Ash Ra Tempel / Starring Rosi
Starring Rosi Spielzeit: 35:52
Medium: CD
Label: M.I.G., 2012 (1973)
Stil: Avantgarde


Review vom 15.02.2012


Holger Ott
Ash Ra Tempel erfinden sich auf jeder ihrer Scheiben neu. So auch auf ihrem fünften Werk "Starring Rosi". Der aufmerksame Leser hat Rosi Müller bereits auf dem Vorgänger Join Inn kennengelernt, und voller Erwartungen bin ich gespannt, was die neue Stimme beim Bandprojekt Ash Ra Tempel zu bieten hat. Wenn schon eine ganze CD nach ihr benannt wird, muss die Dame anscheinend besondere Fähigkeiten besitzen. Leider kommt Rosi, wie ich im Folgenden noch näher erläutern werde, recht selten zum Zug, was mich zwar etwas verblüfft aber nicht wundert; hat doch die Band in den vorangegangenen Veröffentlichungen bereits diverse Überraschungen parat gehabt.
Ich habe von Ash Ra Tempel gelernt, dass ich vor Beginn des Hörens einer neuen CD mein Gehirn auf Null runterfahren muss, da keine an die Vorangegangene anknüpft. Habe ich mich von tief enttäuscht bis in jubelnde Höhen geschwungen, so schalte ich, da "Join Inn" zu den Höhen zählt, den Player voller Freude auf Go. Die verhältnismäßig große Anzahl der Songs und deren kurze Spieldauer lassen mich schon einmal grübeln, aber als mich Rosi auf "Laughter Loving" mit Jubellauten begrüßt, freue ich mich ebenfalls spontan. Das ist aber auch schon alles, was sie von sich gibt. Der Rest des Stückes wird von einer Slide-Gitarre getragen und spielt sich in Country-angehauchten Regionen ab. Im entsprechenden flotten Tempo geht es voran und ich gebe zu, dass mir das Stück gut gefällt. Ich frage mich zwischendurch, wo ich hier gelandet bin. Es ist eine völlig andere Kost als ich es von der Band bislang gewohnt bin. Vielleicht liegt es daran, dass der 'Durchgangsbahnhof' Ash Ra Tempel wieder geöffnet hat, und tragende Musiker wie Klaus Schulze und Hartmut Enke ihre Koffer gepackt haben und abgereist sind.
Manuel Göttsching übernimmt somit fast das gesamte Instrumentarium, und Fräulein Rosi wird als Galionsfigur vorgeschoben. Im minimalen Booklet sind auch nur diese beiden Protagonisten abgebildet, wobei Rosi eine echte Augenweide ist, deren Stimme endlich bei "Day Dream" zum Einsatz kommt. Das Stück ist sehr ruhig und wird durch ihren Sprechgesang geprägt, was dem ganzen eine positive Note verleiht. Bei "Schizo" liegt die Würze in der Kürze. Dieses Instrumentalwerk schließt endlich nahtlos an "Freak'n'Roll" der "Join In"-CD an. Sehr gut, fällt mir dazu nur ein, und weiter so. Schade ist bloß, dass Rosi bei "Cosmic Tango" wieder von der Kette gelassen wird. Vermutlich mit Drogen zugedröhnt, befindet sie sich auf einem Psycho-Trip, der zum Glück nur zwei Minuten anhält. Ihr Gekreische wird durch eine schrille Gitarre unterstützt und zwingt mich, dem Song eine etwas schlechtere Bewertung zu Teil werden zu lassen. Rosis Auftritt auf der nach ihr benannten CD ist hiermit auch schon beendet, zum Glück wie ich finde, denn eine Bereicherung ist sie nur optisch.
Während der letzten drei Songs konzentriert sich Göttsching wieder darauf, Musik zu machen, die dem Genre seiner Band entspricht. "Interplay Of Forces" fängt sehr ruhig an, und steigert sich enorm, was nicht zuletzt durch das druckvolle Gitarrenspiel hervorgerufen wird. Fast neun Minuten Hörgenuss lassen Rosi auch schon aus meinen Gedanken verschwinden, und ich genieße das mir dargebotene Werk. Bevor aber Ash Ra Tempel den Hammer rausholen, gibt es noch einmal etwas zum Entspannen und Träumen. "The Fairy Dance" spielt sich langsam und gleichmäßig vor meinen geschlossenen Augen ab, und ich bedauere, dass ich es nur drei Minuten genießen kann. Dafür werde ich mit einer Überraschung belohnt. Zum ersten Mal wird die Band rockig und funky. Das Stück glänzt mit Tempo, kräftigen Drums und eingehenden Riffs. Ich bin begeistert und verwundert zu gleich. Diese Klänge sind mir von Göttsching bislang völlig fremd und rücken ihn damit in ein neues Licht. Meine Erwartungshaltung ist voll auf hundert, um zu erleben, was mir die nächsten CDs bringen werden. Bisher ging es in fast jede Richtung. Werden sie sich irgendwann einmal festlegen?
Line-up:
Manuel Göttsching (guitar, vocals, acoustic guitar, bass, electric piano, mellotron, congas, synthesizer)
Rosi Müller (vocals, concert harp, vibes)
Harald Großkopf (drums)
Dieter Dierks (bass, percussion)
Tracklist
01:Laughter Loving
02:Day Dream
03:Schizo
04:Cosmic Tango
05:Interplay Of Forces
06:The Fairy Dance
07:Bring Me Up
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