Was ist denn hier los? Wenn der sooft kaputtgeschrammelte Indie Rock eine psychedelische Injektion bekommt, wird dieses Genre verdammt interessant. Das Quintett Big Kahoona spielt in dieser Sparte und macht das immens gut. Seit 2005 existiert die Band und man hat bereits zwei Platten auf dem Markt: "Sunshine Rock" stammt aus 2006 und die EP "Gorilla On The Radio" wurde 2008 nachgelegt.
Neben dem psychedelischen Touch der Tracks ist als Besonderheit noch der Trompeteneinsatz von Matthias Lindermayr zu loben. Oben drauf kommt in drei Stücken das Saxofon von Gast Valentin Preissler.
Ja, tatsächlich, Big Kahoona kommen aus Deutschland. Mit den Spezialitäten geht es weiter, denn die Gruppe hat für die Einspielung vorliegender Platte kein Studio angemietet, sondern es sich in einem Jugendheim im Münchner Stadtteil Solln gemütlich gemacht. Schaut man sich die Bilder im schön gestalteten Booklet an, können die Musiker auch noch nicht so alt sein. Respekt, wenn man diesen Aspekt mit einbezieht.
Im ersten Track schält sich aus der Stille ein rotierender Sound heraus. Dann mischen sich, zunächst ganz dezent, Trompetentöne ein. Das Blasinstrument übernimmt das Geschehen mit Klängen der freien Art. Die vermittelte Stimmung schwankt zwischen Melancholie und Freude. Die anderen Instrumente bauen immer mehr Dramatik auf und schließlich ergänzt auch noch ein Saxofon die rastlos werdende Komposition. "Whimsical Allusions (To A Fairly Non Descript Question)" hat aus meiner Sicht so wenig mit Indie Rock zu tun, wie ein Sternekoch mit Tütensuppen.
Nach dieser 'skurrilen Anspielung' wird in "A World Apart" erst einmal mächtig gerockt. Die Vocals erhalten ab und an feine Klangveränderungen und der Gitarrensound ist sehr vielseitig arrangiert. Beim Refrain bekommen nicht nur die Mädels feuchte Augen. Big Kahoona jongliert ganz geschickt mit der Psychedelic. "Another Place To Stay" ist eine Spielwiese mit sehr vielen Anregungen für den Hörer. In dem Track treffen klassische Hard Rock-Riffs auf eine sphärisch klingende Trompete und das gesamte Treiben scheint vom Abheben nur noch durch ein dünnes Seil aufgehalten zu werden. Dann lässt die Band einen allerdings quasi im Regen stehen, denn man findet zurück zum Songthema. Klasse Handtrommeln werden zwischendrin eingesetzt.
Für "Confusion, Delusion" fehlt Big Kahoona jegliches stichhaltige Alibi. Sie nähern sich ganz verdächtig Pink Floyd. Allerdings nur zu Beginn der Nummer. Ansonsten ist die Komposition schon eigenständig. Immer wieder diese Trompete. Der Einsatz dieses Instruments ist einfach gigantisch gut! Die falsche Fährte zum Anfang ist nett.
Bisher ging alles sehr gut rockend ab. Die Band kann aber auch in besinnlicheren Gefilden gefallen. Wobei sich 'besinnlich' in "W.T.F.R.E.M.I.X" wieder relativiert, denn dieser Gigant an Action hat hier und da sehr gut eingestreute balladeske Momente. Ansonsten spielt Big Kahoona mit der Psychedelic einen Trumpf nach dem anderen aus. Highlight!
Nach der ersten Hälfte des Albums stufe ich den Fünfer als unberechenbar ein. Zu "Electrolyte" fällt einem nichts mehr ein und der Band sind die Worte ausgegangen. Diese gerade einmal zwei Minuten sind die ideale Plattform, um das Strickmuster bei Live-Auftritten zu erweitern. Ach, apropos Auftritte: Unverständlich, warum die Band nicht auf Tour ist. Bei der Musik muss doch was gehen. Wer die Homepage der Gruppe ansteuert, bekommt einen sehr guten Eindruck von dem wie das Heftchen zur CD aussieht.
Die zweite Hälfte vom Album ist genauso interessant wie die ersten sechs Songs. Da darf man streckenweise schon an sehr gute Jam-Bands denken, wenn die Gruppe an der langen Leine instrumentalisiert. Mit dem Gast Valentin Preissler und seinem Saxofon hat man eine prächtige Erweiterung des Sounds am Start. "Set Me Free" muss unbedingt noch genannt werden, weil da am Ende King Crimson zum Vorschein kommt. Indie Rock? Ja, aber so etwas von gut verpackt, dass einem die Spucke wegbleibt. Ach, wie schön ... "Lost In Reverie" ... ein Lullaby für Erwachsene.
Big Kahoona hat voll begeistert und man macht dem Indie Rock so richtig Dampf. Klasse Platte! Bleibt zu hoffen, dass man die Gruppe auch irgendwann live bewundern kann.
Line-up:
Matthias Lindermayr (vocals, guitars, keyboards, trumpet)
Manuel Schwartze (guitars, backing vocals)
Dan Novack (percussion)
Thomas Spitschka (bass)
Anton Marx (drums, additional percussion)
With:
Valentin Preissler (saxophone - #1,4,9)
Tracklist |
01:Whimsical Allusions (To A Fairly Non Descript Question) (4:12)
02:A World Apart (3:53)
03:Another Place To Stay (3:57)
04:Confusion, Delusion (3:37)
05:Last Men On Earth (3:19)
06:W.T.F.R.E.M.I.X (4:11)
07:Electrolyte (2:01)
08:Better Than The Best (5:30)
09:Set Me Free (4:48)
10:Lost In Reverie (2:21)
11:Cut It Off (5:40)
12:There Ain't Nobody (That's Ever Gonna Stop You) (4:19)
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