Seit einigen Monaten veröffentlicht Steamhammer/SPV, die neue Plattenfirma der legendären, kanadischen Power/Speed-Pioniere Anvil, ihre gerne übersehenen Schinken ab Output Nummer vier erneut als noble Digipaks. Zuerst waren "Strength Of Steel" (1987), "Pound For Pound" (1988) und "Worth The Weight" (1992) allesamt als einzeln veröffentlichte CDs an der Reihe, nun folgen die vier - Ära-bedingt - kommerziell ziemlich erfolglosen Longplayer der Massacre Records-Phase (1996 bis 2001). Sie kommen als Doppel-CDs im aufklappbaren Digipak mit einem beiliegendem Booklet, in dem sämtliche Lyrics aller 20 Songs und jeweils Linernotes von Frontmann Lips und Drummer Robb zu finden sind.
Die älteren beiden Scheiben sind "Plugged In Permanent" (dessen Cover laut Robb ein 'Fuck You'-Statement gegen die damalige Unplugged-Welle darstellte) von 1996 und "Absolutely No Alternative" aus dem Jahre 1997. Doch wer jetzt denkt, dass auch Anvil sich damals den widerwärtigen Alternative- und Hose-und-Gitarre-so-tief-dass-man-schon-den-Erdkern-sehen-kann-'Metal'-Trends anbiederten, der liegt vollkommen falsch. Ungehobelt wie eh und je holzten sich Lips, sein geistiger Bruder Robb und ihre beiden Mitstreiter Ivan Hurd sowie Studio-Bassist Mike Duncan durch jeweils zehn knackige Tracks.
Bei "Plugged In Permanent" fiel mir sofort die etwas thrashigere, brutalere Produktion der Drums und Gitarren auf und auch das Songwriting klingt für Anvil-Verhältnisse ziemlich aggressiv. Nichtsdestotrotz bot das Quartett klassisches Echtmetall-Futter für jeden Fan, jede Menge Ohrwürmer (besonders die Kiffer-Hymne "Smokin' Green" dürfte da schnell ins Ohr gehen) und eine ungezügelte Energie, die damals kaum eine Band der 80er - sieht man mal von Truppen wie Motörhead, Running Wild oder Saxon ab - verbreitete. Die Fans von langsameren, gleichzeitig aber auch brachialen Anvil-Songs in typischer "Forged In Fire"-Tradition wurden mit dem passend betitelten "Destined For Doom" zufrieden gestellt und mit der Schlussnummer "Guilty" hatten sie einen ganz schön düsteren, schleppenden Brocken im Gepäck. Summa Summarum: Authentischer konnte Metal im Jahre 1996 kaum klingen!
"Absolutely No Alternative" (sehr cooles Cover auch hier!) kann das Niveau problemlos halten, klingt jedoch produktionstechnisch basslastiger und nicht ganz so heavy wie sein Vorgänger. Das Songwriting ist rockiger, melodischer und simpler. Mit "Old School" hat man gleich einen coolen Opener mit einem ebenso feinen Text platziert, gefolgt vom äußerst romantisch betitelten "Show Me Your Tits". Die restlichen acht Nummern sind kaum schlechter, gerade "Rubber Neck" peitscht wunderbar schlicht ins Ziel. Die Lyrics zu "Piss Test", eine witzig umschriebene Kampfansage an polizeiliche Drogentests, sind darüber hinaus in der Top 3 ihrer Schreibkünste anzusiedeln. Kurz und bündig: Zehn feine Tracks, die dem üblichen Anvil-Standard voll und ganz entsprechen. Auch hier: Eine wahnsinnig geile Scheibe für ein Jahr wie 1997!
Logischerweise kommen beide Scheiben, von der Band selbst produziert, qualitativ nicht an die ersten drei Klassiker heran (und es dürfte auch keine einzige Langrille dieser Band jemals mehr schaffen, ein zeitloses Hymnen-Feuerwerk wie "Metal On Metal" zu toppen), dennoch finden sich auf beiden Outputs ein paar wirklich tolle Songs, bei denen jeder Anvil-Fan steil gehen sollte. Es wundert mich doch sehr, dass ich bei allen Shows, die ich bisher von ihnen sah, keine Songs dieser beiden Platten um die Ohren geblasen bekam.
Gesamtwertung: 8 von 10 RockTimes-Uhren!
Steve 'Lips' Kudlow (guitar, vocals)
Ivan Hurd (guitar)
Mike Duncan (session-bass on "Plugged In Permanent")
Glenn Five (bass on "Absolutely No Alternative")
Robb Reiner (drums)
Tracklist |
CD 1 - Plugged In Permanent:
01:Racial Hostility
02:Doctor Kevorkian
03:Smokin' Green
04:Destined For Doom
05:Killer Hill
06:Face Pull
07:I'm Trying To Sleep
08:Five Knuckle Shuffle
09:Truth Or Consequence
10:Guilty
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CD 2 - Absolutely No Alternative:
01:Old School
02:Green Jesus
03:Show Me Your Tits
04:No One To Follow
05:Hair Pie
06:Rubber Neck
07:Piss Test
08:Red Light
09:Black Or White
10:Hero By Death |
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