Dass ich den Namen Ben Arnold noch nie gehört hatte, war wieder mal einer meiner Trugschlüsse. So war er nicht nur als Gast des von mir besprochenen Tom Gillam-Albums Never Look Back mit von der Partie, er ist mir natürlich auch bereits als Mitglied der US Rails unter die Augen und Ohren gekommen. Arnold stammt aus der Philadelphia-Szene, hat schon eine gute Hand voll an Solo-Alben auf dem Kerbholz und war einmal gar auf dem Sprung in die erste Liga, als ihn ein Major-Label unter Vertrag nahm. Als die dort veröffentlichte Scheibe "Almost Speechless" (1995) allerdings nicht die gewünschten Verkaufszahlen erreichte, wurde er wie eine heiße Kartoffel wieder fallen gelassen.
So kann Ben Arnold zwar bis heute von seiner Musik leben (was ja auch schon eine Errungenschaft ist), ist über das nähere Umfeld von Philadelphia hinaus aber nicht sehr bekannt. Mit "Simplify" legt er bereits sein siebtes Album unter eigenem Namen vor, möglich gemacht durch das Blue Rose-Label, das sich den Amerikaner bei der letzten Europa-Tour der US Rails unter den Nagel riss. Und das war gut so, denn Arnold legt hier ein durch und durch großartiges Rock-Album vor, das über starke Songs, abwechslungsreiche Arrangements und einen tollen Sänger verfügt.
Empfangen werden wir bei "Depend On Love" mit einer flott geschlagenen Akustik-Gitarre, einer ergänzenden Harmonika und dem klasse Soul-getränkten Reibeisen des Vokal-Akrobaten. Da ist Druck dahinter, die Gesangsmelodien sind eingängig und der erdige, warme Sound sorgt umgehend für einen sehr positiven Eindruck. Ein starker Groover im Midtempo-Bereich ist "Baby Let The Tears Roll Down", bei dem Drummer Matt Muir und Zach Djanikian für die Grundlage sorgen. Immer wieder mal, wie zum Beispiel auch bei "Fishin'" erinnert Ben Arnold durch seinen Gesangsstil (weniger durch die Texte) an den Altmeister Randy Newman. Dass diese beiden Musiker neben den Vocals auch hauptsächlich die schwarzen und weißen Tasten bedienen, ist eine weitere Gemeinsamkeit.
"O' Holy Ghost" ist eine weitere dieser Nummern, die durch klasse Songwriting und die heiseren Stimmbänder des Protagonisten glänzen. Wobei es fast unfair wäre, das ein oder andere Stück über die anderen zu stellen, da hier wirklich durch die Bank Volltreffer abgeliefert wurden. Zehn der elf Tracks stammen aus der Feder von Arnold, als Cover-Song hat er sich John Lennons Titel "Watching The Wheels" (von dessen Album "Double Fantasy", 1980) ausgesucht, auf dem er ebenso brilliert. Klasse, diese für den Ex- Beatle so typischen Moll-Akkorde auf dem Piano und genauso stark kommt Arnolds Gesang, der mit einer gehörigen Portion an Feeling ausgestattet ist.
Man könnte über jeden einzelnen Track einen Absatz schreiben. "Upstate New York Whiteout" ist ein ganz schön flotter Shuffle, der die Schneemassen und -stürme des manchmal sehr bitteren Winters im Staate New York beschreibt. "Slow Learner" glänzt als toll gelungene Piano-Ballade, die einmal mehr an Randy Newman erinnert und außerdem über ein hervorragendes Gitarren-Solo verfügt. Der Titelsong groovt einmal mehr so flüssig vor sich hin, dass er mir immer wieder ein Grinsen auf die Lippen zaubert, die Hammond zirpt und knarzt im Hintergrund, während Arnold sich nach den einfachen Dingen des Lebens sehnt.
Bei "Breakfast For Dinner" (Newman lässt einmal mehr grüssen) gibt uns der gute Ben einen augenzwinkernden Einblick in die Essgewohnheiten im Hause Arnold, hier sogar noch herrlich von Blechbläsern unterstützt, die die Uptempo-Nummer bombensicher nach Hause bringen. Es gibt keinen Ausfall zu berichten. Wenn man mir Schläge androhen würde, dann müsste ich "Depend On Love", "O' Holy Ghost", "Upstate New York Whiteout" oder auch "Watching The Wheels" als Anspieltipps nennen.
Es kann nur ein Fazit geben: Mit "Simplify" ist Ben Arnold ein überdurchschnittlich gutes, vom Mainstream angehauchtes Rock-Album gelungen, das durch starkes Songwriting, einen warmen wie fetzigen Sound, ausgeklügelte Arrangements, super Musiker und schließlich mit dem Protagonisten über einen sehr guten Sänger verfügt, dessen raues Organ für die notwendigen Ecken und Kanten sorgt. Und vielleicht kommt Arnold ja auch mal solo über den großen Teich, diese Songs schreien geradezu danach, auch live auf der Bühne gespielt zu werden.
Line-up:
Ben Arnold (vocals, piano, acoustic guitars, electric piano, harmonica)
Matt Muir (drums & percussion, background vocals)
Zach Djanikian (bass, background vocals)
Adam Flicker (Hammond organ, trumpet)
Jason Loughlin (electric guitars)
Mit:
Matt Kass (electric guitars - #2,4,5,6)
Barrie Maguire (guitars - #2,3,5,7,10)
Lee Schusterman (piano - #4)
Jim Boggia (guitar & background vocals - #11)
Mia Johnson (background vocals - #4,7)
Jaclyn Marie (background vocals - #4,7)
Tracklist |
01:Depend On Love
02:Simplify
03:Slow Learner
04:Baby Let The Tears Roll Down
05:Love Don't Lie
06:Fishin'
07:O' Holy Ghost
08:Breakfast For Dinner
09:Woman's Intuition
10:Upstate New York Whiteout
11:Watching The Wheels
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