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Die Schwedin Annis Brander hatte schon immer ihren eigenen Kopf. Lernte sie in ihrer frühen Jugend in der Nähe von Göteborg das Violine-Spielen, so beschloss sie bald darauf, dass dieses Instrument einfach nicht cool wäre und brach ab. Jahre später zog sie weiter in den Norden, um dort eine Ausbildung zum Küchenchef zu beginnen. Sehr bald lernte sie jedoch Leute aus der benachbarten Rock-Musikschule kennen. Autodidaktisch erlernte sie die ersten rudimentären Gitarren-Akkorde und hatte innerhalb einer Woche ihren ersten Song geschrieben. Und von da an gab es für die junge Musikerin kein Zurück mehr.
Nach ihrem im Jahr 2009 erschienenen Debüt-Werk "If It's A Dead Fish, It's A Dead Fish" (schöner Titel, der automatisch und umgehend zum betretenen, aber wissenden Kopfnicken animiert) legt sie nun mit "Glass People In The Woods" ihr zweites Album vor. Als nachdenklich, etwas düster und sehr persönlich wurde die Scheibe angekündigt, was ich auch ohne Gewissensbisse so unterschreiben kann. Wobei sich das Düstere nicht hauptsächlich auf die musikalische Seite bezieht, sondern vielmehr von den nachdenklichen Texten genährt wird. Die stilistische Grundausrichtung der zehn Tracks liegt in der Country-Musik, während die Schwedin gerne immer wieder auch Pop-Elemente einfließen lässt.
Sehr schön verschmolzen werden die beiden genannten Genres zum Beispiel bei "Burning Sky", das sich sehr flott und melodisch seinen Weg in die Ohren des Zuhörers sucht. Die Strophen münden in einen sich von ihnen abhebenden Refrain, der sich sehr schnell in die Erinnerung einprägt. Eine lockere Country-Nummer ist "More Than Ice Cream", deren shuffelndes Schlagzeug mit Besen statt Sticks bearbeitet wurde und bei dem die Fiddle sowie ein Banjo für eine lockere Atmosphäre sorgen. Annis Branders Stimme scheint wie gemacht für Country-Musik und hört sich trotz eines leicht skandinavischen Akzents so gut wie amerikanisch an.
Mit wunderschöner Piano-Einleitung à la Tom Waits beginnt "You Broke My Heart", bei dem sich die Wahl-Stockholmerin in einige düstere Momente ihres Lebens blicken lässt. Noch etwas tiefer in die Melancholie - ja fast Verzweiflung - geht "Biggest Betrayal In The World", das sich mit sexuellem Kindesmissbrauch durch den eigenen Vater befasst. Einerseits heftiger Stoff, der auf der anderen Seite aber auch nicht genügend und laut genug angeprangert werden kann. Sehr eindringlich umgesetzt mit erneut shuffelnden Drums und einem düstere Stimmung heraufbeschwörenden Piano.
Waehrend "Grace" und die Eröffnungs-Nummer "Oh Foolish Me" auch im melancholischen Sektor angesiedelt sind, kommen "Oh Darling" oder etwa "Sweet Marianne" doch wesentlich sonniger rüber. Einmal mehr sehr eindringlich umgesetzt wurde "Goodnight", das sich ganz offensichtlich mit dem Verlust eines geliebten Menschen auseinandersetzt. Insgesamt taucht man bei dieser Scheibe doch stark in emotionale Schieflagen der Protagonistin ein, die allerdings sehr gekonnt auf Band gebracht wurden. Daran ändert schließlich auch der letzte Song, "Sleep" nichts mehr. Sehr intensiv ist das alles, möglicherweise sogar fast ZU intensiv, um die Scheibe in schöner Regelmäßigkeit aus dem Regal zu ziehen.
Ein 'vermeintliches' Problem von "Glass People In The Woods" ist, dass es sich dem Hörer erst nach vermehrten Durchläufen erschließt, nicht sofort zu Explosionen zwischen den Ohren führt. Dennoch ein sehr schönes Teil, selbst wenn es - 'nebenbei' gehört - eher an einem vorbei läuft. Was auch daran liegen mag, dass Annis Branders Stimme zwar eine richtig gute, allerdings auch nicht sehr unikate ist, die man aus hunderten heraushören bzw. erkennen würde. Tja, wie sag' ich's meinem Kinde? Letztendlich haben wir es hier mit einer der vielen guten Scheiben aus dem großen Umfeld 'Americana' zu tun, die rein musikalisch aber nicht wirklich essenziell sind.
Line-up:
Annis Brander (lead vocals, acoustic guitars, harmonica)
Robin Tingloef (electric & acoustic guitars)
Christopher 'Coffa' Anderzon (bass, contrabass, background vocals)
Henrik Astroem (piano, acoustic guitars, mandolin, banjo, background vocals)
Love Wikman Abom (drums)
Joergen Kjellgren (acoustic guitars)
Lars Lissola (mandolin)
Staffan Findin (trombone)
Jimmy Sunnebrandt (fiddle)
Staffan Eklund (accordion)
Hanna Ekstroem (violin)
Gudmund Ingvall (cello)
Pigge Mattis (background vocals)
Kajsa Pehrsson (background vocals)
Christoffer Englund (background vocals)
| Tracklist |
01:Oh Foolish Me
02:More Than Ice Cream
03:Grace
04:Oh Darling
05:Goodnight
06:You Broke My Heart
07:Sweet Marianne
08:Biggest Betrayal In The World
09:Burning Sky
10:Sleep
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