Der aus Marquette im US-Bundesstaat Michigan stammende Scotty Alan begann seine musikalische Karriere damit, dass er von 1987 bis 1997 in einer Drei-Mann-Punk-Band spielte, deren Name auf seiner Homepage allerdings erst gar nicht mehr erwähnt wird. Der Musikgeschmack des Mannes aus dem hohen Norden der Vereinigten Staaten scheint sich aber seither drastisch geändert zu haben, denn was wir auf "Wreck And The Mess" geboten bekommen, sind 15 starke wie lupenreine Alternative Country-/Americana-Songs. 15 Tracks in 45 Minuten, steckt da doch noch sehr viel vom Punk-Spirit in dem Protagonisten?
Nein, überhaupt nicht! Zumindest ist es den Songs nicht anzumerken. Vielmehr ist es so, dass Alan so viel starkes Material in der Hinterhand hatte, dass er es schafft, bei den meisten Stücken auch bereits nach relativ kurzer Spielzeit alles gesagt zu haben. Es fällt sehr schwer, überhaupt einen Schwachpunkt auf dieser Scheibe zu finden. Das Songwriting ist sehr stark wie eingängig ausgefallen, der Gesang wie die Einspielung der Titel passen wie die berühmte Faust aufs Auge und auch die Arrangements sind super gesetzt. Aber der Amerikaner hatte auch durchweg hochgradige Unterstützung im Studio. Aufgenommen wurde übrigens in Los Angeles.
Um nochmal auf die Unterstützung zurück zu kommen: Abgesehen davon, dass sämtliche Kompositionen von Scotty Alan im Alleingang stammen, hatte bei den Aufnahmen vor allem Bernie Larsen (der u. a. schon mit Lucinda Williams, Rickie Lee Jones, Jackson Browne oder Melissa Etheridge zusammengearbeitet hat) als Produzent und Musiker die Fäden in der Hand. Die Musiker stammen grob gesagt aus dem Umfeld von eben jener Frau Williams, Jackson Browne und Warren Zevon (R.I.P.), Dazu kommen auch noch Ausnahme-Könner wie Ian McLagan (Ex- The Small Faces, The Faces), David Lindley oder Kristin Mooney (die ihre Stimme neben Soloalben auch schon Koryphäen wie Keith Richards oder Steve Earle zur Verfügung gestellt hat).
Da konnte also gar nichts schief gehen, oder? Trotzdem, all diese starken Musiker würden nichts nützen, wenn die Songs Mist wären. Aber auch hier ist das absolute Gegenteil der Fall. Dass der gute Scotty auch über eine Menge Humor bzw. Selbstironie verfügt, zeigt er bei "Do It Alone", das über trotzigen, lustigen Wortwitz verfügt. Vielleicht am nächsten an den traditionellen Country angelegt ist die Eröffnungsnummer "Good-Bye", aber die Ausrichtung entwickelt sich danach sehr schnell in Richtung Alternative Country/Americana, was dem Album auch sehr gut tut. Die Tracks sind durch die Bank sehr melodiös und eingängig, ohne dabei süßlich oder gar aufgesetzt zu wirken.
"Ain't Much" rockt richtig schön geradeaus, ebenso wie "So Loud", das auch über eine Prise Hillbilly-Feeling verfügt. Meine Lieblings-Nummer hört auf den Namen "Long Ways From Laughin'", mit einer ganz stark von David Lindley gespielten Fiddle. Ebenfalls sehr gut ist die melancholische Geschichte von "Dam", die mit sehr viel Feeling in den Stimmbändern dargeboten wird. Noch ein Klasse-Titel gefällig? Auch "Sinkin' In" kommt in melancholischer, dafür aber auch sehr authentischer Stimmung rüber, während Carey Bohjanen einen super Job bezüglich der Background Vocals erledigt. Das Qualitäts-Level kann scheinbar mühelos über die gesamte Distanz gehalten werden.
Scotty Alan hat mit seinem Solo-Debüt für mich die bisher beste Scheibe des Jahres 2012 aus diesem Genre vorgelegt. Jeder einzelne Song ist ein Gewinner, jeder Ton sitzt wie eine Eins, die Produktion ist Spitzenklasse und kein einziges der beteiligten Studio-Asse lässt auch nur einen Funken Aufmerksamkeit oder Sorgfalt vermissen. Wer etwas mit diesem Stil anfangen kann, der sollte unbedingt in dieses Album reinhören. Mich hat die Scheibe direkt beim ersten Durchlauf aufhorchen lassen und ihre Klasse auch Wochen später noch nicht verloren. Anspieltipps gibt es zu viele, als dass ich sie hier aufführen könnte. Sehr stark und addiktiv!
Line-up:
Scotty Alan (acoustic guitars, lead vocals)
Bernie Larsen (acoustic, electric & slide guitars, lap slide, spoons, Wurlitzer, electric piano, organ, keyboards, percussion, background vocals)
Butch Norton (drums)
David Sutton (bass)
Randy Mitchell (electric guitar - #8,9,11,13,15)
David Lindley (fiddle, acoustic lap slide)
Kristin Mooney (background vocals)
Phil Parlapiano (mandolin, organ, accordion)
Jorge Calderon (background vocals)
Ian McLagan (piano - #3, Hammond B3 - #5,14)
Carey Bohjanen (background vocals - #9,14)
Tracklist |
01:Good-Bye
02:Your Hero?
03:Long Ways From Laughin'
04:Ain't Much
05:Dam
06:Says Lately
07:Barn Dance
08:Not Ready To Be
09:Down Before I Fall
10:Do It Alone
11:Was It Ever?
12:So Loud
13:Dusty Hollow
14:Sinkin' In
15:Someone To Fight
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