Wie versprochen, beschäftige ich mich heute mit der zweiten CD der 70er Jahre-Kultband Ash Ra Tempel. Inzwischen hatte Gründungsmitglied und Trommler Klaus Schulze der Band den Rücken gekehrt und wurde durch Wolfgang Müller ersetzt. Schulze hatte anscheinend den Weg der Band rechtzeitig erkannt und sich gesagt, dass es mit seinen Vorstellungen zu wenig Gemeinsamkeiten gab. Worin er seine gesteckten Ziele sah, hat seine Solokarriere, sowie die Zusammenarbeit mit Tangerine Dream gezeigt. Eine große Bereicherung an den Drums scheint mir der neue Mann allerdings nicht zu sein. Seine spartanischen Einsätze auf der CD "Schwingungen" hätten auch von jedem beliebigen Drummer gespielt werden können. Objektiv betrachtet trennen die Debüt-CD und diese zweite Ausgabe Welten. Hat das Erstlingswerk Höhepunkte ohne Ende, und es war mir eine Freude diese zu genießen, so wirft mich "Schwingungen" um Meilen zurück.
Vorliegendes Album besteht ebenfalls nur aus zwei Songs, die allerdings in je zwei Untertitel geteilt sind. Beginnend mit "Light: Look At Your Sun" vermute ich, dass es sich um fröhliche Musik handeln soll, die einem Freude am Leben vermittelt. Was dann in meine Ohren dringt, bringt mich eher zum Heulen und ich möchte meine Laune der des Sängers anpassen. Mit weinerlicher Stimme wird nach Minuten ein einsilbiger Text permanent wiederholt, und ich frage mich, was die Musiker damals geritten hat. Schon diese eintönige und extrem langsame Musik, sofern man das als Musik bezeichnen kann, nervt ungemein. Glücklicherweise kommt der Band noch rechtzeitig die Erleuchtung, und im Übergang zum zweiten Teil mit dem Untertitel "Darkness: Flowers Must Die", erfolgt endlich die ersehnte Steigerung. Die Nummer wird schneller und mit Einsetzen der E-Gitarre stellt sich die erhoffte Freude ein. Der Track entwickelt sich in seiner Endphase zum Hammer-Teil und öffnet meinen Gehörgang. Die gesamte Power der CD "Schwingungen" wird in diese 12:20 Minuten gepackt. Alles was folgt kann mit ruhigem Gewissen unter 'Ulk' verbucht werden.
Auf der LP wäre jetzt das Ende von Seite eins gewesen und ich hätte mich bewegen müssen, um die Scheibe zu wenden. Zum Glück leben wir nicht mehr in der Steinzeit und der Player gibt mir eine nahtlose Fortsetzung.
[Der Redaktions-Vinylfreak schüttelt fassunglos den Kopf]
Der Titelsong "Schwingungen" steht an, mit seinem ersten Unterteil "Suche". Was suchen sie denn nur? Vermutlich immer noch danach, welche musikalische Richtung die Band einschlagen möchte. Der Beginn ist wieder extrem ruhig und es dauert eine Ewigkeit, bis mal einer der Musiker ein richtiges Instrument in die Hand nimmt. Was sich dann daraus entwickelt, trägt das Prädikat 'Chaotisch'. Ein völliges musikalisches Gewirr wird in diesem Teil abgespielt, das immer heftiger und lauter wird. Ich kann nur den Kopf schütteln und bete innerlich, dass es wenigstens noch einen kleinen Höhepunkt gibt. Da ich ein positiver Mensch bin, liegt meine Hoffnung auf dem Schluss der CD mit dem Untertitel "Liebe". Das Vorspiel dazu dauert ganze zehn Minuten und beginnt sehr ruhig - ich muss die Anlage lauter drehen, damit nicht die Nebengeräusche um mich herum alles übertönen. Nach weiteren fünf Minuten kommt die Band endlich in Wallung, und tatsächlich, der Track steigert sich und wird sogar noch gut. Da das Stück allerdings nur neunzehn Minuten dauert, ist der wahre Genuss nur von bescheiden kurzer Dauer. Ist ja wie beim Blümchensex. Nun gut, jede Band hat das Recht, sich einen Aussetzer zu genehmigen. Das es aber gleich die zweite CD sein muss, hätte nicht sein brauchen. Eine Empfehlung kann ich nur den Hardcore-Sammlern geben, und ich lasse mich morgen überraschen, wie die nächste CD sein wird.
Line-up:
Manuel Göttsching (vocals, guitar, keyboards)
Wolfgang Müller (drums, percussion, keyboards)
Hartmut Enke (bass)
Tracklist |
01:Light And Darkness
01A:Light: Look At Your Sun
01B:Darkness: Flowers Must Die
02:Schwingungen
02A:Suche
02B:Liebe
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