Zur Rezension der neu aufgelegten CD-Edition von Anyone's Daughter ist eigentlich nicht mehr allzu viel anzumerken - zumindest was das 'Rahmenprogramm' betrifft. Nun erschien vor einigen Wochen die dazugehörige LP-Ausgabe, der man neben einem schweren 180g-Vinyl noch ein hübsches Gatefold-Cover samt Liner Notes spendiert hat, was beides eine deutliche Aufwertung gegenüber der Original-LP bedeutet.
Bei der hier zu besprechenden Langrille handelt es sich um eine auf 500 Stück limitierte Neuauflage; die Hälfte davon auf gelbem Vinyl. Beim Mastering hierfür orientierte man sich an den 1980er Originalaufnahmen und nahm deshalb nur äußerst dezente Änderungen vor.
Seinerzeit schwamm Anyone's Daughter aufrecht gegen den Strom des Zeitgeistes. Die abflauende Punk- wurde ebenso konsequent wie die gerade auflaufende NDW-Welle ingnoriert. Die Leinfelden-Echterdinger setzten dagegen auf den hochmelodischen, leicht progressiven Rock des Debüts und fuhren damit eindeutig im Camel'schen Fahrwasser. Dass man mit diesem 'Rezept' sogar einen Radiohit wie "Moria" landen konnte, grenzt in der Retrospektive an ein kleines Wunder! Diese von J.R.R. Tolkien inspirierte Nummer zählt nicht nur zu den Highlights von "Anyone's Daughter", sondern ist vielleicht die eingängig-schmissigste Komposition der gesamten Bandhistorie.
Die A-Seite geht mir persönlich leichter ins Ohr - obendrein bleibt mehr 'hängen'. Die mächtigen Orgelwände lassen in "Swedish Nights" Erinnerungen an frühe Genesis-Werke aufkeimen, während "Thursday" mit herrlichen Double Leads, die zudem noch von Moog-Läufen 'getripelt' werden, bereits einen unverkennbar eigenen Sound erkennen lässt. Das verträumte "Sundance Of The Haute Provence" transportiert das beeindruckende Naturschauspiel wie das Lebensgefühl Südfrankreichs gleichermaßen. Das Stück sollte unverzichtbarer Bestandteil einer jeden Show Anyone's Daughters werden. Genau an dieser, von "Moria" nur kurz unterbrochenen Stimmung, knüpft die eindringliche Ballade "Enlightment" nahtlos an und beendet eine uneingeschränkt hervorragende erste LP-Seite.
"Superman" eröffnet das inzwischen gewendete Vinyl und ist mir dann vielleicht doch einen Tick zu dicht an Genesis angelehnt. Sehr viel besser gefällt die 'Fortsetzung' "Another Day Like Superman", das sehr variabel, atmosphärisch-dicht arrangiert ist und wieder mehr Eigenständigkeit erkennen lässt. Das ziemlich hektische Zwischenspiel "Azimuth" leitet (für meinen Geschmack etwas unpassend) auf "Between The Rooms" über, das nur als weitere, absolute Großtat Anyone's Daughters gewertet werden kann. Ein packendes, mitreißendes Stück, von dem man hofft, dass es niemals enden würde...
»Am allerschlimmsten war Anyone's Daughter aus Leinfelden-Echterdingen« ätzte seinerzeit so mancher Kritiker. Kann man so sehen... muss man aber gewiss nicht, schon gar nicht zwingend. Für mich zählt "Anyone's Daughter" nach wie vor zu den besten Studioalben der vier Schwaben und wird eigentlich nur von ihren beiden Konzeptalben getoppt.
Ergo: Wenn man obendrein noch das Glück hat, das GELBE Vinyl zu ergattern, sollte "Anyone's Daughter" ein Ehrenplatz in der Melodic Rock-Sektion der heimischen Sammlung sicher sein.
Line-up:
Harald Bareth (vocals, bass, glockenspiel)
Uwe Karpa (all guitars)
Matthias Ulmer (keyboards, piano, vocals)
Kono Konopik (drums)
Tracklist |
Seite A:
01:Swedish Nights (4:52)
02:Thursday (3:59)
03:Sundance Of The Haute Provence (3:39)
04:Moria (3:52)
05:Enlightment (5:01)
Seite B:
01:Superman (3:56)
02:Another Day Like Superman (8:03)
03:Azimuth (1:27)
04:Between The Rooms (4:22)
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Externe Links:
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