Aphrodite's Child / Best Of Aphrodite's Child
Best Of Aphrodite's Child Spielzeit: 39:35
Medium: CD
Label: Mercury, 1988 (1971)
Stil: Pop/ProgRock


Review vom 06.02.2015


Jürgen Hauß
Es ist schon traurig, dass es manchmal erst des Todes eines Musikers bedarf, bevor man sich mal wieder mit dessen Lebenswerk ein wenig beschäftigt bzw. die eigene Plattensammlung nach Belegen durchforstet und wieder in Erinnerung ruft. Zugegeben: Das zunehmende Alters des Schreibers dieser Zeilen führt zwangsläufig dazu, dass die Idole frühester Jugend vermehrt in eine Lebensphase geraten, in dem der Tod durchaus nichts Ungewöhnliches ist im 'circle of life'. Die Einschläge kommen halt näher!
Waren es Ende vergangenen Jahres Joe Cocker und Udo Jürgens (auch diesen zähle ich durchaus zu den Idolen frühester Jugend), deren Stimmen für immer erloschen sind, überraschte im Januar diesen Jahres die Meldung vom plötzlichen Tod von Demis Roussos. Demis Roussos? So wird sicher manch ein RockTimes-Leser fragen, zumal sein Name im Index von RockTimes nicht zu finden ist (wohl aber über die 'Suchen'-Funktion; auch sein Tod wurde hier bekannt gegeben, s. News Nr. 17671). Andere wiederum werden sich verschämt an die Zeiten erinnern, als sie - in Ermangelung von Alternativ-Sendern wie bspw. MTV oder Viva - ergeben die 'ZDF-Hitparade' oder auch 'DISCO' schauten und dort einen schwergewichtigen Sänger erlebten, der so schöne Schlager wie "Schönes Mädchen aus Arkadia", "Deine Liebe wird mir fehlen" und natürlich "Goodbye My Love, Goodbye" (außer der Titelzeile natürlich ausschließlich auf Deutsch gesungen!) zum Besten gab.
Vor dieser bemerkenswerten Karriere war Demis Roussos in erster Linie Sänger und Bassist, aber auch Gitarrist sowie - natürlich - Bouzouki-Spieler der griechischen Pop-/Prog-Rocker namens Aphrodite's Child, die Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts lediglich drei Alben herausbrachten, bevor sie sich bereits 1972 wieder auflösten. Während die ersten beiden Platten eher Popsongs beinhalteten, wird das dritte Album, 666, vielfach als Meisterwerk des Prog Rock bezeichnet.
Anklänge dieses Musikstils finden sich aber bereits auf den Vorläufern End Of The World bzw. "It's Five O'Clock".
Irgendwann in den 70er Jahren erschien dann mit dem vorliegenden Album die erste (von vielen weiteren) Compilations, die im Wesentlichen Material der ersten beiden Alben enthält. Dies kann daran liegen, dass einzelne Quellen das Erscheinen des Albums auf 1971 datieren, als "666" noch nicht erschienen war. Falls es aber - wie die meisten Quellen angeben - erst 1974 bzw. 1976 veröffentlicht wurde, kann ein Grund für die mangelende Berücksichtigung des Materials von "666" darin liegen, dass dieses wirklich keinen Single-Hit enthielt bzw. als Konzept-Album nicht auseinander gerissen werden kann.
"Best Of Aphrodite's Child" enthält insgesamt zehn Songs, von denen "You Always Stand In My Way", "Rain And Tears", "Don't Try To Catch A River" sowie "End Of The World" von der - zum letztgenannten Song - gleichnamigen LP stammen und von Ulli bereits besprochen wurden. Ebenfalls vier Titel entstammen dem zweiten Album, "It's Five O'Clock", so der fast schon schnulzenhafte Titelsong sowie die etwas poppigeren bzw. sogar proggigeren "Such A Funny Night", "Let Me Love, Let Me Live" und "Wake up". Zwei wirklich traumhafte Balladen, nämlich "Spring, Summer, Winter And Fall", und "I Want To Live" waren seinerzeit, soweit ersichtlich, zuvor überhaupt nicht auf einer offiziellen LP veröffentlicht worden (wohl aber auf der späteren CD-Wiederveröffentlichung von "It's Five O'Clock" als Bonus-Tracks).
Alle diese Songs prägt die ausdrucksvolle Stimme von Demis Roussos, der in der Lage ist - sorry: war - Töne über mehrere Oktaven hinweg zu produzieren, auch wenn ihm dies, wie zahlreiche im Netz verfügbare Videos belegen, durchaus Anstrengungen bereitete. Ich behaupte aber: Wer diese Stimme einmal gehört hat, wird sie immer wiedererkennen!
Noch eine kurze Anmerkung zum Cover: Wenn man bedenkt, dass Aphrodite in der griechischen Mythologie als Göttin (auch) der Schönheit bezeichnet wird, kann man auch mit dem größten Wohlwollen nicht feststellen, dass sich dies in dem abgebildeten Child nachvollziehen lässt. Aber diese Provokation war von der Band - soweit sie darauf überhaupt (noch) Einfluss hatte - sicherlich beabsichtigt!
Mein persönlicher Favorit auf dem vorliegenden Album ist, auch wenn ich es zuvor als »fast schon schnulzenhaft« beschrieben habe: "It's Five O'Clock". Nicht nur, weil hier Demis Roussos wieder einmal seine ganze stimmliche Bandbreite ausspielt und die Sphärenklänge eines Vangelis einen beeindruckenden Klangteppich produzieren. Das Stück weckt vielmehr ganz persönliche Erinnerungen: Anfang bis Mitte der 70er Jahre musste ich morgens um diese Zeit das Haus verlassen, da ich als Schüler vor Schulbeginn Brötchen ausgefahren habe, um mir etwas Geld zu verdienen (Vor diesem Hintergrund muss die Scheibe spätestens 1974 veröffentlicht worden sein). Den Song hörte ich mir, bevor ich das Haus verließ, auf meinem Tonbandgerät an (Walk-, Disc-Männer oder gar mp3-Player gab es zu der Zeit halt noch nicht!), danach ging er mir während meiner Touren nicht mehr aus dem Kopf und versüßte mir so den Job. Mit dem seinerzeit verdienten Geld habe ich am samstägigen 'Zahltag' die Anfänge meiner Plattensammlung finanziert - so etwas bleibt in Erinnerung!
Aber auch wer derartige Erinnerungen nicht mit der Musik von Aphrodite's Child verbindet, sollte sie sich mal wieder zu Gemüte führen. M. E. ist sie absolut zeitlos, egal, ob man sich "666" anhört oder eben die hier vorgestellte Scheibe. Allerdings ist deren Gesamtspielzeit von unter 40 Minuten für heutige Verhältnisse eigentlich indiskutabel; selbst späteren Wiederveröffentlichungen wurden keine Bonus-Tracks angefügt. Wer daher mehr für sein Geld haben will, der sollte sich das Album "Greatest Hits - The Singles" zulegen. Dieses enthält insgesamt 22 Songs und darunter sämtliche hier vorgestellten Titel.
Line-up:
Vangelis Papathanassiou (keyboards, percussion, vibes, flute, vocals)
Demis Roussos (vocals, bass guitar, guitar, bouzouki)
Lucas Sideras (drums, percussion, guitar, vocals)
Tracklist
01:Spring, Summer, Winter And Fall (4:55)
02:Such A Funny Night (4:12)
03:I Want To Live (3:52)
04:You Always Stand In My Way (3:57)
05:Rain And Tears (3:13)
06:Let Me Love, Let Me Live (4:43)
07:Don't Try To Catch A River (3:42)
08:It's Five O'Clock (3:30)
09:Wake Up (4:03)
10:End Of The World (3:15)
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