Annihilator
Feast (Special Limited Digibook Edition)
Feast Spielzeit: 49:42 (CD 1), 71:15 (CD 2), 68:25 (Bonus-DVD)
Medium: Doppel-CD + DVD
Label: UDR Music, 2014 (2013)
Stil: Thrash/Speed Metal

Review vom 13.04.2014


Marius Gindra
Eines vorweg: Über den Sinn und Zweck, eine Studioscheibe nur rund ein halbes Jahr nach Erstveröffentlichung mit massig Bonusmaterial und weiterem Schnickschnack erneut auf den Markt zu wuchten, kann man sich selbstverständlich stundenlang streiten. Doch wenn dies in einer solchen Aufmachung wie bei der - natürlich limitierten - Digibook-Edition des neuen Annihilator-Albums geschieht, sollte man wirklich einmal genauer hinhören! Verziert mit einem edlen, komplett neu gestalteten 3D-Frontcover, 16-seitigen, inliegenden Booklet (inklusive aller Songtexte sowie einigen Bildern des Wacken-Auftritts) und versehen mit zwei Bonusdiscs macht dieses Prachtstück schon allein bezüglich der Haptik verdammt viel her.
Das Herzstück dieser (Wieder-)Veröffentlichung bildet natürlich das im letzten August erschienene Studioalbum "Feast", das mittlerweile 14. Langeisen der seit nun 30 Jahren existenten Kanadier. Kollege Boris hatte das Album bei Release bereits detailliert seziert; und ich kann seiner Meinung in vielen Aspekten zustimmen. In üblicher Annihilator-Manier wird auf knapp 50 Minuten technischer Anspruch, filigrane Gitarrenarbeit und Thrash-Aggression derart homogen verbunden, dass es ein wahres Manifest ist. Der aktuelle Sänger Dave Padden scheint sich auch nach einem Jahrzehnt im Bandgefüge immer noch sehr gut zurecht zu finden, stand die Band doch vor rund 15-20 Jahren als Synonym von Line-up-Instabilität. Sicherlich sind seine stellenweise sehr melodisch-cleanen Vocals - wie so vieles - Geschmackssache, doch gesangliches Talent schlummert in dieser Stimme zu jeder Zeit. Und dass der gute Mann diese auch live gut reproduzieren kann, konnte ich bereits mehrmals mit eigenen Ohren bezeugen... Die zeitgemäße, drückende Produktion - natürlich veredelt von Mr. Waters himself - steht dem Songwriting äußerst gut zu Gesicht, ohne die nötige Natürlichkeit und Seele vermissen zu lassen. Die von Herrn Theobald so hochgelobte Ballade "Perfect Angel Eyes" halte ich persönlich zwar eher für den Schwachpunkt der neun Tracks. Ich könnte mir jedoch beispielsweise den genialen, technisch-thrashigen Opener "Deadlock" (Mein persönlicher Favorit des Albums!), das eingangs mächtig groovende "Smear Campaign", den ehrwürdigen Rock'n'Roll-Tribut "Wrapped" (mit Danko Jones als Gastsänger) oder die erst ruhig und balladesk startende Knüppelgranate "Fight The World" auch noch in etlichen Jahren als Stimmungskanonen in ihren Live-Sets vorstellen. Doch in einem werden der werte Herr Kollege und meine Wenigkeit definitiv einer Meinung bleiben: Ja, tatsächlich haben Annihilator vor vielen Jahren noch geilere Ohrwürmer fabriziert als Anno 2013. Wo wir auch eine gute Brücke zum nächsten Teil des Boxsets schlagen...
Denn auch auf dieser Deluxe-Version ist die bereits von Boris angesprochene "Re-Kill"-Bonusscheibe vertreten. Neuaufnahmen sind im ganz harten Kern der Szene zum größten Teil äußerst verpönt. Sicherlich gingen da in den letzten Jahren einige Projekte amtlich in die Hose (Hallo, Mr. DeMaio!) und auch hier werde ich wohl auf lange Sicht bei einem guten Teil die Originalversionen bevorzugen. Dave ist eben kein zweiter Randy Rampage und kann die spitzen Psycho-Screams von "Alison Hell" schlichtweg nicht so besessen rüber bringen wie das Original. Auch das Niveau eines Coburn Pharr (Sänger des Zweitlings "Never, Neverland") erreicht er meiner subjektiven Meinung nach nicht ganz; hier fehlt ebenfalls dieser leicht asoziale, verruchte Hauch des Unfertigen. Padden glänzt eher durch gesangliches Können, seine harmonische und dennoch mit dem ausreichenden Fünkchen Aggression versehene Stimme hat bei vielen Songs schlichtweg einen etwas moderneren Touch im Vergleich zu den Erstfassungen. Nichtsdestotrotz bereiten Alltime-Klassiker wie "Fun Palace", die legendären Highspeed-Geschosse "W.T.Y.D. (Welcome To Your Death)" und "Word Salad", die melancholisch startende Riff-Granate "Never, Neverland" oder die weiter oben schon erwähnte Band-Überhymne auch im neuen Gewand noch mächtig Spaß! Zudem hat man auch hier den Sound noch natürlich und lebendig genug gelassen und die - zumeist jeder Kritik erhabenen - Songs nicht durch eine klinische, überdigitalisierte Produktion zerstört.
Der letzte Part dieser Veröffentlichung bildet die DVD mit der knapp einstündigen Show beim letztjährigen Wacken Open Air, die hiermit erstmals zu offiziellen Veröffentlichungsehren kommt. Als Opener an diesem sonnigen Donnerstagnachmittag hatte man "Smear Campaign" vom dato noch unveröffentlichten Neuling ausgewählt, gefolgt von "King Of The Kill", das Jeff Waters nach wie vor überwiegend selbst singt. Zwischen Songs neueren Datums reihen sich ausreichend Klassiker der ersten drei Alben (sehr geil auch, dass man nach wie vor den Gassenhauer "I Am In Command" im Liveprogramm aufführt und auch "Set The World On Fire" noch nicht aus der Setlist gestrichen hat...). Das Publikum schien ordentlich seinen Spaß zu haben; man sieht überwiegend freudige Gesichter, mitgröhlende Fans und headbangende Mähnen in den ersten Reihen und hat weniger den Eindruck, die nervigen Festivaltouristen hätten den echten Fans mal wieder die begehrten Plätze weggekrallt. Der übliche Hampelmann-Moshpit bei einer Speed-Nummer wie "W.T.Y.D." darf dennoch nicht fehlen... Eine schweißtreibende Clubshow - bei denen die Kanadier nach wie vor immer noch am besten anzusehen sind (ich denke da nur mit Wehmut an die großartige Show in der alten Frankfurter Batschkapp 2010 zurück...) - hätte hier vielleicht noch mehr Sinn gemacht. Dennoch beweist dieser Videosilberling, dass Annihilator auch nach drei Dekaden noch auf großen Bühnen bestehen können. Als kleines Extra gibt's noch zwei Videoclip-Versionen (einmal das 'Official Video' sowie ein 'Performance Video') des Albumtracks "No Way Out" oben drauf.
Kommen wir zum schlussendlichen Fazit: Grundlegend ist diese Neuaufmachung für jeden Annihilator-Sammler ein absolutes Muss, selbst wenn man die Erstauflage schon im Schrank stehen hat. 8 von 10 RockTimes-Uhren
Line-up:
Dave Padden (vocals)
Jeff Waters (guitars)
Alberto Campuzano (bass, only on "Re-Kill")
Mike Harshaw (drums)
Tracklist
CD 1 "Feast":
01:Deadlock
02:No Way Out
03:Smear Campaign
04:No Surrender
05:Wrapped
06:Perfect Angel Dies
07:Demon Code
08:Fight The World
09:One Falls, Two Rise
CD 2 "Re-Kill":
01: Fun Palace
02:Alison Hell
03:King Of The Kill
04:Never, Neverland
05:Set The World On Fire
06:W.T.Y.D.
07:Nozone
08:Bloodbath
09:21
10:Stonewall
11:Ultra Motion
12:Time Bomb
13:Refresh The Demon
14:Word Salad
15:Brain Dance
Bonus-DVD "Annihilator Wacken 2013":
01:Smear Campaign
02:King Of The Kill
03:No Way Out
04:Clown Parade
05:Set The World On Fire
06:Welcome To Your Death
07:Fun Palace
08:I Am In Command
09:No Zone
10:Fiasco
11:Alison Hell
Externe Links: