Olaf Lenk weiß ganz genau, was er will - deshalb gilt auch beim nunmehr achten Studioalbum seiner Band At Vance binnen zehn Jahren definitiv: überraschungsfreie Zone! Und weil Olaf Lenk auch ganz genau weiß, was er kann, bietet "Ride The Sky" mal wieder Melodic Metal von guter Qualität. Man könnte dem Album nun einfach den Stempel 'Nachschub' aufdrücken. Ein bisschen mehr ist diese gute dreiviertel Stunde dann aber doch.
"Ride The Sky" ist nämlich stärker ausgefallen als der Vorgänger "VII". Positiv fällt vor allem Sänger Rick Altzi auf, der seine Stärken besser ausleben kann als bei seinem ersten Auftritt zwei Jahre zuvor. Wie er kratzig rau an die anspruchsvollen, hohen Stellen rangeht, ist nicht von schlechten Eltern. Man kann dieses Mal noch viel besser nachvollziehen, warum Olaf Lenk sich ausgerechnet den Schweden in die Band geholt hat, denn dessen Rockröhre geht stilistisch schon in Richtung des ersten Sängers der Band, Oliver Hartmann, an dessen tolle Technik in schwindelerregenden Höhen Altzi gleichwohl nicht ganz rankommt.
Mehr als nur einmal klingt Altzi auch (fast) so aggressiv und leidenschaftlich wie ein Jeff Scott Soto. Und beim Gedanken an den ehemaligen Malmsteen-Sänger schließt sich auch wieder der Kreis; denn mit welcher Musik könnte man Olaf Lenks Songwriting-Präferenzen so vergleichen wie mit der des schwedischen Gitarrenmeisters? Ein ums andere Mal fabriziert er neue Mid- und Up Tempo-Hymnen, pickepackevoll mit klassischen und vor allem barocken Harmonien und technisch filigranen feinen Läufen sowie sehr gefälligen Soli.
Die Songs sind nicht nur allgemein einen Hauch stärker als auf "VII" und gehen wunderbar ins Ohr - auch stilistisch ist "Ride The Sky" ein wohltuender Schritt 'back to the roots'. Nach dem vermehrt auf 'normalen' Melodic Power Metal setzenden und etwas austauschbaren Vorgänger gibt es nun wieder eine Hand voll sehr Yngwie'eske Nummern mit explizit neoklassischen und neobarocken Zügen - man lausche nur mal dem Einstieg des Ober-Dampfhammers "End Of Days", dem Solopart von "Power" oder "Torn - Burning Like Fire", mit majestätisch wirkenden Akkordfolgen und einem virtuosen Touch großer 'Klassiker' in der flinken Solo-Gitarre.
Überraschende, aber angenehm abwechslungsfördernde Stil-Schlenker vollziehen das stark Classic Rock-infizierte "Wishing Well" und "Salvation Day" mit einer folkig-frickeligen Heavy-Mittelalter-Hookline. Nicht ganz anknüpfen an Gewohntes kann die langsame, atmosphärische Barock-Ballade "You And I", deren Harmoniegerüst an Johann Sebastian Bachs "Air" aus der 3. Orchestersuite angelehnt ist. Der Song kann eigentlich nur verlieren, wenn man ganz ähnlich gestrickte, aber emotional wesentlich stärkere Nummern wie "Princess Of The Night" vom 2000er "Heart Of Steel"-Album im Back-Katalog hat. Und mit Malmsteens "I'm My Own Enemy" liegt die Messlatte eigentlich sogar noch höher.
Und nullkommanull Gefallen hat sich Olaf Lenk leider mit seiner Vertonung von Antonio Vivaldis Adagio-Satz aus dem 'Sommer' der "Vier Jahreszeiten" getan. Eigentlich mag ich diese Metal-Adaptionen ja - aber erstens hat dieses Stück nicht gerade Ohrwurm-Qualitäten und zweitens: Was sollen diese leise in den Hintergrund gemischten Drums? Entweder ganz oder gar nicht. Auch die Gitarren klingen zurückgedrängt und emotionslos, ganz im Gegensatz zum Rest des Albums - der Track wirkt wie ein Fremdkörper.
Fragen lassen muss sich Olaf Lenk auch, warum er nicht mal einen hauptamtlichen Schlagzeuger die Drums einspielen lässt. Er verdient zwar als Multi-Instrumentalist meine Bewunderung, denn auch an den Drums ist er wahrlich kein schlechter - besonders die richtig schnellen Stücke muss man erst mal technisch so fein hinbekommen. Aber ein Voll-Profi hinter der Schießbude könnte für mehr Variation und Details sorgen. Und immerhin ist - zumindest in der Live-Besetzung - mit Alex Landenburg ( Axxis, Mekong Delta) ein Könner im Line-up. Unterm Strich ist "Ride The Sky" dank zahlreicher Spitzen-Nummern aber sein Geld wert - 7 von 10 RockTimes-Uhren für den beruhigenden Beweis, dass der neoklassische Heavy Rock nicht mit der Tagesform von Yngwie Malmsteen steht und fällt.
Line-up:
Olaf Lenk (guitar, bass, drums, keyboard, backing vocals)
Rick Altzi (vocals)
Wolfman (bass)
Tracklist |
01:Ride The Sky
02:Torn - Burning Like Fire
03:Last In Line
04:Wishing Well
05:Salvation Day
06:Vivaldi, Summer 2nd Set
07:Power
08:You And I
09:End Of Days
10:Falling
11:Farewell
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Externe Links:
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