Nach einem kurzen Intro startet 'ES'.
Unaufhaltsam, wie ein führerlos durch die Nacht rasender Zug fräst sich "Hamatsa" mit monotonem und repetativem Grundrhythmus ins Ohr. Gitarre und vor allen Dingen Frau Bernath an den Fellen, polieren die Gleise, auf denen sie, wie von gewaltigen Pleuelstangen angetrieben und durch nichts zu stoppen, einfach nur nach Vorne rattern. Keyboardsprengsel reiten und hüpfen auf dem Zugdach, wie Irrlichter im vorbeirauschenden Moor.
"Betrayed" ist der erste von drei Titeln, in denen nicht rein instrumental musiziert wird. Ann spielt nicht nur ein 'lebendiges Schlagzeug', sondern ist auch mit einer klasse Stimme gesegnet, die sie, leicht hallunterlegt und zu akustischem Gitarrenspiel, nutzt, um uns einen Gänsehautschauer nach dem anderen über den Rücken zu jagen. Leicht jazzig jammen die Tasten durch die Minuten und so langsam bewegt sich das Trio in Richtung des Eilandes, auf welchem meine Inselplatten wohnen. So nah ist dieser Insel seit Jahren noch kein Album gekommen.
"Eris" nennt sich das zweite Stück, in welchem uns Ann stimmlich beglückt. Eine unendliche Monotonie wohnt der Nummer inne. Rhythmisch rauscht der Zug wieder vorbei, die Vocals kommen wie aus der Ferne, unerreicht und gleichzeitig körperlich spürbar nah. Im Prinzip besteht der gesungene Text lediglich aus »Calling you, can you hear her calling you«. Ab und an spricht die Stimme und unterstreicht damit die Stimmung enorm. Dritter im Bunde der Vocal-Tracks ist "This Time". Göttlich wieder Stimme und Melodie. Akustisch schrammelt David zu den von Dur nach Moll wechselnden Textzeilen seiner Frau. Sogar der Tastenmann Rick hält sich mit seinem Spiel zurück und steuert lediglich einige süßliche und fernöstlich klingende Anschläge bei. Die Nummer versprüht eine Traurigkeit, wie sie nur von wenigen Meistern transportiert werden kann. Stellvertretend ein simpler Satz, der den kompletten Text in wenige Worte packt: »I moved on and packed my dreams away«.
Ganz anders dagegen "Punch It". Im leichten Latino-Stil mit einer Gitarre, die mit lockerem Funkeinschlag mächtig Groove aufwirbelt. Ann haucht ein paar »Uuhs« ins Mikro und dann ist es auch schon vorbei. Da hätte man etwas mehr reinpacken können. Brutal dagegen "Six To Midnight". Harte, verzerrte, minimalistische Riffs durchschneiden die Läufe des elektrischen Pianos. Stoisch halten die Drums den Takt, Piano und Gitarre stacheln sich gegenseitig auf, prallen schließlich brachial aufeinander und schaffen es dennoch nicht, Ann Bernath aus der Ruhe zu bringen.
»Klingt irgendwie afrikanisch«, meinte Blues Rock-Fachmann Jürgen, als er den Bandnamen hörte. Baku Llama kommen jedoch aus dem Golden State Kalifornien. Genauer gesagt aus Duarte. »Nu Jazz / Rock / Jam Band« sei ihre Ausrichtung, ist auf ihrer Seite zu lesen. Nu Jazz sagt mir nicht viel, aber sollte das zutreffen, werde ich mich diesem Genre mal verstärkt widmen. Rock und Jam Band, so wie man es kennt, passt definitiv nicht. Die Drei transportieren auf ihrem Debütalbum weit mehr als Musik. Stellenweise wäre das perfekte, packende Filmmusik und sicher nicht umsonst wird im Waschzettel der mir unbekannte Komponist Angelo Badalamenti erwähnt. Genau wie der (mir ebenfalls nicht bekannte) Avantgarde-Komponist und Gitarrist Glenn Branca, der u.a. Symphonien für E-Gitarren schrieb. Das trifft es eher, denn was Ausdruck, Gefühl, Choreografie und Songwriting angeht, ist "Eris" in anderen Dimensionen zu Hause. Rock, Jazz, Prog..., das ist alles nicht aussagekräftig genug.
"The Rite": Spannung pur. Erzeugt durch montones Bassgesäge und eine hypnotische Percussion. Dazu steuert Rick Whitehurst gefällige Läufe bei. Der Bass steht kurz vorm Kotzen, sägt aber unbeirrt weiter. Jesses, das ist wie ein Film. Freddy Krüger kommt in Zeitlupe die Kellertreppe hoch während das Alien den Ausgang versperrt. "Discord Resolved" bestreitet Ann Bernath komplett alleine am Piano. Das ist Klassik. Der "Dreameater" macht seinem Namen alle Ehre. Stellt euch euren schlimmsten Alptraum vor - hier gibt es die Musik dazu. Die abgehackt rotzende Gitarre durchbricht jede noch so dicke Mauer. Schaurig wirft sie ein Monsterriff nach dem anderen in die dunkle Nacht. Fast in einer Art Zeitlupen-Marschrhythmus begleiten die Felle und der einzigste, jazzige Lichtblick kommt vom Keyboard.
Schräg, aber den Spannungsreigen nicht verlassend, präsentiert sich "Torrential". Elektronisch, spacig, ausbrechend aus dem Schema. Ann spielt eine Slit Drum und David konkurriert per Nano Piano mit Rick an den Keys.
Da ist er wieder, der ungebremste Drive, dargereicht per minimalistischen Mitteln aus meditativem Drumming und Percussion. Nicht minder genial monoton flirren die Saiten. Nur das Keyboard darf in "Side Two" nach allen Richtungen ausbrechen. Allzu forsches 'Geklimper' wird sogleich von der Gitarre zerschnitten. Im Entfernten erinnert mich der Grundrhythmus an eine Mischung aus Alex Harveys "Faith Healer" und "Nice 'N' Sleazy" von den Stranglers. Den Abschluss macht das Chill-Monster "Tragic Mask". Genau das Richtige zum Entspannen nach dem Ritt auf dem wilden Zug. Im Prinzip stört mich nur eines an dem Album: Die üblichen Pausen zwischen den Tracks. Sobald für ein oder zwei Sekunden die Unterbrechung kommt, hat man das Gefühl, irgendwie irgendwo herausgerissen zu werden.
Baku Llama wär ein schöner Name für eine einsame Insel. Auf jeden Fall wird Baku Llama mit "Eris" auf 'meiner Insel' einen Platz bekommen.
Line-up:
Ann Bernath (drums, slit drum, keyboard, piano, lyrics, vocals, recorder)
David Bernath (guitar, bass, nano piano)
Rick Whitehurst (keyboard)
Tracklist |
01:Discord (1:32)
02:Hamatsa (6:47)
03:Betrayed (4:22)
04:Punch It (2:44)
05:Eris (6:40)
06:Six To Midnight (6:44)
07:This Time (4:55)
08:The Rite (5:00)
09:Discord Resolved (1:12)
10:Dreameater (4:38)
11:Torrential (3:44)
12:Side Two (9:08)
13:Tragic Mask (3:33)
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