Susanne Alt / How To Kiss
How To Kiss Spielzeit: 55:46
Medium: CD
Label: O-Tone Music, 2012
Stil: Jazz, Funk, Soul

Review vom 18.10.2013


Joachim 'Joe' Brookes
"How To Kiss" ist eine Energiequelle, bei der der Strom aus der Musik kommt. Die in den Niederlanden lebende deutsche Künstlerin Susanne Alt hat mit ihrem bereits fünften Album einen Volltreffer in Sachen Jazz, Funk und Soul gelandet. Die Qualität der großen Zahl ihrer Eigenkompositionen steht in einem ausgeglichenen Verhältnis zu Coversongs wie "Cold Sweat" von Pee Wee Ellis oder Marvin Gayes "What's Going On".
Die insgesamt zwölf Songs der vorliegenden Platte sind in ihrer Spielfreude und Frische kaum zu überbieten. Wer ein offenes Ohr für funkig-souligen Jazz hat, wird mit "How To Kiss" seine wahre Freude haben. Susanne Alt wird so manche Vertreterin/manchen Vertreter dieser Stilrichtung etwas neidisch machen, denn die Protagonistin ist in der Lage, alle möglichen Schichten der Gefühle in Schwingungen zu versetzen. Da bleibt es nicht bei einem einmaligen Spitzen der Ohren. Die Lauscher bleiben auf Betriebtemperatur und werden durch so wunderschöne Balladen wie "Willow Weep For Me" verwöhnt. So ist Susanne Alt auch eine Seelenmasseurin der besonderen Art.
Die Saxofonistin ist Solistin und Teamplayerin in einer Person. Bei dem hohen Niveau ihrer kompositorischen und spielerischen Fähigkeiten braucht sie Begleitmusiker, die sich aus den obersten Rängen der künstlerischen Fertigkeiten rekrutieren. Das Konzert bei den Klever Jazzfreunden e.V. zeigte, wie toll der Gitarrist Eran Har Even war. Ein Virtuose vor dem Herrn. Der Kontrabassist Sven Schuster ist ein langjähriger musikalischer Begleiter der Protagonistin und auch er taucht auf der Scheibe als Solist auf. Thijs Cuppen ist der Keyboarder und Philippe Lemm trommelt. Die Gästeliste ist ebenfalls handverlesen, allen voran das internationale Urgestein Thijs van Leer (Focus). Mit dem Trompeter Loet van der Lee ist in zwei Tracks ein weiterer Bläser vertreten und wie sehr die perkussiven Beiträge von Jos de Haas (unter anderem auch New Cool Collective) zum flirrenden Feeling beitragen, kann man sich in ganzen acht Nummern anhören.
"How To Kiss" ist die fulminante Standortbestimmung einer Künstlerin, die Tradition und Moderne auf eine beeindruckende Art und Weise miteinander verquickt. So sind die beiden Fremdkompositionen ein deutlicher Beleg für das Interpretationsvermögen einer Susanne Alt. Bei dem von Pee Wee Ellis für James Brown geschriebenen "Cold Sweat" werden die weiter oben bereits erwähnten Ohrmuscheln durch den Funk in besonders hohem Maß erwärmt. Hierfür sorgen auch der Blechbläser Loet van der Lee sowie Thijs van Leer. Hammer! In der sensiblen Auslegung von Marvin Gayes "What's Going On" sollte man sich bei einem zweiten oder dritten Hördurchgang auf die fantastische Rhythmusarbeit von Philippe Lemm beziehungsweise Jos de Haas konzentrieren. Klasse!
Aus andere Sicht ist "Just A Little Lovin'" ein besonderer Track, weil Susanne Alt zum Gesangsmikrofon greift. Man kann bereits nach wenigen Tönen aus ihrem Mund feststellen, dass das nächste Album ebenfalls eine Nummer mit Gesang enthalten muss. Auf diesem Gebiet überzeugt sie den Hörer ebenfalls. Es gibt bei der Rezension von "How To Kiss" keinen Platz für negative Kritik. Susanne Alts Funk ist heiß, brodelt aus den unteren Bereichen der Rhythmik, wird von dort schon mit verdammt viel Energie versorgt und in den oberen Stockwerken toben sich die anderen Instrumente aus. Loet van der Lee ist nur zweimal aktiv. Schade, denn bei dem gemeinsamen Spiel mit der Saxofonistin wie auch seine Soli wäre die Teilnahme in weiteren Nummern allemal berechtigt gewesen.
"B. Jammin'" hat eine zum Verlieben schöne Hookline und eine Groove, der bei tanzfaulen Leuten zumindest die Fußwippe aktivieren wird. Wie ein mit dem Bogen gestrichener Kontrabass für gute Laune sorgt, zeigt Sven Schuster in seinem Solo. Wenn "How To Kiss" schon ein heißes Eisen ist, dann hat man für "Snokie" noch eine weitere Energiestufe in der Hinterhand. Dieses Funk-Stück geht in die Tiefe der Materie und ist trotz der nur knapp drei Minuten auf keinen Fall ein Lückenfüller. Was für Santana "Eternal Caravan Of Reincarnation" vom Album "Caravanserai" ist, ist bei Susanne Alt "African Dream". Ein brillantes Stück Jazz.
Bei "How To Kiss" wird der Jazz zu einer sehr interessanten Angelegenheit und mit unterschiedlichen Spielarten zwischen Funk sowie Soul, besetzt Susanne Alt einen musikalischen Stuhl, auf dem nicht viele andere Musiker Platz finden werden.
Line-up:
Susanne Alt (alto saxophone)
Thijs Cuppen (Fender Rhodes, Hammond L100)
Eran Har Even (guitar)
Sven Schuster (double bass)
Philippe Lemm (drums)

Guest Musicians:
Loet van der Lee (trumpet - #1,4)
Jos de Haas (percussion - #1,3-6,8,9,11)
Thijs van Leer (Hammond L100 - #1,3,4,7,9,11)
Tracklist
01:How To Kiss (4:46)
02:B. Jammin' (3:32)
03:Scotheny (5:46)
04:Cold Sweat (5:37)
05:Snokie (2:56)
06:What's Going On (4:41)
07:Willow Weep For Me (4:45)
08:Brothers And Sisters (5:38)
09:African Dream (5:26)
10:No Rules (4:14)
11:Frida's Bird (5:01)
12:Just A Little Lovin' (3:18)
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