Die Black Crowes sind zurück! Seit etwas mehr als einem Jahr treiben sie
nun wieder ihr Unwesen und versetzen das amerikanische Publikum in Ekstase.
Mittlerweile auch schon dokumentiert wurde die triumphale Rückkehr auf der
ganz starken DVD Freak And Roll....Into The Fog.
Und dass die Band es immer noch liebt, nah an ihren Fans dran zu sein, ihnen
quasi mit schweißgetränkten Stirnen direkt gegenüber zu stehen, zeigt,
dass sie, nachdem sie erst ca. eine Woche davor in Toronto vor einem
Publikum in fünfstelliger Zahl gespielt hatten, an diesem Tag ihren Weg in
das eher verschlafene Städtchen Johnson City in einen Club mit einem von
mir geschätzten maximalen Fassungsvermögen von ca. 1000 Nasen gefunden
hatte.
Angekündigt war eine Show, die um 20.00 Uhr beginnen und ohne Support-Band
stattfinden sollte. Nun war dieser 17.Mai mal wieder so ein Tag im Leben,
auf den die Beschreibung 'Leben ist das, was passiert, während man Pläne
macht' gut zutrifft. Berufliche Verpflichtungen nahmen mich länger in
Anspruch als geplant, die Parkplatzsuche dehnte sich dramatisch aus und als
wir endlich vor der 'Magic City Music Hall' standen, war die Schlange am
Einlass ca. 50 Meter lang.
Okay, alles nicht so schlimm, dachte ich mir, es war ja schließlich erst
20.15 Uhr und welche Rockband ist schon pünktlich? Nun ja, die Black
Crowes!! Sogar mehr als das, denn wie ich kurze Zeit später erfuhr,
wackelten die Protagonisten bereits um 19.50 Uhr auf die Bühne. Mit dem
Einlass ging es dann aber ziemlich schnell, sodass ich 'nur' die erste halbe
Stunde verpasst hatte. Und nachdem ich mein Plätzchen an einer
unauffälligen und am Rande des Publikums fast 'versteckten' und kaum
frequentierten Bar gefunden hatte, konnte ich dann 'meinem' ersten Song des
Konzertes, "Soul Singing" vom letzten Studioalbum "Lions" aus dem Jahr 2001,
volle Aufmerksamkeit schenken.
Und Hölle noch mal, was ist das für eine geile Band!! Der bärtige, immer
tänzelnd und/oder klatschend in Bewegung befindliche Chris Robinson mit
geiler Rock-Soul Stimme, sein Bruder Rich und Marc Ford an den Gitarren, Sven Pipien am Bass, Steve Gorman am Schlagzeug und Eddie Harsch an den Keyboards, sowie unterstützt von zwei farbigen Background-Sängerinnen,
brannten die Crowes ein Feuerwerk nach dem anderen ab.
Sehr interessant über die letzten 14 Monate machte die Band auch, dass man,
das es noch kein neues Studioalbum zu promoten gibt, nie wusste, was man
geboten bekommen würde. In diesen 14 Monaten durfte ich die Band 'nur'
dreimal live begutachten, während mein Schwager sie 12 mal über die
Bühnen fegen sah.
"Manchmal bringen sie ein Best of-Programm, manchmal 80 %
unbekanntere Stücke und gar Single B-Seiten, aber jedes Mal ist es einfach
nur hammergeil", erzählte er mir immer wieder von den Shows, bei denen ich
nicht dabei sein konnte.
Ein Hammer war es auch dieses Mal. Und an diesem Abend war es eine Mischung
der beiden Extreme, ergänzt durch bemerkenswerte Cover-Songs. Die Black
Crowes kennen ihre Pappenheimer und verzichten bei ihren Cover-Songs sehr
auffallend auf abgenudelte Klassiker, sondern gehen deutlich in die Tiefe.
In dieser Nacht waren es z.B. "Song Of Love" von Stephen Stills aus seligen
Manassass-Tagen, Neil Youngs "LA" oder "It Takes A Lot To Laugh, It Takes A Train To Cry" einem, okay, dann doch etwas bekannteren Dylan-Song.
Aber auch die eigenen Songs wie "(Only) Halfway To Everywhere", "Black Moon
Creeping", "Wiser Time", "Thorn In My Pride" oder "Jealous Again" rissen die
vollgepackte 'Magic City Music Hall' an diesem Abend mit. Der Schweiß tropfte
von der Decke, der Boden vibrierte und es roch nach Bier und anderen
menschlichen Ausdünstungen.
Ein Drecksaufest? Nein! Unangenehmer Körperkontakt von allen Seiten und
kaum Bewegungsfreiheit? Teilweise schon, aber letzten Endes war es einfach
eine riesige Rockparty, die den Club fast aus den Nähten platzen ließ und
einfach nur jede Menge Spaß machte.
Mein Schwager stand während der Show mit seinem 10-jährigen Sohn, ein
angehender Schlagzeuger und überzeugter Black Crowes-Fan, in der ersten
Reihe. Die Robinson-Brüder fanden es stark, gaben dem Jungfan mit mehreren
Gesten zu verstehen, dass sie ihn zu schätzen wissen und Drummer Steve
Gorman machte ihn am Schluss des Konzertes zum glücklichsten 10-jährigen
des gesamten Nordostens der USA, als er ihm seine Drumsticks überreichte.
Sympathischer Haufen!!
Nach ca. 130 Minuten war dann also schließlich Schicht im Schacht. Klasse
Musiker, coole Show und vor allem eine bärenstarke Band, wenn nicht gar DIE
Band, die den Rock der 70'er, dessen Sound und Feeling, am authentischsten am
Leben erhält, ohne jemals dabei plakativ oder plagiativ zu sein.
Im Sommer wird eine große US-Tour erfolgen, bei der ich sicherlich wieder
der einen oder anderen Show beiwohnen werde. Eine Tour in Europa und
speziell Deutschland wird wahrscheinlich erst stattfinden, nachdem das
nächste Studioalbum erschienen ist. Hoffentlich ist es bald soweit!
Black Crowes - 17.05.2006 - Johnson City, NY, - Magic City Music Hall
Markus Kerren, 26.05.2005
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