Blind Melon / For My Friends
For My Friends Spielzeit: 50:28
Medium: CD
Label: Ear Music/Edel, 2009
Stil: Alternative Rock

Review vom 13.10.2009


Joachim 'Joe' Brookes
Der 1995 an einer Überdosis Kokain verstorbene Sänger Shannon Hoon war mehr, als nur der prozentuale Anteil am Quintett Blind Melon.
1989 gegründet, wurde nach einem Plattenvertrag bereits die erste EP auf Eis gelegt, denn Hoon kam mit dem Guns N' Roses-Sänger Axl Rose in Kontakt und war daraufhin in deren Album "Use Your Illusion I" verwickelt.
Blind Melon machte, auch durch TV-Auftritte, mächtig auf sich aufmerksam, ohne eine Platte vorweisen zu können. Erst 1992 wurde nicht nur die Fachwelt mit deren erstem Album "Blind Melon" Zeuge eines kometenhaften Aufstiegs einer Gruppe, die das Geschenkpapier des Alternative- beziehungsweise Indie Rocks werden sollte. Produziert wurde das Debüt vom gleichen Mann, der bereits Temple Of The Dog (Nachfolger der Band Mother Love Bone) sowie Pearl Jam unter seinen Fittichen hatte... Rick Parashar.
Hoon versank in einem desaströsen Chaos und keiner konnte ihn aus dem Sumpf ziehen.
Der Leadsänger von Blind Melon war die Triebfeder einer Combo, deren Erfolgskurve steiler nicht sein konnte. Er trieb seine Kumpels zu immer neuen Taten an und wie bei so vielen anderen Bands mussten die verbliebenen Melons nach Hoons Tod auch eine Band zu Grabe tragen, die damals mit ihrer Musik verzauberte und eine riesige Anhängerschar hinter sich vereinigte. Sie verfügten über einen stets blank polierten Rückspiegel, denn nicht nur der Bandname, sondern auch ihre Musik war in den Neuzigerjahren bereits retro.
Brad Smiths Vater nannte die ortsansässigen Hippies 'Blind Melons'.
Jaja, das Albumcover und dazu passende das 'Hummel'-Video zum Song "No Rain" sorgte für viel Öffentlichkeit. Vertreten in den Charts brachte es der Albumerstling bereits zu Platin und dann gleich viermal. Eine Grammynominierung folgte stante pede.
Die Tentakeln der Drogensucht zogen schon stark an Hoons Ego und die 1994 gespielten Sessions für ein neues Album hatten in seinem Gedächtnis null Platz bekommen, denn wie er später zugab, fehlte ihm jede Erinnerung daran.
Im Alter von 28 Jahren verstarb der Sänger. Er hatte die Geburt seines Nachwuchses nicht mehr erlebt und Blind Melon benannten das folgende Album, "Nico", nach seiner Tochter. Darauf wurden Vocalparts des Sängers mit Musik aufgefrischt.
Erfolglos übernahm Bassist Smith die Leadstimme. 1999 gab man offiziell das Ende der Band bekannt.
Nach gefühlten Ewigkeiten tauchte Blind Melon mit einem neuen Sänger aus der Versenkung wieder auf. Travis Warren sollte es nun richten.
"For My Friends", bereits seit geraumer Zeit auf dem Markt, hat mit einiger Verzögerung den Weg über den Teich geschafft. Die Geschichte dieser Band ist so schnelllebig, dass die Vergangenheit fast die Gegenwart zu überholen droht, denn Warren ist bereits nicht mehr dabei.
Blind Melon ist schon wieder auf der Suche nach einem Sänger, aber an Gerüchten möchte ich mich hier und jetzt nicht beteiligen, sondern lieber zu vorliegender Platte kommen.
Warren klingt wie Hoon, reicht allerdings nicht an seine Durchschlagskraft und Ausstrahlung heran.
Warren ist ein guter Sänger, so wie es auch die Musik auf dem aktuellen Album der Band ist.
Wenn ich weiter oben geschrieben habe, dass die Gruppe das Geschenkpapier des Alternative Rock ist, dann macht der Song "Tumblin' Down" das Schleifchen aus. Ein herrlicher Song, der richtig stark rüberkommt und ein "No Rain" gibt es eh nie mehr, oder?
In diese Richtung mag da "Father Time" die Synapsen mit ein wenig elektrischem Strom versorgen. Ein feiner Song, besonders der schön psychedelisch gehaltene Kurzteil im Zentrum der knapp vier Minuten ist animierend. Lassen wir es also dabei. "No Rain" findet noch keinen potentiellen Nachfolger.
Blind Melon hat seinen Fans nach über einem Jahrzehnt ein richtig hörenswertes Album vor die Füße gelegt und sorgt in den dreizehn Songs mit viel Abwechslung für Freude. Keine überschwängliche, wohl gemerkt. Gut ist es, dieses "For My Friends", übrigens selbstredend Hoon gewidmet.
Man packt zur rechten Zeit die akustische Gitarre aus oder serviert als Nachspeise eine bluesige Orgel. Erreicht den Hörer die eine oder andere Melodie, kommt man zu dem Schluss, dass auch die Beatles alternativ rockten.
Gute Slideeinlagen würzen den Gesamteindruck zusätzlich und, wie früher, kann Blind Melon richtig abrocken. Abgedreht fette Gitarren und balladeske Momente befinden sich im Wechselspiel.
Den Absacker "Cheetum Street" begleiten herrliche Backing Vocals und tatsächlich habe ich an "Sometimes" sofort einen Narren gefressen. Anderen Songs ging es da nicht so, denn insgesamt ist "For My Friends" nicht die Liebe nach dem ersten Hören.
Zwanzig Jahre nach der Gründung macht die Band kein so großformatiges Fass auf, allerdings ist die Platte echt hörenswert und sorgt für Zufriedenheit beim Hörer. In dieser Zeit muss die Combo allerdings auch die nicht geringe Anzahl von Konkurrenten im Blick haben.
Line-up:
Travis Warren (acoustic guitar, vocals)
Roger Stevens (guitar, piano)
Christopher Thorn (guitar, lap steel guitar, Wurlitzer)
Brad Smith (bass, backing vocals)
Glen Graham (drums)
Tracklist
01:For My Friends (2:47)
02:With The Right Set Of Eyes (3:46)
03:Wishing Well (4:17)
04:Sometimes (4:10)
05:Tumblin' Down (3:16)
06:Down On The Pharmacy (4:18)
07:Make A Difference (3:56)
08:Harmful Belly (3:57)
09:Last Laugh (4:07)
10:Hypnotized (4:10)
11:Father Time (3:52)
12:So High (3:39)
13:Cheetum Street (4:14)
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