Ja machen wir hier denn Klassenfotos oder was? Beim Durchblättern des Booklets stellt sich sofort die Frage: Haben wir es denn tatsächlich mit Teenagern zu tun? Krass, wie jung die Mitglieder von Arion sind. Als sie anno 2012 ihre erste gemeinsame Musik gemacht haben, da waren die Finnen 17-Jährige und 18-Jährige - damals noch als Trio unterwegs. "Lost" war die erste gemeinsame Komposition. Und bis jener Song seinen Weg auf das nun vorliegende Debütwerk der Jungs gefunden hat, schrieb er schon eine besondere und beeindruckende Geschichte. Denn "Lost" schaffte es in Finnland in den nationalen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest - Arion waren drei Mal im Fernsehen! Am Ende wurde es Platz fünf. Und auch, wenn den Finnen nach Lordi in dieser Sache vieles zuzutrauen ist - ein Stück bombastischen Melodic Metals, auf das die Masse abfährt ... das ist schon etwas Bemerkenswertes.
Und bemerkenswert ist auch, wie abgeklärt, wie ausgebufft, wie reif dieses Album der Jungspunde klingt. "Last Of Us" ist ein druckvoll klingendes und kurzweilig komponiertes Stück Metal. Melodic Metal, um genauer zu sein - die 50 Minuten sind randvoll bestückt mit mutig ausschweifenden, gefühlvollen Melodien. Sänger Viljami Holopainen hat ein erstaunlich gutes Organ. Da stecken Naturtalent und Technik drin, Anmut und eine glaubwürdige Portion Seelenschmerz. Die Stimmungen auf "Last Of Us" sind von edlem Pathos und süßer Schwermut geprägt, teils ein wenig in Richtung Kamelot. Und der Gesang passt wunderbar. Arion sind auch Power Metal. Landsleute wie Sonata Arctica lassen grüßen. Ein bisschen angeproggt sind sie auch und hieven ihre höchst eingängigen Nummern mit pointierter Rhythmik und ständig changierenden Drives auf ein angenehm abwechslungsreiches Level.
Und besonders im Fokus steht natürlich auch die symphonische Seite. Arion haben gleich auf ihrem ersten Album mit echtem Orchester gearbeitet. Was für ein Aufriss! ... könnte man sagen. Was für eine Unterstützung! .. genießt die junge Band offenbar, damit dies möglich wurde. Die Orchesterunterstützung ist filigran und opulent und 'erdrückt' zum Glück nicht die träumerischen Atmosphären der Musik, sondern unterstützt sie, macht sie größer. Ausnahmen mögen die Regel bestätigen - beim 'berühmtesten' Song der Band, "Lost", hat man den Eindruck, dass in den Song Contest-Kandidaten da nachträglich ein bisschen zu viel Dramatik reingepfeffert wurde. Ansonsten ist der Bombast aber gut austariert, immer angebracht und dürfte beim Hörer für offene Ohren bei geschlossenen Augen sorgen.
Das ausgefeilte orchestrale Beiwerk inklusive betörender Chor-Passagen erinnert zuweilen schon an Nightwishs "Once" und macht auch "Last Of Us" gefühlt zu einem Stück Fantasy-Soundtrack. Schwächen sind keine erkennbar; dafür gibt es viele starke Momente, die hängen bleiben. Da wären die herrlichen atmosphärischen Refrains von "Out Of The Ashes" oder auch "Seven", die an die hypnotisch-eindringlichen Pyramaze erinnern. Oder das hochmelodische, mystisch-bedrohliche Gitarrenflitzgewitter von "I Am The Storm" im Stile von Symphony X. Die Powerballade "You're My Melody" - kitischig, ja, aber verdammt schön. Die kehligen Screams, mit denen Viljami Holopainen seine starke Gesangsleistung garniert: Im Schlussrefrain von "Out Of The Ashes", oder im krass hoch endenden Chorus des episch aufgebauten "Burn Your Ship" - klasse!
Arion widerstehen der Versuchung, auf allzu hohem Energielevel durchzupushen. Beim Titeltrack "Last Of Us" beispielsweise, da arbeiten sie auch mit einer beinahe psychedelisch anmutenden, geheimnisvoll hallenden Clean-Gitarren-Hookline. Und bei "Watching You Fall" - passenderweise als Rausschmeißer platziert - wird noch ein bisschen experimentiert. Da gibt es ein paar tiefgreifende Breaks und den Wechsel hin zu rauem, sehr aggressivem Gesang, beinahe gegrowlt.
Stratovarius-Gitarrist Matias Kupiainen hat die Platte der Band aufgenommen, gemixt und produziert. Da hatten die 'jungen Wilden' einen guten Lenker, Aufpasser und Knöpfchendreher dabei! Und so glänzt "Last Of Us" nicht nur durch starken Inhalt, sondern auch durch eine überzeugende Produktion. Prima, wie die Rhythmussektion da hämmert und beißt und sticht, während sich die Melodien sanft und intensiv ausbreiten.
Wenn man bedenkt, wie stark dieses erste Album "Last Of Us" ausgefallen ist und wie viel Potenzial in diesen Musikern noch drinstecken mag, dann wird einem nicht bange um die Zukunft!
Line-up:
Viljami Holopainen (vocals)
Iivo Kaipainen (guitars)
Arttu Vauhkonen (keyboards)
Topias Kupiainen (drums)
Georgi 'Gege' Velinov (bass)
'Last Of Us-Orchestra':
Ville Koponen, Pasi Eerikäinen, Salla Savolainen, Pia Sundroos, Aleksi Santavuori, Leena Jaakkola, Emmi Salo (violin)
Pia Kukkonen, Janne Ahvenainen (viola)
Markus Hallikainen, Iia Laine (cello)
Ilkka Hongisto, Aleksi Mäkimattila, Hannes Kaukoranta (french horn)
Janne Toivonen, Tomas Gricius (trumpet)
Lauri Kilpinen (trombone, bass trombone)
Tuuli Björkman, Markus Hentunen, Vikke Häkkinen, Joakim Jokela, Tomi Juustila, Iivo Kaipainen, Päivi Kantola, Pauliina Kupiainen, Topias Kupiainen, Petteri Lehikoinen, Alexa Leroux, Julia Laskinen, Eero Maijala, Jere Martikainen, Miriam Mekhane, Kata Mertanen, Mari Nieminen, Anna-Maria Parkkinen, Outi Pajukallio, Reetta Ristimäki, Joonas Sergin, Nelli Toikkanen, Arttu Vauhkonen, Gege Velinov, Perttu Vänskä, Leo Westerlund, Jesse Ågren (choir)
Tracklist |
01:The Passage (1:58)
02:Out Of The Ashes (4:17)
03:Shadows (4:43)
04:Seven (5:00)
05:Last Of Us (4:45)
06:I Am The Storm (4:32)
07:You're My Melody (5:37)
08:Burn Your Ship (7:24)
09:Lost (4:35)
10:Watching You Fall (7:20)
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