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Atomic Brother / See Me Comin'
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Na, wer hat Lust auf ein vielschichtiges, facettenreiches Rockalbum? All diejenigen, die jetzt sofort 'ich' gedacht haben, werden in Atomic Brothers Debütalbum "See Me Comin'" möglicherweise schnell ihre neue Lieblingsscheibe finden, denn vielfältiger, differenzierter und ambitionierter kann eine Rock-Aufnahme heutzutage kaum klingen.
Hinter Atomic Brother stehen die beiden New Yorker Musiker James Melillo und S.A. Sebastian Gnolfo, die ihren breit gefächerten Musikgeschmack 1:1 auf ihre Band übertragen haben. Gemeinsam mit dem Schweizer Schlagzeuger Patrick Aeby (u.a. Genocide, Krokus, Sideburn) haben sie in Lausanne ein schwieriges, ungemein heterogenes Album aufgenommen, auf dem sich Punk, Alternative, moderner Metal, Rock und Pop ganz selbstverständlich die Klinke in die Hand geben - teilweise sogar in ein und demselben Song!
So kommt es, dass der eröffnende Titeltrack neben gesprochenen Strophen-Lyrics, die einen gehörigen Alternative Rock-Touch aufweisen, im Refrain plötzlich in moderne, brutale Metal-Gefilde abdriftet, inklusive fettem Riffing und kreischender Stimme. Das Konzept funktioniert und packt einen gnadenlos an den Eiern, sofern man denn kein engstirniger Traditionalist ist...
Das darauf folgende "Piece Of My" ist ein packender Alternative-Song, dessen sanfte Strophen mit härter rockenden Refrains kombiniert werden. Die dritte Nummer "Take You Away", zu der es übrigens ein Video gibt, ist dagegen ein locker-flockiger Pop-Song mit leicht melodischem Punk-Einschlag, der echte Ohrwurmqualitäten hat. Meiner Meinung nach das erste richtige Highlight von "See Me Comin'".
"Employee Of The Month" kracht einem enorm punkig in die Seite, während "Home In The Sky" daraufhin durch sanften Gesang und verträumte Gitarren dann das komplette Gegenteil und Kontrastprogramm darstellt - definitiv ein weiterer Glanzmoment, dessen Refrain butterweich in die Gehörgänge eindringt. Doch damit nicht genug, denn auch "Never Home" mit seinem spanischen Einschlag und klasse Refrain muss man ebenfalls unbedingt als Höhepunkt ansehen.
Und das geht dann so weiter, denn die schwachen Momente auf "See Me Comin'" muss man schon mit der Lupe suchen und wird sie selbst dann nicht finden. Denn trotz der enormen Stilvielfalt klingt das Album quasi wie aus einem Guss und man wundert sich nach ein paar Durchläufen gar nicht mehr, dass neben brachialen Gitarren plötzlich ganz weiche Sounds zu hören sind. Welche Stelle man auf dieser Scheibe auch anspielt, immer wieder fallen einem die saustarken Melodielinien auf, die sich Melillo und Gnolfo offenbar mit Leichtigkeit aus dem Handgelenk schütteln: "Everything And Less" und "No More Time" sind gute Beispiele dafür.
Zum Schluss werden die atomaren Brüder dann übrigens richtig politisch, in dem sie mit "Allah Told Me To" einen Song raushauen, der beim Überfliegen der Trackliste sofort ins Auge sticht. Rein vom Zuhören her kann ich der stakkatoartigen, sich teilweise überschlagenden Stimme zwar nur bruchstückhaft folgen, die schleppende Bridge allerdings offenbart schließlich, dass mit diesem Song wohl die Eindrücke des 11. September 2001 verarbeitet werden - was aber auch ziemlich nahe liegt, da die beiden Musiker ja aus New York stammen und den Terror vor sieben Jahren deshalb hautnah miterlebt haben.
Fazit: "See Me Comin'" ist ein Album geworden, das sich grundsätzlich sehr gut mit Faith No More vergleichen lässt. Denn ein derartig kruder Stilmix zeichnete auch schon die Herren um Mike Patton aus. Für Traditionalisten ist die Scheibe wohl eher weniger was, aber aufgeschlossene Musikliebhaber, die mit Punk, Rock und Pop im weitesten Sinne etwas anfangen können, sollten hieran Gefallen finden.
Line-up:
James Melillo (vocals & guitars) S.A. Sebastian Gnolfo (bass & vocals) Patrick Aeby (drums)
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