Wie würden nur die Beatles klingen, wenn sie heute noch in Originalbesetzung Tonträger produzieren würden? Wie wohl Elton John, wenn er dieser Tage noch mal ein Anschlussalbum für Goodbye Yellow Brick Road herausbringen würde? Auf eine entsprechende Antwort der Protagonisten dürfen wir (aus den bekannten Gründen) nicht mehr hoffen, aber diese fiktiven Alben könnten durchaus so klingen, wie Markus Apitius mit seinem brandneuen, "Sinking Fish Trawlers Off The Coast Of Senegal" betitelten Album.
Fünf Jahre hat sich der Kölner Singer/Songwriter seit seinem letzten Output, "Golden Parachute", Zeit genommen. Musikalisch wird er durch seine Live-Musiker Christian Schaal (Bass und Viola) und Matthias Ebbinghaus (Perkussion) unterstützt, die den vorwiegend am Flügel tätigen Markus Apitius einfühlsam begleiten.
Eine subtile politische Botschaft scheint sich im recht ungewöhnlichen Titel dieses zwölfteiligen Songreigens versteckt zu haben. Vor der Küste dieses westafrikanischen Staates herrschen bekanntlich Sitten wie im Wilden Westen. Eine korrupte örtliche Politikerriege hat die Fischereirechte an mehr als zwanzig ausländische Riesentrawler verhökert, die teilweise sogar den gefangenen, hochwertigen Fisch direkt an Bord zu Fischmehl verarbeiten. Auch die EU mischt da munter im Bakschisch-Rennen um bis über das Erträgliche ausgereizte Fangquoten mit. Alles natürlich nur, damit unsereins billigen Fisch auf den Tellern hat. Währenddessen kämpfen unzählige senegalesische Kleinfischer ums Überleben. Und dann wundert man sich, wenn andernorts andere Einnahmequellen (Stichwort: Piraterie) aufgetan werden... Markus Apitius regt hier zu einem Nachdenken über ein wahrhaft unappetitliches (weil unethisches) Thema an, das uns auch hierzulande - ob uns das jetzt 'schmeckt' oder nicht - betrifft!
Die zwölf Songs bedienen die gesamte Bandbreite anspruchsvoller Popmusik. Besonders schön manifestiert sich dies in den beiden aufeinander folgenden Stücken "Like You Find Me" und "Dinosaur Eyes". Das erste vermittelt einen fröhlich-bunten Jahrmarktcharakter, ganz ähnlich den 'Vibes' von "Sgt. Pepper's...", während das zweite eine zarte, fast zerbrechlich wirkende Ballade darstellt, die von einem zauberhaften Dialog zwischen Piano und Viola getragen wird. Auch John Lennon winkt zwei-, dreimal von der gemeinsamen Wolke mit 'Lucy', wie in "Junkie Junkie" oder "Tadpoles"...
Aber auch durchaus progressive Töne schleichen sich gelegentlich in "Sinking Fish Trawlers...". Das ungemein stimmungsvolle "No Access" könnte bspw. von so mancher bekannten NeoProg-Formation adaptiert werden, während das vertrackt-synkopierte "Boys" an ziemlich frühe Solowerke Peter Gabriels erinnert.
Manchmal fühlt man sich aufs Angenehmste in eine glorreiche Dekade zurückversetzt, als 'progressive' Popbands wie 10cc Anspruch und Eingängigkeit mit einer federnden Leichtigkeit zusammenfügten. Dagegen swingt "Going Dark" in eindeutig jazzige Gefilde ab und auch dies steht Markus Apitius gut zu Gesicht.
Glücklicherweise braucht es heutzutage nicht mehr ein gehöriges Maß an Waghalsigkeit, um ein solch ambitioniertes Pop-Album wie "Sinking Fish Trawlers Off The Coast Of Senegal" zu veröffentlichen. Selten zuvor war die Musikszene weniger von Scheuklappen beengt (oder war das jetzt nur wieder einer meiner berüchtigten Tagträume?). Man kann Markus Apitius zu der vorliegenden Scheibe nur beglückwünschen. Man weiß ja: Qualität wird sich immer durchsetzen!
Line-up:
Markus Apitius (vocals, grand piano, keys, guitars, Minimoog, thumbjam)
Christian Schaal (bass, viola)
Matthias Ebbinghaus (cajon, percussion)
Tracklist |
01:Too Much (2:38)
02:Move On (4:22)
03:Junkie Junkie (5:11)
04:No Access (4:36)
05:Like You Find Me (3:59)
06:Dinosaur Eyes (4:19)
07:Crystalline Stares (4:58)
08:Riyadh Incidence (1:07)
09:Boys (3:31)
10:Men At Last (1:10)
11:Going Dark (1:58)
12:Tadpoles (4:03)
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