Ani Lo.Projekt / Miracle
Miracle Spielzeit: 50:41
Medium: CD
Label: DOTT, 2011
Stil: Heavy Metal

Review vom 17.05.2011


Boris Theobald
Gut aussehen und sich gut anhören, das passt im Musikbusiness nicht immer so ganz zusammen. Leute wie Paul Potts und Suzan Boyle hätten die Platten-Bosse bestimmt nicht bei einer Modenschau mit anschließendem Wet-T-Shirt-Contest gecastet ... hinter dem Ani Lo.Projekt steckt allerdings eine Dame aus Bulgarien, bei der passt das ganz erstaunlich gut zusammen – auch wenn Schönheit ja immer noch Geschmacksache bleibt. Namensgeberin Ani Lozanova hat in der Vergangenheit schon mal ganz gern gezeigt, was sie hat und für die einheimische Ausgabe des Hasenmagazins blank gezogen.
Ihr tiefer gehenderes Talent steckt aber von je her in der Kunst für die Ohren – schon als Jugendliche stand sie bei einheimischen Talentshows (textilummantelt) auf der Bühne. In Bulgarien hat sich Ani Lozanova wohl gar schon einen respektablen Ruf als Sängerin erarbeitet. Fast hätte sie schon mal auf einer großen internationalen Bühne im Rampenlicht gestanden. Beim Eurovision Song Contest 2009 in Moskau gehörte sich mit zwei weiteren Sängerinnen plus diversen Gimmick-Statisten zur Bühnendeko des bulgarischen Teilnehmers Krassimir Awramow. Bis in die ARD hat's aber nicht gereicht, denn im Halbfinale war Ende Gelände.
So viel zur Vorgeschichte, denn schön bunt ist sie ja! Aber nun zum Hier und Jetzt: Ihr bereits drittes Album soll für Ani Lozanova internationale Schwermetall-Türen öffnen. Und zu diesem Zweck hat sie sich mit erfahrenen Bleigießern zusammengetan. Stephan Lill (Vanden Plas) und Ian Parry (Elegy, Consortium Project, Crystal Tears) haben beim Songwriting geholfen; Lill hat zudem diverse Soli eingespielt und Parry die ganze Chose produziert. Und zwar in Markus Teskes bewährten Bazement Studios in der Nähe von Wiesbaden – da ahnt man schon, dass es Wumms hat und schön groovt!
Die Erwartungen werden voll erfüllt, und zwar mit einem abwechslungsreichen, schwermetallisch-hart rockenden Stilmix. "Angels" und "Innocent Minds" sind Goth-getränkte Bombast-Hymnen mit edel-pompösen Chören und lyrischen Piano-Elementen, etwas im Stile von Nightwishs "Wishmaster". Stark! Aber noch besser wird's, wenn sich Frau Lozanova stilistisch mehr freischwimmt, zum Beispiel beim melodischen Power Metal-Kracher "Cry Over". Großartiger Powergesang – clean und technisch einwandfrei, und trotzdem leicht dreckig – und dazu eine rasiermesserscharfe Rhythmussektion mit Druck & Dynamik.
Beim ungeheuer spannenden, aufwühlenden und wechselhaften "Ark Of The Covenant" merkt man gleich, dass Stephan Lill seine Finger an der Partitur hatte – angeproggt, leicht komplex und sehr dramatisch! Das Effekt-beladene "Cannot Fall Asleep" mit mysteriös-zurückhaltender Strophe und hypnotisch düster nach vorn marschierendem Refrain ist der stärkste von mehreren Beweisen dafür, dass auch moderne Elemente verwandt werden. Das dürfte durchaus Kamelot-Jünger begeistern – natürlich mit der besonderen Note des weiblichen Gesangs! Damit beeindruckt Ani Lozanova am meisten in "A Miracle Is All We Need": Der Solo-Einstieg nur mit Klavier mit perfekten Wechseln in die Kopfstimme – boah, das verursacht Gänsehaut – und später diese epische Power ... ganz groß!
Auch mit ruhigen Stücken kann sie ordentlich Punkte sammeln. "Slip Away" beginnt sehr reduziert, der Gesang kommt zart, fast wie in Trance, leicht verzaubert ... und Ani Lozanova erinnert streckenweise an Kate Bush, kein Witz! So viel zur 'echten' Ballade. Das ist "Fly" nicht, aber zumindest eine getragenere Nummer, bei der das Atmosphärische im Vordergrund steht. Und diese Atmosphäre ist atemberaubend – ein super groovender, rhythmisch angeschrägter, dynamischer Drive, und darüber schwebt die wunderschöne Gesangsmelodie. Nochmal Gänsehaut.
Und dann wird noch gecovert – mal mehr und mal weniger. 'Mehr' bei "Give In To Me" von Michael Jacksons "Dangerous"-Scheibe. Der Song wird zu einer krassen Bombast-Nummer. Und 'weniger' bei "What You Sow Is What You Reap". Diese Kooperation zwischen Stephan Lill und Ian Parry war schon auf Parrys zweiter Consortium Project-Scheibe veröffentlicht. Krasser Brecher, schön düster und mit mammutösem Slow-Double Bass. Die neue Version ist noch ein Stück besser als das Original, wegen des Gesangs!
Ani Lozanova hat einfach eine prachtvolle und zugleich sehr facettenreiche Stimme! Fans von Frauen-Frontern wie Benedictum, Holyhell oder Triosphere haben mit Ani Lo.Projekt einen frischen Pflichtkauf; und die Goth- und Prog-Portionen darin machen es nur noch kurzweiliger. Das ist epischer Breitwand-Bombast mit Feinsinn für Details, bei dem eine ganze Handvoll an Ohrwürmern lange nachklingen. Stark – auch mit Klamotten!
Line-up:
Ani Lozanova (lead vocals)
Konstantin Dinev (drums)
Vlado Todorov (guitar)
Kalin Zhechev (keyboard)
Straho (bass guitar)

With:
Ian Parry (vocals - #11)
Stephan Lill (guitar solos - # 3,10)
Tracklist
01:A Miracle Is All We Need (4:35)
02:Angels (4:06)
03:Ark Of The Covenant (5:05)
04:Cannot Fall Asleep (4:07)
05:Cry Over (4:23)
06:Fly (5:30)
07:Give In To Me (4:35)
08:Innocent Minds (4:12)
09:Slip Away (4:11)
10:What You Sow Is What You Reap (4:39)
11:A Mircale Is All We Need [piano version, duet with Ian Parry] (5:11)
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