Und es geht weiter, indem Musiker aus dem Prog-Geschäft querfeldein durch die Szene grasen und sich hier und dort sehen lassen, um ihre musikalische Duftnote zu hinterlassen. Diesmal sind es die Briten von Big Big Train, die nunmehr ihr fünftes Album eingespielt haben und damit den Grundstock legen, dass sich Pete Prawavas ( Marillion) und Nick D'Virgillio ( Spock's Beard) ein Stelldichein als Gastmusiker geben. Aber der Reihe nach.
Ich schreibe nicht umsonst das Wort bewundern, wobei ich nicht sicher bin, dass es nun unbedingt die Gastmusiker sind, die das Salz in der Suppe ausmachen. Der Reihe nach: Big Big Train verstehen es auf ihrem neuesten Longplayer, den Sound des klassischen Prog-Rocks mit einer modernen Variante des an Porcupine Tree angelehnten New Artrock miteinander zu verbinden. Man mag es nicht glauben, aber es funzt.
Das Album besteht im Grunde genommen fast ausnahmslos aus Longtracks, die kurzen, dazwischen geschalteten Varianten bedürfen meines Erachtens kaum Erwähnung, sind sie höchstens dazu geeignet, die Stimmung oben zu halten und alles gekonnt zu verbinden. Nach dem Eröffnungstrack "Hope This Finds You", der von einem trockenen und altehrwürdigen Fuzz-Sound anstatt einer modernen Zerre bestimmt wird, brechen in "Perfect Cosmic Storm" bereits in der Stimme von Sean Filkins echte Vulkane los. Emotionen pur, 70er-Jahre-Flair mit allem, was dazu gehört. Tragende und förmlich schwebende Tastenklänge in den ruhigen, spirituellen Passagen und nette Saxophon-Einlagen hauchen mir Respekt ein. Das Ganze in Überlänge, wobei man der Mucke niemals überdrüssig wird, dazu signifikante Bassläufe und gewählte Arrangements, die einer geplanten Improvisation nicht im Wege stehen dürften.
Die alte Schule wird in "Pick Up If You're There" noch deutlicher. Die Komposition ist nicht ganz so streng, wie das bis zu diesem Zeitpunkt gehörte. Ja, sogar etwas gradlinig und ins Ohr gehend. Man wird gezwungen, den langgezogenen und inbrünstigen Gesängen ein staunendes Lächeln entgegen zu bringen. Stilistisch ackern sich die Jungs durch so einiges durch, wobei vor allen Dingen im letzten Teil die besagten Pete Trawavas mit ordentlichem Bassspiel und Nick D'Virgillio mit druckvollem Schlagzeug ein ordentliches Brikett auflegen. Ja, auch die frühen Marillion seien hier für ein bestimmtes Genre genannt, denn es klingt ganz einfach etwas moderner als die hoch favorisierten Genesis, die in den übrigen Teilen des Albums immer wieder durchblicken.
Die frappierenden Ähnlichkeiten nehmen mit fortlaufender Dauer, wie in "Saltwater Falling On Uneven Ground", immer mehr zu. Sogar Jon Anderson wird bei mir in Erinnerung gerufen. Die ständigen Rhythmuswechsel, obwohl in gefühlvolle Wände eingehüllt, lassen den Hörer nicht los. Und so ist es auch nicht schwierig, der Sache zu folgen, die abverlangte Konzentration hält sich absolut in Grenzen.
Diese Scheibe hält altehrwürdige Sounds für uns bereit, sie ist floydig, atmosphärisch, rockig, nostalgisch und modern zugleich. Das soll erst einmal einer nachmachen, und so gibt es 8 von 10 RockTimes-Uhren von mir, wobei die Tendenz nach oben zeigt. Mit Neo Prog haben Big Big Train, wie vielleicht erwartet, derzeit nichts am Hut. Es könnte also sogar sein, dass sich ein eingefleischter Fan wundern wird.
Line-up:
Andy Poole (bass)
Sean Filkins (vocals)
Steve Hughes (drums)
Gregory Spawton (guitars, keyboards)
Tony Wright (saxophone, flutes)
Guests:
Pete Trawavas (bass)
Nick D'Virgillio (drums)
Dave Meroes (bass)
Becca King (violins)
Tracklist |
01:Hope This Finds You (3:12)
02:Perfect Cosmic Storm (14:40)
03:Breathing Space (1:47)
04:Pick Up If You're There (13:40)
05:From The Wide Open Sea (1:20)
06:Saltwater Falling On Uneven Ground (12:38)
07:Summer's Lease (7:34)
|
|
Externe Links:
|