Astra / The Black Chord
The Black Chord Spielzeit: 47:13
Medium: CD
Label: Rise Above, 2012
Stil: Psychedelic Prog

Review vom 27.03.2012


Andrea Groh
Bei 'Astra' denken manche an Autos, manche an Bier, ich jedoch an die großartige, trotzdem unterbewertete Psychedelic-Prog-Band aus den USA, die ich 2009 mit ihrem Debüt kennengelernt habe, das für mich eines der Highlights jenes Jahres war.
Seitdem wartete und hoffte ich auf einen Nachfolger. Hat dann doch etwas gedauert... Wichtige Fragen im Vorfeld: Hat sich das Warten gelohnt? Halten Astra noch das, was sie versprechen oder haben sie ihren Stil gewechselt?
Gleich vorweg kann ich schon mal beruhigen: Die Musik hat sich nicht verändert. Wer "The Weirding" mochte, wird auch an "The Black Chord" Gefallen finden.
Schon der Opener "Cocoon" schleicht sich sanft ins Ohr. Nach einem Fade-In wabern hier die bereits bekannten Klänge, lullen die Hörerschaft in einen Kokon, bis nach der Hälfte des Songs das energetische Level steigt, als zunächst die Gitarre einsteigt und dann die Finger auf den Tasten eine seltsam schwebende Melodie spielen.
So wechseln sich psychedelische mit eher progressiven Elementen ab, wobei die Übergänge natürlich so fließend sind, dass man keine Trennung erkennt.
Der Titel-Longtrack "The Black Chord" fängt zunächst ähnlich an, bevor Piano und Gesang einsetzen und ich mich frage, ob denn im ersten Song keine Stimme war - hm, vermisst habe ich sie gar nicht. Dann wird es fast schon rockig, bzw. retro-rockig. Denn was immer Astra machen, welche Elemente ihres Klangkosmos' sie einsetzen - stets waten sie mehr als knietief in den 70ern. Damit müssten sie einige Hörerschichten ansprechen: Hippies, Doomer, Retro-Rocker, Space Rocker, Psychedelic- und Progressive-Fans.
Ich will nun gar nicht auf weitere Einzelheiten eingehen, denn die Stilmittel wiederholen sich, gestalten hintergründige Strukturen im vordergründig flüssig wirkenden Soundteppich.
Insgesamt erscheint mir "The Black Chord" etwas noisiger und eckiger als "The Weirding", gleichzeitig etwas weniger düster.
Statt sich an den Ästen des alten kahlen Baumes im Nebel zu verlieren, wird nun die Energie mittels kubischer Strukturen gebannt, mit einer Macht, die man schon den alten Pyramiden nachsagt. Zumindest legen mir die Cover-Motive diese Interpretation nahe.
Wobei es natürlich stets subjektiv und individuell ist, welche Bilder Musik in einem Hörer erzeugt. So dachte Kollege Ingolf beim Debüt an H. P. Lovecrafts Cthulhu, während ich statt des tentakelbesetzten unter dem Meer schlafenden Außerirdischen eher eine Assoziation zu Azathoth hatte, dem Dämonensultan, welcher das blinde Chaos im Zentrum des Universums darstellt. Führe ich dieses Gedankenspiel weiter, könnte "The Black Chord" Yog-Sothoth sein, der Wächter oder 'Der Schlüssel zum Tor, wo die Sphären sich treffen', eine Brücke zwischen verschiedenen Dimensionen von Raum und Zeit.
Es sei jeder/m selbst überlassen, den eigenen Fantasien beim Lauschen freien Lauf zu lassen. Man kann sicherlich auch einfach nur die Musik genießen, die zeitlose Intensität, die epischen Songstrukturen, die 2012 genauso ausladend sind als ob sie 1972 entstanden wären. Fernab vom Zwang, kurze, schnell konsumierbare gar radiotaugliche Hits zu schreiben. Astra lassen sich nicht in ein Korsett zwängen, sondern leben ihre Kreativität aus, fast schon in schamanisch-magischer Weise, mit dem Wunsch, das Universum zu berühren und einen Hauch der Ewigkeit zu spüren.
Darauf muss man sich natürlich einlassen können, um es zu genießen. Wer dies vermag und mag, den lädt "The Black Chord" auf eine interessante Reise ein, die jedoch leider nur gut halb so lang ausgefallen ist wie die des Vorgängers.
Im Vergleich dazu kann der Zweitling das Niveau knapp halten, ist also keine Enttäuschung, aber auch keine Steigerung und keine solche Überraschung wie damals. So etwas lässt sich nicht wiederholen. Daher tun Astra gut daran, auf eine dezente Weiterentwicklung zu setzen, manchen mag "The Black Chord" dadurch sogar besser gefallen als "The Weirding".
Egal welcher Meinung man ist, Astra sind auf jeden Fall ein strahlender Stern am Musikhimmel, auch wenn sie durch ihren Stil nicht jeden (heutigen) Geschmack treffen werden.
Line-up
Richard Vaughan (guitar, Mellotron, Moog, vocals)
Conor Riley (Mellotron, Moog, organ, piano, vocals)
Stuart Sclater (bass)
David Hurley (drums, percussion, flute)
Brian Ellis (lead guitar, Moog)
Tracklist
01:Cocoon (8:45)
02:The Black Chord (14:59)
03:Quake Meat (6:41)
04:Drift (4:39)
05:Bull Torpis (2:56)
06:Barefoot In The Head (9:13)
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