Miller Anderson / Live At Rockpalast 2010
Live At Rockpalast 2010 Spielzeit: 84:00
Medium: DVD
Technische Daten:
Video-Format: DVD 9
Bild-Format: 16:9
Sound: Dolby Digital
Region Code: 0 (weltweit)
Sprache: Englisch
FSK: 0 (keine Einschränkung)
Label: MIG Music, 2011
Stil: Blues Rock

Review vom 17.03.2011


Markus Kerren
Miller Anderson hat sich in den letzten Jahrzehnten meinen riesengroßen Respekt erspielt. Und zwar schlicht und ergreifend dadurch, dass alles, was ich von dem Mann - manchmal gezielt und manchmal zufällig - in die Finger bekam, einfach starke Musik war. Angefangen bei der
Keef Hartley Band (mit denen er auch in Woodstock spielte) über seine Solo-Alben, über das "Boogie Brothers"-Album mit Savoy Brown bis hin zu seiner Mitwirkung bei Broken Glass, einem Band-Projekt von Stan Webb (Chicken Shack) Mitte der Siebziger. Und schließlich durfte ich ihn ca. 1987/88 auch einmal gemeinsam mit Chris Farlowe, Colin Hodgkinson und Pete York gemeinsam auf der Bühne erleben.
Seit etwa 15 Jahren ist er in der Spencer Davis Group aktiv. Der Mann war nie ein Star, hatte nie einen Hit, macht aber dennoch seit über vierzig Jahren professionell Musik und veröffentlicht Alben. So was kann nur funktionieren, wenn man verdammt gut ist. Dafür, dass ich ihn bisher nur einmal live erleben durfte, liegt mir jetzt jedoch als kleine Entschädigung die DVD "Live At Rockpalast" vor, die im vergangenen Jahr aufgezeichnet wurde. Die halb deutsch/halb britische Miller Anderson Band bestand zu diesem Zeitpunkt aus dem Protagonisten selbst, Kris Gray am Bass und den Brüdern Frank (Keyboards) und Tommy Tischer an der Schießbude. Der Schotte stellt hier ein Programm vor, das weite Teile seiner Karriere bis zurück zum ersten Keef Hartley-Album "Halfbreed" abdeckt.
Schön erdig Blues-rockend mit tollem Hammond-Sound und verschärftem Slide-Spiel geht es bereits mit "City Blues" los, gefolgt von dem Keef Hartley-Song "Sinnin' For You". Ein straighter Rocker, der immer wieder von einer herrlich bluesigen Bridge abgefedert wird. Die Band stellt sich als perfekt geölte Maschine vor und neben Miller kann speziell Frank Tischer an den Tasten immer wieder mit starken Soli überzeugen.
Dann ist der Titelsong des Savoy Brown-Albums "Boogie Brothers" angesagt und spätestens hier hat Anderson den Zuschauer komplett in der Tasche. Bezüglich der Sechssaitigen besitzt er die Fähigkeit, punktgenau und mit tonnenweise Feeling ausgestattet jederzeit den richtigen Ton, den richtigen Ausdruck zu finden, ohne jemals aufdringlich zu erscheinen oder überladen zu wirken. Und das in einem Ausmaß, wie ich es bisher nur von Robbie Robertson zu Zeiten von The Band kannte.
Mir bisher noch vollkommen unbewusst, stellt sich bei der Ansage zum nächsten Track heraus, dass Anderson wohl auch mal Mitglied bei T. Rex war. Die gespielte Nummer ist "I Love To Boogie", original aus dem Jahr 1976. Miller hat keinerlei Berührungs-Ängste mit dem Publikum, macht Witze und geht sehr relaxt auf Zwischenrufe der Gäste ein. Ein weiterer absoluter Höhepunkt ist der groovige Rocker "High Tide And High Water", bevor es mit "Fallin' Back Into The Blue" und "Just To Cry", deutlich bluesiger und nachdenklicher zugeht.
Der flotte Gute-Laune-Rocker "Houston" ist seinem Heimatort, einem kleinen Dorf in Schottland gewidmet. Diesen Track umweht vom Flair her ein bisschen der Hauch von Little Feats "Oh Atlanta", worüber man aber gerne und großzügig hinweg sieht, da sämtliche weiteren Eigenkompositionen souverän originell sind. Das Bonus-Material besteht aus drei weiteren Songs von einem anderen Konzert - von denen wohl vor allem "Leavin' Trunk" (u. a. Sleepy John Estes, Taj Mahal) und "Spoonful" (u. a. Cream) weitläufig bekannt sein dürften - und einem leider viel zu kurzen Interview, bei dem der Protagonist seine Reputation als bescheidener Sympathie-Bolzen noch mal untermauert.
Als Fazit kann ich "Live At Rockpalast 2010" nur empfehlen. Denn hier wird über achtzig Minuten lang feinster, grundsolider Blues Rock ohne irgendwelchen unnötigen Firlefanz oder ausufernde Soli geboten. Für Miller Anderson steht ganz klar der Song im Vordergrund, während er und seine drei Mitstreiter es dennoch - auch individuell - spielend schaffen, den Zuschauer bzw. -hörer mit ihren Leistungen zu begeistern. Miller Anderson ist sowohl auf der Bühne wie auf Tonkonserve ein Garant für einen guten, begeisternden Abend.
Line-up:
Miller Anderson (guitar, vocals)
Kris Gray (bass, background vocals)
Frank Tischer (keyboards, background vocals)
Tommy Tischer (drums)
Tracklist
01:City Blues
02:Sinnin' For You
03:Boogie Brothers
04:I Love To Boogie
05:High Tide And High Water
06:Fallin' Back Into The Blue
07:Just To Cry
08:Think It Over
09:Houston

Bonus-Tracks:
10:Leavin' Trunk
11:Little Man Dancing
12:Spoonful
13:Interview
Externe Links: