Arc Angel / Harlequins Of Light
Harlequins Of Light Spielzeit: 51:18
Medium: CD
Label: Frontiers Records, 2013
Stil: Melodic Rock

Review vom 19.09.2013


Boris Theobald
Verloren - hah!
Irgendwann hat also auch Jeff Cannata dem unaufhörlichen Drang nachgeben müssen, irgendwann ein amtliches Comeback zu geben. Wie so viele 'verschollene' Künstler der 80er. Wer ist Jeff Cannata? Jeff Cannata ist der Kopf der Band Arc Angel. 1983 gab es das gleichnamige Debütalbum der 'Gruppe' aus Connecticut, wobei es außer Multitäter Cannata und seinem Keyboarder Michael Soldan kein wirkliches Line-up gab. Die Studioarbeit hatte eher Projekt-Charakter. Und für den Musikvideodreh von "Tragedy" - dem Song, der es neben "Stars" in die Radios packte - heuerte man kurzerhand eine Backing-Band an. Große Erfolge gab es jedoch nicht zu feiern; Arc Angel war anno 1983 wohl Teil einer zu großen Masse ähnlich gelagerter Musik und blieb bis heute ein Insider-Tipp in der 80er-Jahre-AOR-Gemeinde.
Jeff Cannata veröffentlichte 1988 mit "Images Of Forever" sein erstes und später noch weitere Soloalben sowie im Jahr 2002 die Platte "Tamorok", diese unter dem Namen Arc Angel - Cannata. "Tamorok" ging, bis auf einige Tribal-/Weltmusik-Experimente, schon in die Richtung dessen, was elf Jahre später folgen sollte. Anno 2013 gibt es also nun ein 'echtes' Comeback des 'Erzengels'. Dabei ist "Harlequins Of Light" mehr denn je die alleinige Angelegenheit Cannatas, denn Spezi Michael Soldan ist nicht mit von der Partie. Mit Jay Johnson, David Coe, Jeff Batta und Scott Spray sind bei einzelnen Songs aber doch ein ein paar Namen mit von der Partie, die auch 30 Jahre zuvor schon in den Credits auftauchten. Die Musik - beinahe ausschließlich Cannata'sche Einzelkompositionen - hat sich dabei allerdings entwickelt ...
... sie ist gereift, in einem sehr positiven Sinne. Auf "Harlequins Of Light" klingt Arc Angel edel, pompös, ein bisschen bombastisch. Nicht nur ein Mal erinnert Cannatas Sound anno 2013 an House Of Lords, ziemlich oft sogar - vielleicht auch hier und da an Ten oder Magnum. Schon der Opener, der Titeltrack der Platte, ist ein prachtvoll stampfender Symphonic-Rocker in getragenem Tempo. Die Mischung aus geheimnisvoll-leidenschaftlicher Strophe und edel-wuchtigem Chorus könnte auch der Opener eines Avantasia-Albums sein. Das majestätische "Voice Of Illuminati", "Diamonds And Gold" und die Dreivierteltakt-Nummer "Legend Of The Mary Celeste" sind weitere solcher starken Mid-Tempo-Perlen - stolz, mit etwas Pathos.
Apropos Pathos ... bei "Legend Of The Mary Celeste" könnten ja sogar die Dennis DeYoung-Fans feuchte Augen kriegen, so emotional, wie Herr Cannata das irgendwo auf der Schnittstelle zwischen Powerballade und Bombast Rock in den Hafen fährt. Das 'Schiff' erfüllt in diesem Fall einen mehrfachen Wortsinn: Das Stück kommt mit Atmo daher, und die Masten der 'Mary Celeste' knarzen im mittelschweren Wellengang - ein Stück Kino für die Ohren. "Tonight ...Forever" kommt ähnlich edel daher. Der sanfte Einstieg geht unter die Haut. Ist das ein Fretless Bass? Was für ein Feeling - das muss lauter, am besten unterm Kopfhörer! Das Stück steigert sich, kriegt Power. Dass der Instrumentalpart ziemlich an "Music" von John Miles erinnert, ist sicherlich nur Zufall. "War" zeichnet sich durch seinen eleganten Drive aus akustischer und E-Gitarre sowie Piano und jazzigem Einschlag aus.
Flotter geht es bei "As Far As The Eye Can See" zu - treibend-pompöser Stadion Rock der Marke Journey/ REO Speedwaggon. Der herrlich vibrierende Fusion-Groove von "Amnesia" mit ganz viel positiver Energie hat was von Saga, "Through The Night" etwas Balladen-haftes zwischen Foreigner und Survivor. Das Besondere an "California Daze" ist dessen zufrieden-gut gelaunte Nostalgie - und mit "Get To You" ist ein zweiter Gute-Laune-Song am Start. Der erinnert dank seiner Dur-Lastigkeit sogar an Yes. (Nicht nur) hier taucht auch diese Retro-Orgel auf ... eine Reminiszenz an Jeff Cannatas Prog Rock-Vergangenheit - in den 70ern spielte er in der Prog-Band Jasper Wrath. Übrigens zusammen mit James Christian - später Frontmann von House Of Lords. Da schließt sich doch ein Kreis, n'est-ce pas?
Ganz witzig ist schließlich noch, dass es auf dem Album "Harlequins Of Light" den Song "Fortune Teller 2" gibt. "Fortune Teller" - ohne '2', gab es schon auf Cannatas Soloalbum "Images Of Forever" und auf "Tamorok" - den Song muss er wirklich mögen! "Fortune Teller 2" unterscheidet sich kaum - eine Nummer mit sagenhaft eingängigem Chorus; hier pulsiert das AOR-Herz der 80er! Bei vielen anderen Stücken erzeugt die neue Arc Angel dagegen in weiten Teilen ein Gefühl der Zeitlosigkeit. "Harlequins Of Light" klingt (meistens) nicht retro, sondern wie ein Album im Hier und Jetzt. Es ist die perfekte Antwort auf Klassiker wie "Tragedy" und heimliche Klassiker wie die wunderbare Ballade "Used To Think I'd Never Fall In Love" vom 83-er Debüt, die aber so was von 80ies sind!
Ein 'Problem' - wenn man das ob der klasse Qualität der neuen Scheibe so nennen will - bleibt, dass Arc Angel es ebenso wenig wie früher schaffen, stilistisch echte Duftmarken zu setzen. Jeder einzelne Song strotzt nur so vor Reminiszenzen an andere Genre-Größen. Jeff Cannatas Stimme allerdings, die ist ziemlich markant, und sie hat sich erstaunlich verändert - leicht angeraut, 'gereift', absolut hörenswert. Bleibt unterm Strich für die Fans des gepflegten Melodic Rocks zu konstatieren:
Gewonnen!
Line-up:
Jeff Cannata (vocals, drums, keyboards, guitars)
Scott Spray (bass)
Jimi Bell (guitars)
Gary Maus (guitars)
Jay Rowe (piano, organ, synthesizers)
Jeff Batter (acoustic piano, synthesizers)
David Coe (acoustic guitar)
Mark Proto (guitars)
Jay Jesse Johnson (guitars)
Andy Abel (guitars)
Tony Spada (guitars)
Pete Hodson (backing vocals)
Tracklist
01:Harlequins Of Light (4:29)
02:As Far As The Eye Can See (4:15)
03:War [Battle Wounds Of Life] (4:12)
04:Voice Of Illuminati (3:55)
05:Through The Night (4:08)
06:Amnesia (4:07)
07:Fortune Teller 2 (4:14)
08:California Daze (3:31)
09:Tonight ...Forever (5:11)
10:Get To You (3:33)
11:Diamonds And Gold (4:45)
12:Legend Of The Mary Celeste (4:57)
Externe Links: