Sieben Jahre nach Bandgründung erschien mit "Adonis" das erste Album der 1972 von Uwe Karpa und Matthias Ulmer ins Leben gerufenen Anyone's Daughter. In den sieben Jahren spielten sie, zuerst mit Drummer Sascha Pavlovic, in Jugendhäusern und neben Eigenkreationen auch Coversongs. Daher auch der Name, der einen Deep Purple-Song zum Vater hat.
Später kam ein neuer Schlagzeuger, Hansi Derer, der auch gleich den Sänger Harald Bareth im Schlepptau hatte. Harald hören wir auf "Adonis", wogegen an der Schießbude nun Kono Konopi sitzt. Übrigens, sechs Drummer ziehen sich durch die Vita der Truppe, die sich im Jahre 2000, vier Jahre nach der Trennung, wieder zusammenfand.
Auf "Adonis", wie auch auf dem 1980er Nachfolger "Anyone's Daughter", gibt es die Texte auf Englisch und das ist gut so, denn bei dieser Art des angenehmen und hoch-melodischen Progs kommt das am besten. Filetstück ist das in vier Parts geteilte Titelstück, welches über die Distanz von 24 Minuten keinen Vergleich mit den damaligen, britischen Großen des Prog, Yes und Genesis zu scheuen braucht. Und das bei Musikern, die gerade mal ein Jahr zuvor ihr Abitur abgeschlossen hatten. Gerne zitiere ich an dieser Stelle den Promozettel: »Von der Schülerband zu Profimusikern«
Melodisch, im besten Sinne des Siebziger-Prog startet Part I des vierteiligen "Adonis". Orgel, Moog, Gitarre bekommen ihre Momente, um den klaren Gesang zu begleiten. Perkussiv und fast wild dagegen, der stark mit Tasten und Gitarre besetzte zweite Teil. "Part III" baut monströse, melodische Moog-Wände auf. Anyone's Daughter machten auf "Adonis" nicht den Fehler, zu sehr mit allen Möglichkeiten des Synthesizer zu spielen, auch wenn dieser gerade von der Kette ist. Jedoch ist das Songgerüst durch Bass und Drums nie durchbrochen. Die Keys bleiben 'verfolgbar' und wäre das gerade zu rezensierende Werk neueren Datums, ich würde 'herrlich Retro' schreiben.
Teil vier startet klassisch inspiriert. Mit süßlicher Orgel und ebensolchen Vocals schwebt der Track dahin und immer wieder sinniert man, dass hier junge Musiker am Werke sind und eine Arbeit an den Tag legen, die aufhorchen lässt.
Natürlich wollten die Jungs (wie viele Schülerbands damals) ins Profilager. Die Erfolge ihrer Auftritte ließen auch keinen anderen Schluss zu, aber es gab kein YouTube und kein MySpace. Damals musste man wirklich was können. Und selbstverständlich auch das berühmte Quäntchen Glück haben und die richtigen Bekannten haben. Und das war ein Musiker und Fan, dessen Vater Chef von PolyGram war. Zu PolyGram gehörte Metronome. Und dann ging es flott mit einem Vertrag bei Brain/Metronome. Des Weiteren hatte die Band auch einen guten Manager und so nahm es seinen Lauf …
"Blue House" ist ein Tasten-dominiertes Instrumental und dem blauen Haus gewidmet, in dem die Band lebte und probte. Die Nummer ist ruhig und entspannt gehalten, wie, um sich von den gerade gehörten 24 Minuten etwas zu entspannen. "Sally" ist verspielt und wie die Band selbst sagt, wollte man auch mal ein leichtes, poppiges Stück bringen. Das Saxofon, gespielt von Gastmusiker Pit Widmer verleiht "Sally" auch eine leicht verspielte und schwach angejazzte Komponente. Lustig, wenn Uwe Karpa diesen Track als poppig bezeichnet. Ich möchte nicht wissen, wie er den heutigen Pop wohl bezeichnet …
Das Titelstück ist dagegen wieder im gewohnten Metier und lässt den Jungs Freiraum für Ausflüge. Schön, wenn Uwe die Gitarre laufen lässt und Harald mit seiner Fender brabbelt. Die Drumsticks rollen über die Felle und natürlich sind die Tasten all over. Gegen Ende des Songs nimmt die Steigerung in Richtung Track-Ende gar gewaltige Züge an. Klasse!
Klasse auch die beigelegten und bisher unveröffentlichten beiden Titel: "The Taker", mit einem Wahnsinns-Gitarrenpart zu spärlicher Perkussion und dezenter Orgelbegleitung, sowie "The Warship", ein Anti-Kriegssong, der mit Lord'scher Hammond, forscher Gitarre, mehrstimmigen Vocals und fantastischer Stimmung ein Höhepunkt dieses Albums ist. Die beiden Tracks sind, da es keine Studioaufnahmen gibt, live und wurden von einem Tonband remastert. Ich habe Hoffnung, dass aus dieser Zeit noch weiteres, unbekanntes Material vorhanden ist.
Ein Video, das Anyone's Daughter mit "Adonis Part I: Come Away" 1978 in der Zuckerfabrik zeigt, beendet eine tolle Platte.
Die Innenseite des hinteren Trays ziert übrigens ein Ticket: Harmonie Heilbronn, Mittwoch, 28 März, 1979.
»Kreissparkasse Heilbronn
MUSIC LIVE
Alexis Korner - Anyone's Daughter - Axel Zwingenberger
Hinteres Parkett
links
Unkostenbeitrag DM 5,00«
Wo sind diese Zeiten geblieben? Man kann sie ein bisschen aufleben lassen. Mit Alben, wie diesem ...
Line-up:
Harald Bareth (Fender bass, lead vocals)
Uwe Karpa (electric 6- and 12 string-guitar)
Kono Konopik (Hayman drums with Remo rototoms abd Paiste cymbals)
Matthias Ulmer (grand piano, Fender Rhodes, Arp Omni, Mini-Moog, Hammond organ, vocals)
Gast:
Pit Widmer (saxofone - #6)
Tracklist |
01:Adonis Part I: Come Away (07:49)
02:Adonis Part II: The Disguise (3:29)
03:Adonis Part III: Adonis (7:51)
04:Adonis Part IV: Epitaph (5:07)
05:Blue House (7:20)
06:Sally (04:22)
07:Anyone's Daughter (9:10)
Bonus Tracks:
08:The Taker (9:98)*
09:The Warship (10:04)*
10:Adonis Part 1: Come Away (7:49)**
*previously unreleased title - live in Schorndorf 1977
**Video: Studio Zuckerfabrik 1978
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