreich sein, aber ich denke, es dürfte uns in unseren Grundfesten nicht verändern.
RockTimes: Wie zufrieden seid ihr mit der Promotion Eures neuen Albums?
Paul: Ja wir sitzen hier im Büro unserer Promoterin und können somit gar nichts negatives sagen (allgemeines Gelächter). Aber nein, wir sind schon seit zwei Tagen hier und Birgit hat bereits viel für uns organisiert. Es klappt auch auf der menschlichen Ebene und das ist für uns schon wichtig.
RockTimes: Ist eine Tour geplant und ist es möglich, Euch auch in Deutschland live erleben zu können?
Paul: Ja, wir sind da gerade am abchecken und verhandeln mit Veranstaltern aus dem süddeutschen Raum und ich denke, das da bis zum Sommer schon was zu machen sein wird.
RockTimes: Stichwort Casting, Starsearch usw., ist doch sicherlich im Schweizer TV ebenfalls an der Tagesordnung. Was haltet ihr davon und wie beurteilt Ihr eigentlich die heutige Musikszene allgemein?
Paul: Ja, das ist natürlich der Oberrenner, Musikstar heißt das bei uns - absoluter Quotenknüller. Musikstar hatte schon ein paar ganz gute Acts dabei gehabt und es wird sich zeigen, ob die auch den "Schnauf" haben, da anzuknüpfen und ob die Industrie sie nicht wieder fallen lässt.
Für uns Profis stellt sich das schon ab und an so dar, dass alle Musik machen, also TV-Stars und so, bloß die Musiker selbst nicht mehr. Ist manchmal nicht ganz so einfach.
RockTimes: Nun eine Frage, die nur am Rande mit Musik zu tun hat: es betrifft ein aktuelles, trauriges Thema, welches die Gemüter der Menschen doch sehr bewegt.
In Deutschland engagieren sich Bands wie Doro, Bonfire, Die Toten Hosen usw. für die Opfer der Tsunami-Flutkatastrophe. Ist in der Schweiz ähnliches geplant?
Paul: Es gibt heute Abend eine Gala im Fernsehen, bei der die Promis am Telefon sitzen und Spenden annehmen. Aber speziell im Rock-Bereich weiß ich nicht, ob da etwas läuft. Gehört haben wir noch nichts, aber die Band hat natürlich einen Betrag gespendet.
RockTimes: Paul, Janet - ich danke Euch für das Interview, hat viel Spaß gemacht.
Paul und Janet: Ja uns auch.
Danke auch an Birgit von "Brooke-Lynn Promotion", die dieses Interview möglich gemacht hat.
Für unsere Leser gibt es noch ein ganz besonderes Bonbon, denn Angelheart werden CDs für uns signieren, die wir hier verlosen.
Anmerkung
Diese virtuelle Gitarre, die Paul erwähnte, hat unsere Neugier doch etwas geweckt und wir haben mal geforscht.
Da gibt es eine schweizer Seite (was auch sonst *g*), die das Teil wie folgt beschreibt:
Zitat:"Die Variax sieht zwar aus wie eine herkömmliche Gitarre, hat aber keine magnetischen Tonabnehmer. Ihre Saitenresonanzen werden mit einem hexaphonen Tonabnehmer am Steg abgenommen und vom Instrument selbst auf digitaler Ebene bearbeitet."
Da haben wir den Paul auch falsch verstanden, denn das Teil heißt nicht Variac, sondern Variax.
Mehr Infos dazu unter: Raas Soundequipment
Angelheart, Interview, 2005
Ilka Czernohorsky, 05.01.2005