Ashby / A Question Never Heard
A Question Never Heard Spielzeit: 20:09
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2013
Stil: Prog Metal

Review vom 07.07.2013


Boris Theobald
Früher war alles besser?
Na ja, wenn das 'früher' schon alle gesagt und geglaubt hätten ...
Hier kommt eine Band, die das Potenzial hat, uns Proggern das Vertrauen in die Zukunft zu stärken. Ashby sind fünf junge Leute aus Mülheim an der Ruhr. Alter: zwischen 19 und 22. Und die haben ganz offensichtlich an genau den richtigen Substanzen geschnüffelt. Bei ihren selbst genannten Vorbildern vermischen sich Vinylozän und CD-Zeit - es fallen Namen wie Pink Floyd und
Dream Theater, King Crimson und Porcupine Tree. 19-Jährige stehen auf King Crimson? Wahnsinn. Dabei sehen doch schon die alten Dream Theater von vor 20 Jahren mit ihrem Fummel für heutige Augen aus wie Talkshowgäste bei Hans Meiser (hah, jetzt hab ich euch aber, den kennt ihr nicht, oder?). Ashby sind eben Vertreter der Generation, die schon von der Generation nach der Generation geprägt wurde, die die Generation vor ihnen geprägt hat ...
Und als solche machen sie einen Progressive Metal, dessen Sound überraschend zeitlos ist: Wuchtig, heavy, episch und ernst, sehr atmosphärisch, kein bisschen 'modern'. Mit dem Titelsong ihrer ersten EP gelingt der Band ein richtig guter Einstand. Gut zehneinhalb Minuten - das ist mal eine Ansage. "A Question Never Heard" hat einerseits einen knackigen Refrain, bei dem man (sicher auch live) richtig mitgehen kann, verzichtet aber andererseits darauf, den Hörer mit Strophe und Pre-Chorus an die Hand zu nehmen. Gut so! Wir kennen schon so viel - wir wollen nicht an die Hand genommen werden; wir wollen abheben. Nach einem gedankenversunkenen Gesangsintro folgen melodische Spielereien von Gitarre und Keyboard, und schon bricht der Chorus über uns herein.
Schichtweise statt linear breitet sich der Longtrack aus und führt durch Druck machende Double-Bass-Passagen mit erdigen Riffs und Trance-artige Breaks mit einem simplen, aber irgendwie fesselnden Sound des Keyboards. Der Klavierklang ist bewusst übersteuert, verzerrt und distanziert ... beklemmend und unwirklich irgendwie - cool, auf jeden Fall. Nach einem Instrumentalpart, der schleppende Riffs mit atmosphärischen Keyboards verbindet, folgt nach gut fünfeinhalb Minuten ein sehr markanter, schwebend-atmosphärischer Part, bei dem die expressiven Vocals von Sängerin Sabina Moser im Vordergrund stehen. Und wie! Das ist betörend - simpel, aber es wirkt richtig gut.
Die zahlreichen Wechsel in Tempo, Dichte und Dramatik machen "A Question Never Heard" zu einer echten Perle. Und nicht zuletzt das zwei Minuten lange Outro-Solo von Gitarrist Jan Göpelt - eigentlich völlig 'unspektakulär', auch rhythmisch, aber ungeheuer einfühlsam. Es zeugt von einem erstaunlich reifen Feeling für epische Strukturen. Hier hat man übrigens gar nicht mehr das Gefühl, Prog Metal zu hören - das könnte auch genau so auf einem frühen Marillion-Album stehen.
Die zweite Hälfte der EP, sozusagen, besteht aus dem zweigeteilten "Top Of The World". Teil eins ist eine Art melancholische Metalballade - eine ruhige, einfühlsame und auf sehr schöne Weise schmerzerfüllte Nummer. Teil zwei strotzt vor metallischer Kraft. Wir kriegen straighten, aber angeproggten Power Metal auf die Ohren. Gitarrist Göpelt offenbart hier durchaus auch eine Zuneigung fürs neoklassische Genre. Die Keyboards klingen allerdings ein bisschen cheesy. "Top Of The World Part II" ist solide, aber das Kronjuwel der Band ist ganz klar der Titeltrack. Mal sehen, ob und wann die 'Krönung' erfolgt - Ashby haben auf jeden Fall viel Potenzial. Sie liefern (noch) nichts wirklich Neuartiges - aber sie wissen hörbar, was sie wollen. Und das ist oft sogar mehr wert! Denn dieses Gefühl der Authentizität, das da aus den Boxen kommt, das lügt nicht.
Ashby setzen vor allem auf atmosphärische Bannkraft und auf Epik in der Songstruktur, weniger auf instrumentale Prahlereien. Die Entscheidung war sicherlich gut, denn die Band hinterlässt (vor allem mit diesem einen Song) einen bleibenden Eindruck. Ein paar instrumentale Akzente hier und da würden allerdings nicht schaden und dürfen in der weiteren Entwicklung der Band gern noch hinzukommen. Einen großen Pluspunkt verzeichnen wir jetzt schon: Trotz vieler stilistischer Referenzen, die man durchaus anführen kann, fällt einem auf die Schnelle keine Band ein, zu der man Ashby eine übertriebene Nähe attestieren müsste. Das ist gut so. Und mit Frontfrau Sabina Moser haben sie eine Sängerin am Start, die zwar technisch und in ihrem Facettenreichtum noch zulegen kann, die aber jetzt schon mächtig Eindruck schindet mit dieser markanten, temperamentvollen, angerauten Power-Stimme. Die vergisst man nicht; und das ist viel wert.
Ashby arbeiten bereits fleißig an ihrem ersten vollen Album. Man berichtet von Entwürfen für Stücke, welche die 15-Minuten-Marke knacken könnten. Wir freuen uns drauf und lassen die Jugend mal machen.
Denn früher war zwar alles besser. Aber bald ist heute schon früher ...
Line-up:
Sabina Moser (vocals)
Joel von der Heiden (keyboard)
Rik Schindler (drums)
Jan Göpelt (guitar)
Tracklist
01:A Question Never Heard (10:42)
02:Top Of The World Part I (4:15)
03:Top Of The World Part II (5:11)
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