DVDs von Southern Rockbands der jüngsten Generation sind eine echte Rarität. Das mag zum einen daran liegen, dass diesen Bands einfach ein potentes Label im Rücken fehlt. Zum anderen mangelt es den meisten dieser modernen Vertreter dieses ehrwürdigen Genres schlichtweg an der notwendigen Konstanz - vielleicht auch der Arbeitsmoral. So haben sich von all den hoffnungsvollen Sternchen in den letzten Jahren lediglich zwei würdige Vertreter des Skynyrd'schen Erbes herausschälen können: Swampdawamp und Blackberry Smoke.
Der Grund, warum es die Letzteren nun endlich zu einer DVD gebracht haben, hat wohl einen Namen: Zac Brown. Dieser Country-Superstar - rein äußerlich eher ein Antistar - nahm Blackberry Smoke nicht nur als Support auf seine diesjährige US-weiteTour mit, sondern sie gleich noch unter seine Southern Ground Artists-Fittiche. Und er ließ es sich nicht nehmen, an diesem 5. August 2011 im ausverkauften Georgia Theatre in Atlanta mit einem Gastauftritt seine Wertschätzung für Charlie Starr und Co. unter Beweis zu stellen. Zudem hat er diese DVD co-produziert.
Atlanta: Ein Heimspiel für Blackberry Smoke - alle fünf Musiker leben hier oder sind hier geboren... im Herz des Südens, in der von den Yankies im Bürgerkrieg so schwer geschundenen, ehemaligen Dixie-Metropole. Von hier aus starteten die Jungs vor gut zehn Jahren ihre Erklimmung der Erfolgsleiter - und dies durchaus mit 'Ups and Downs'. Dem liebenswerten Bad Luck Ain't No Crime, dem man den semiprofessionellen Charakter noch anmerkte, folgte eine leicht verhunzte Country-EP. Mit Little Peace Of Dixie folgte dann vor zwei Jahren die Rückbesinnung auf den Southern Rock und es gelang ein wahrer Quantensprung, mit dem man den provinziellen Charme ablegen und locker in die Erste Liga des Genres aufsteigen konnte.
Nun hat man einen weiteren wichtigen Schritt in die richtige Richtung getan: Mit Brandon Still hat man einen festen Keyboarder in die eigenen Reihen aufgenommen, der den Songs eine neue Dimension verleiht. Diese flittenden Hammond-Sounds der Allmans und Billy Powells (Friede seiner Asche!) HonkyTonk-Attacken geben den Songs dieses Abends im Georgia Theatre, überwiegend dem "Little Peace Of Dixie"-Album entliehen, eine bislang nicht gekannte Wärme und Fülle, aber auch teilweise den notwendigen Biss.
Doch nun endlich zur DVD an sich... Dass das 'große Geld' nicht zur Verfügung stand, merkt man an der spartanischen Ausstattung: Kein Bonusmaterial, keine Untertitel in den Interviewpassagen - nur eine Songauswahl ist möglich. Übrigens lassen sich weder auf der Hülle, noch im Booklet oder Internet Hinweise auf die Soundtechnik finden - egal, auswählen kann man eh nix und die Mucke füllt den Bildschirm wie die Boxen richtig fett. Wer vermisst also diese Mätzchen...
Ob man die kurzen Interviews zwischen den Songs nicht besser zusammengefasst und als Kurz-Doku angehängt hätte, bleibt Geschmackssache. Die einen wollen eben lieber ein ganzes Konzert schauen, die anderen sich kurzweilig unterhalten lassen. Ich persönlich hätte nicht gleich nach dem ersten Song einen Interview-Break gesetzt, sondern einen Block von vielleicht drei Songs 'zum Warmwerden' bevorzugt. Auch egal, nach Ablauf der gut hundert Minuten hat sich mit Sicherheit jedes Wohnzimmer in eine Sauna verwandelt!
Wie bereits angedeutet, sind die Songs auf "Live At Georgia Theatre" in der Mehrzahl vom "...Dixie"-Album und kommen mit dem neuen Keyboarder noch überzeugender rüber. Überhaupt ist das Arbeitsgerät dieses Mannes einen Hingucker wert. Der erste Blick lässt eine Hammond B3 vermuten, aber hoppla: seit wann lassen sich damit HonkyTonk-Pianoklänge erzeugen? Ganz einfach - da wurden ein Piano-Keyboard und eine Korg CX3 in ein massives 'Holz-Trumm' eingebaut. Sieht klasse aus - dürfte aber letztlich nur unwesentlich leichter als eine Hammond zu transportieren sein.
"Up In Smoke" hat sich - wie man sehen und hören kann - mittlerweile zu einer Blackberry Smoke-Hymne entwickelt. Die herrlich haarigen Gestalten im Publikum grölen lauthals mit. "Restless", mit Zac Brown und dessem Gitarristen Clark Cook steht dem in Punkto Begeisterungsfähigkeit kaum nach.
Vor allem dürften uns Fans aber die drei neuen Songs dieser DVD interessieren. Sie zeigen allesamt, dass der Fünfer seine songwriterischen Fähigkeiten weiterhin verbessert hat. "Ain't Much Left Of Me", von Charlie Starr allen Scheidungsopfern gewidmet, und das folgende "Everybody Knows She's Mine" lassen sogar eine ureigene 'Handschrift' entdecken. Wie kann eine Band besser ihre Entwicklungsfähigkeit dokumentieren? Der Dritte im Bunde ist absolut riesig: Kollege Daniel entdeckte bei der Power-Ballade "The Whippoorwill" gar Gilmour'sche Bezüge und liegt damit goldrichtig!
Eine ganz besondere Freude ist das Wiedersehen mit der Southern Rock-Legende Jimmy Hall und - für mich 'beruhigend' zu sehen - auch dieser ewig junge Sunnyboy kann tatsächlich altern. Er bringt den Wet Willie-Hit "Country Side Of Life" in unnachahmlicher Art und krönt ihn mit messerscharfen Saxofon-Einsätzen. Auch beim 'Rausschmeißer' "Deep Elem Blues" steht Hall, diesmal mit seiner einzigartigen Harp, auf der Bühne. Dieses uralte Traditional, unbekannter Feder entsprungen, aus dem tiefsten Süden der US, wird hier derart toll interpretiert, dass es sich sogar mit Grateful Deads gottgleicher Version messen lassen kann.
Fazit: Nicht nur, weil wir Southern Rockfans nicht gerade mit Filmmaterial überschüttet werden, gehört "Live At Georgia Theatre" in jede ambitionierte Sammlung. Es handelt sich keinesfalls um eine Low-Budget-Produktion - ein sehr guter Sound und eine professionelle Kameraführung zeigen, dass hier nicht am falschen Ende gespart wurde. Lieber hat man auf Bonusmaterial und Spielereien verzichtet. Eine gute und richtige Entscheidung. Beide Daumen hoch und die Rebel Flag gehisst.
Line-up:
Charlie Starr (lead vocals, guitar)
Brit Turner (drums)
Richard Turner (bass, backing vocals)
Paul Jackson (guitar, backing vocals)
Brandon Still (piano, organ)
Guests:
Jimmy Hall (vocals, sax, harp)
Clay Cook (guitar, pedal steel)
Zac Brown (vocals)
Tracklist |
01:Intro
02:Like I Am
03:Good One Coming On
04:Up In Smoke
05:Ain't Much Left Of Me
06:Everybody Knows She's Gone
07:Freedom Song
08:Country Side Of Life [feat. Jimmy Hall]
09:Restless [feat. Zac Brown & Clay Cook]
10:The Whippoorwhill
11:Yesterday's Wine [feat. Clay Cook]
12:Son Of The Bourbon
13:Sleeping Dogs
14:Man Of Constant Sorrow (Trad.)
15:Shake Your Magnolia
16:Deep Elem Blues (Trad.) [feat. Jimmy Hall & Clay Cook]
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