Irgendwann kommt die Zeit im Leben eines RockTimes-Mitglieds, da kann man beweisen, wie tolerant und frei von Vorurteilen man ist.
So geschieht es bei mir zur Stunde, denn mir liegt ein Album namens "Cruel Melody" von einer neuen Combo namens Black Light Burns vor. Das Interessante daran: Black Light Burns ist das neue Soloprojekt vom ehemaligen Limp Bizkit-Gitarristen Wes Borland. Anfangs war ich doch ein bisschen abgeschreckt. Das hat mir keiner gesagt!
Aber wie gesagt - unvoreingenommen und objektiv muss meine Devise lauten, und so wird's jetzt gemacht. …Schon bald wurde mir klar, dass hinter Wes Borland mehr steckt als uninspirierte Nu Metal-Riffs. Wäre ich ein glühender Bewunderer, könnte ich fast schon von einem Gesamtkunstwerk sprechen, das langsam beginnt, Gestalt anzunehmen; er ist nämlich auch Maler, und noch dazu kein unbegabter. Seine Bilder sind von einer verstörenden, beunruhigenden Qualität, ohne Platz für Heiterkeit.
Aber Borland hat auch musikalisch Einiges mehr auf dem Kerbholz als zunächst angenommen. Nachdem er 2001 aus der von ihm 1994 mitbegründeten Band Limp Bizkit, mit der er bekanntermaßen riesige Erfolge einheimsen konnte (weltweit über 30 Mio. verkaufte Tonträger), ausstieg, wollte er seiner Kreativität endlich freien Lauf lassen. So vertrieb er sich mit Gruppen namens Eat The Day, The Damning Well und Big Dumb Face die Zeit. Und die Tradition der drei Wörter wird nun auch mit Black Light Burns fortgeführt. Flugs waren Bassist Danny Lohner (Nine Inch Nails), Drummer Josh Freese (ebenfalls Nine Inch Nails, The Vandals, A Perfect Circle) und Josh Eustis, zuständig für elektronische Spielereien, verpflichtet. …Allerdings nur für "Cruel Melody": Aufgrund ihrer Verpflichtungen bei anderen Bands gibt es eine komplett neue Band zum Touren. Die nicht zu unterschätzende Liste der musikalischen Vergangenheit dieser Herren veranlasste natürlich die Promotexter, sofort von einer 'Supergroup' zu sprechen. Ob es eine ist oder nicht - damit wollen wir uns jetzt nicht aufhalten; gehen wir lieber in das Album.
Die oben erwähnte, verstörende Eigenschaft seiner Bilder zieht sich auch durch "Cruel Melody"; das merkt man schon beim ersten Song, "Mesopotamia". Punk-ähnliche Klänge schaffen eine ruhelose Atmosphäre, und dazu kommt Borlands mal gerufener, mal halb gesprochener Gesang. »Mesopotamia! …Mesopotamia!« schallt es, und direkt darauf ein ängstliches, etwas unwirkliches »You gimme the creeps, you gimme the creeps…« - sehr ungewöhnlich, aber ansprechend klingt das Ganze.
Und auch in der Folge bleibt das neue Machwerk stets interessant. Es gibt zwar auch mehrere Metal-Parts, die die Aggressivität erhöhen; im Großen und Ganzen hat man aber eher das Gefühl, eine Band wie die neuzeitlichen Paradise Lost oder Anathema zu hören. …Auch vom Depri-Level her. Die schwarzen Kontaktlinsen, die in der Limp Bizkit-Zeit zu Borlands Markenzeichen geworden sind, kamen wohl nicht von ungefähr. Im Verlauf wird das Album ruhiger und nachdenklicher - nicht aber langweilig. Viele interessante Songs erwarten den Hörer, bis ihn Borland mit dem sphärischen "Iodine Sky" in die Nacht entlässt.
Wir haben es beim Wes also mit einem sehr kreativen Kopf zu tun, dem man die flache Vergangenheit wirklich nicht anmerkt. …Und außerdem verdient Jeder eine zweite Chance. Auch dass quasi ein Computer in der Band mitspielt, lässt die Musik nicht einfallslos wirken, sondern wird für ihn vielmehr zu einem Instrument für ungeahnte Möglichkeiten.
Im häufigen Einerlei eine schöne Abwechslung und absolut zu empfehlen - überrasch uns mal wieder, Wes!
Line-up:
Wes Borland (vocals, guitars, bass, keyboard, programming)
Danny Lohner (bass, guitar, keyboard, programming)
Josh Freese (drums)
Josh Eustis (programming, keyboards, sound design)
Johnette Napolitanos (additional vocals - #12)
Tracklist |
01:Mesopotamia
02:Animal
03:Lie
04:Coward
05:Cruel Melody
06:The Mark
07:I Have A Need
08:4 Walls
09:Stop A Bullet
10:One Of Yours
11:New Hunger
12:I Am Where It Takes Me
13:Iodine Sky
|
|
Externe Links:
|